Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

finstere Nacht, da kamen wir an die Donau, die war noch mit Eis verschlossen,
aber es war an einigen Stellen dünn geworden. Als wir nun auf daS Eis
kamen, und wol mitten auf der Donau waren, da brach der Wagen mit den
Jungfrauen ein und fiel um, und die Jungfrauen erhoben ein Geschrei und
konnte eine die andere nicht sehen. Da erschrak ich sehr und fürchtete, wir
müßten mit sammt der heiligen Krone in der Donau bleiben. Aber Gott war
unser Helfer, daß kein Mensch unter das Eis kam, wol aber andere Dinge,
die auf dem Wagen waren, davon fiel etliches unter das Eis in daS Wasser.
Da nahm ich die Herzogin von Schlesien und die besten Jungfrauen zu mir
aus den Schlitten, und kam mit Gottes Hilfe über daS Eis und auch Alle
die anderen. Als wir nun nach Komorn in das Schloß kamen, da nahm
der, der da mit mir kam aus den Sorgen das Polster mit der heiligen Krone,
und trug sie an eine Stätte, wo sie wohl aufgehoben war. Und da ich in die
Frauenstube kam zu meiner gnädigen Frau, da ward ich von der edlen Köni¬
gin schön empfangen. Die merkte wol, daß ich ein guter Bote gewesen war
mit der Hilfe Gottes. -- --

Als mich die edle Königin empfing, lag Ihre Gnaden im Bett und wollte
ruhen und sagte mir,, wie es ihr am Tage ergangen war. Es waren zwei
ehrbare Frauen von Ofen, zwei Witwen zu Ihrer Gnaden gekommen, -- die
halten zwei Ammen mit sich gebracht, die eine war Hebamme, die andere war
die Amme, die das Kind mit der Brust nähren sollte, und diese Amme hatte
auch ihr Kind mitgebracht, das war auch ein Sohn; denn es meinen die
Weisen, die Milch sei besser von der Frau, die einen Sohn bringt als von
einer Tochter. Diese Frauen sollten mit Ihrer Gnaden nach Preßburg ziehen,
und sollten sie dort in dem Kindbett pflegen, denn nach der Rechnung sollte
Ihrer Gnaden noch eine Woche mit dem Kinde gehen. Ob die Rechnung ge¬
irrt hat, oder ob es sonst Gottes Wille war, -- als ich mit der edlen Köni¬
gin so sprach, da sagte mir Ihrer Gnaden, daß die Frauen von Ofen sie in
einer Wanne gebadet hätten, und daß ihr nach dem Bad sehr unwohl gewor¬
den sei. Da hob ich ihr die Hülle auf, und sah, daß die Geburt nicht fern
war. Und die Frauen von Ofen lagen weithin auf dem Markte, aber wir
hatten dennoch eine Hebamme bei uns, die hieß Margaret!), die hatte die
Gräfin Hans von Schaumberg meiner gnädigen Frau zugeschickt, und sollte
eine gar gute sein, wie sie auch war. Da sprach ich: Gnädige Frau, steht,
auf, mich bedunket wohl, Ihr werdet morgen nicht nach Preßburg fahren.
Da stand Jhro Gnaden auf und ging und begann sich vorzubereiten zu der
schweren Arbeit. Da sandte ich nach der ungarischen Hofmeisterin, die war
genannt Achsen Margit*). Die kam sogleich, und eine Jungfrau war da, die



') Margit azzoni, Frau Margaret.
Grenzbvte". IV. -18os.

finstere Nacht, da kamen wir an die Donau, die war noch mit Eis verschlossen,
aber es war an einigen Stellen dünn geworden. Als wir nun auf daS Eis
kamen, und wol mitten auf der Donau waren, da brach der Wagen mit den
Jungfrauen ein und fiel um, und die Jungfrauen erhoben ein Geschrei und
konnte eine die andere nicht sehen. Da erschrak ich sehr und fürchtete, wir
müßten mit sammt der heiligen Krone in der Donau bleiben. Aber Gott war
unser Helfer, daß kein Mensch unter das Eis kam, wol aber andere Dinge,
die auf dem Wagen waren, davon fiel etliches unter das Eis in daS Wasser.
Da nahm ich die Herzogin von Schlesien und die besten Jungfrauen zu mir
aus den Schlitten, und kam mit Gottes Hilfe über daS Eis und auch Alle
die anderen. Als wir nun nach Komorn in das Schloß kamen, da nahm
der, der da mit mir kam aus den Sorgen das Polster mit der heiligen Krone,
und trug sie an eine Stätte, wo sie wohl aufgehoben war. Und da ich in die
Frauenstube kam zu meiner gnädigen Frau, da ward ich von der edlen Köni¬
gin schön empfangen. Die merkte wol, daß ich ein guter Bote gewesen war
mit der Hilfe Gottes. — —

Als mich die edle Königin empfing, lag Ihre Gnaden im Bett und wollte
ruhen und sagte mir,, wie es ihr am Tage ergangen war. Es waren zwei
ehrbare Frauen von Ofen, zwei Witwen zu Ihrer Gnaden gekommen, — die
halten zwei Ammen mit sich gebracht, die eine war Hebamme, die andere war
die Amme, die das Kind mit der Brust nähren sollte, und diese Amme hatte
auch ihr Kind mitgebracht, das war auch ein Sohn; denn es meinen die
Weisen, die Milch sei besser von der Frau, die einen Sohn bringt als von
einer Tochter. Diese Frauen sollten mit Ihrer Gnaden nach Preßburg ziehen,
und sollten sie dort in dem Kindbett pflegen, denn nach der Rechnung sollte
Ihrer Gnaden noch eine Woche mit dem Kinde gehen. Ob die Rechnung ge¬
irrt hat, oder ob es sonst Gottes Wille war, — als ich mit der edlen Köni¬
gin so sprach, da sagte mir Ihrer Gnaden, daß die Frauen von Ofen sie in
einer Wanne gebadet hätten, und daß ihr nach dem Bad sehr unwohl gewor¬
den sei. Da hob ich ihr die Hülle auf, und sah, daß die Geburt nicht fern
war. Und die Frauen von Ofen lagen weithin auf dem Markte, aber wir
hatten dennoch eine Hebamme bei uns, die hieß Margaret!), die hatte die
Gräfin Hans von Schaumberg meiner gnädigen Frau zugeschickt, und sollte
eine gar gute sein, wie sie auch war. Da sprach ich: Gnädige Frau, steht,
auf, mich bedunket wohl, Ihr werdet morgen nicht nach Preßburg fahren.
Da stand Jhro Gnaden auf und ging und begann sich vorzubereiten zu der
schweren Arbeit. Da sandte ich nach der ungarischen Hofmeisterin, die war
genannt Achsen Margit*). Die kam sogleich, und eine Jungfrau war da, die



') Margit azzoni, Frau Margaret.
Grenzbvte». IV. -18os.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0025" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/102620"/>
            <p xml:id="ID_50" prev="#ID_49"> finstere Nacht, da kamen wir an die Donau, die war noch mit Eis verschlossen,<lb/>
aber es war an einigen Stellen dünn geworden. Als wir nun auf daS Eis<lb/>
kamen, und wol mitten auf der Donau waren, da brach der Wagen mit den<lb/>
Jungfrauen ein und fiel um, und die Jungfrauen erhoben ein Geschrei und<lb/>
konnte eine die andere nicht sehen. Da erschrak ich sehr und fürchtete, wir<lb/>
müßten mit sammt der heiligen Krone in der Donau bleiben. Aber Gott war<lb/>
unser Helfer, daß kein Mensch unter das Eis kam, wol aber andere Dinge,<lb/>
die auf dem Wagen waren, davon fiel etliches unter das Eis in daS Wasser.<lb/>
Da nahm ich die Herzogin von Schlesien und die besten Jungfrauen zu mir<lb/>
aus den Schlitten, und kam mit Gottes Hilfe über daS Eis und auch Alle<lb/>
die anderen. Als wir nun nach Komorn in das Schloß kamen, da nahm<lb/>
der, der da mit mir kam aus den Sorgen das Polster mit der heiligen Krone,<lb/>
und trug sie an eine Stätte, wo sie wohl aufgehoben war. Und da ich in die<lb/>
Frauenstube kam zu meiner gnädigen Frau, da ward ich von der edlen Köni¬<lb/>
gin schön empfangen. Die merkte wol, daß ich ein guter Bote gewesen war<lb/>
mit der Hilfe Gottes. &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_51" next="#ID_52"> Als mich die edle Königin empfing, lag Ihre Gnaden im Bett und wollte<lb/>
ruhen und sagte mir,, wie es ihr am Tage ergangen war. Es waren zwei<lb/>
ehrbare Frauen von Ofen, zwei Witwen zu Ihrer Gnaden gekommen, &#x2014; die<lb/>
halten zwei Ammen mit sich gebracht, die eine war Hebamme, die andere war<lb/>
die Amme, die das Kind mit der Brust nähren sollte, und diese Amme hatte<lb/>
auch ihr Kind mitgebracht, das war auch ein Sohn; denn es meinen die<lb/>
Weisen, die Milch sei besser von der Frau, die einen Sohn bringt als von<lb/>
einer Tochter. Diese Frauen sollten mit Ihrer Gnaden nach Preßburg ziehen,<lb/>
und sollten sie dort in dem Kindbett pflegen, denn nach der Rechnung sollte<lb/>
Ihrer Gnaden noch eine Woche mit dem Kinde gehen. Ob die Rechnung ge¬<lb/>
irrt hat, oder ob es sonst Gottes Wille war, &#x2014; als ich mit der edlen Köni¬<lb/>
gin so sprach, da sagte mir Ihrer Gnaden, daß die Frauen von Ofen sie in<lb/>
einer Wanne gebadet hätten, und daß ihr nach dem Bad sehr unwohl gewor¬<lb/>
den sei. Da hob ich ihr die Hülle auf, und sah, daß die Geburt nicht fern<lb/>
war. Und die Frauen von Ofen lagen weithin auf dem Markte, aber wir<lb/>
hatten dennoch eine Hebamme bei uns, die hieß Margaret!), die hatte die<lb/>
Gräfin Hans von Schaumberg meiner gnädigen Frau zugeschickt, und sollte<lb/>
eine gar gute sein, wie sie auch war. Da sprach ich: Gnädige Frau, steht,<lb/>
auf, mich bedunket wohl, Ihr werdet morgen nicht nach Preßburg fahren.<lb/>
Da stand Jhro Gnaden auf und ging und begann sich vorzubereiten zu der<lb/>
schweren Arbeit. Da sandte ich nach der ungarischen Hofmeisterin, die war<lb/>
genannt Achsen Margit*). Die kam sogleich, und eine Jungfrau war da, die</p><lb/>
            <note xml:id="FID_7" place="foot"> ') Margit azzoni, Frau Margaret.</note><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbvte». IV. -18os.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0025] finstere Nacht, da kamen wir an die Donau, die war noch mit Eis verschlossen, aber es war an einigen Stellen dünn geworden. Als wir nun auf daS Eis kamen, und wol mitten auf der Donau waren, da brach der Wagen mit den Jungfrauen ein und fiel um, und die Jungfrauen erhoben ein Geschrei und konnte eine die andere nicht sehen. Da erschrak ich sehr und fürchtete, wir müßten mit sammt der heiligen Krone in der Donau bleiben. Aber Gott war unser Helfer, daß kein Mensch unter das Eis kam, wol aber andere Dinge, die auf dem Wagen waren, davon fiel etliches unter das Eis in daS Wasser. Da nahm ich die Herzogin von Schlesien und die besten Jungfrauen zu mir aus den Schlitten, und kam mit Gottes Hilfe über daS Eis und auch Alle die anderen. Als wir nun nach Komorn in das Schloß kamen, da nahm der, der da mit mir kam aus den Sorgen das Polster mit der heiligen Krone, und trug sie an eine Stätte, wo sie wohl aufgehoben war. Und da ich in die Frauenstube kam zu meiner gnädigen Frau, da ward ich von der edlen Köni¬ gin schön empfangen. Die merkte wol, daß ich ein guter Bote gewesen war mit der Hilfe Gottes. — — Als mich die edle Königin empfing, lag Ihre Gnaden im Bett und wollte ruhen und sagte mir,, wie es ihr am Tage ergangen war. Es waren zwei ehrbare Frauen von Ofen, zwei Witwen zu Ihrer Gnaden gekommen, — die halten zwei Ammen mit sich gebracht, die eine war Hebamme, die andere war die Amme, die das Kind mit der Brust nähren sollte, und diese Amme hatte auch ihr Kind mitgebracht, das war auch ein Sohn; denn es meinen die Weisen, die Milch sei besser von der Frau, die einen Sohn bringt als von einer Tochter. Diese Frauen sollten mit Ihrer Gnaden nach Preßburg ziehen, und sollten sie dort in dem Kindbett pflegen, denn nach der Rechnung sollte Ihrer Gnaden noch eine Woche mit dem Kinde gehen. Ob die Rechnung ge¬ irrt hat, oder ob es sonst Gottes Wille war, — als ich mit der edlen Köni¬ gin so sprach, da sagte mir Ihrer Gnaden, daß die Frauen von Ofen sie in einer Wanne gebadet hätten, und daß ihr nach dem Bad sehr unwohl gewor¬ den sei. Da hob ich ihr die Hülle auf, und sah, daß die Geburt nicht fern war. Und die Frauen von Ofen lagen weithin auf dem Markte, aber wir hatten dennoch eine Hebamme bei uns, die hieß Margaret!), die hatte die Gräfin Hans von Schaumberg meiner gnädigen Frau zugeschickt, und sollte eine gar gute sein, wie sie auch war. Da sprach ich: Gnädige Frau, steht, auf, mich bedunket wohl, Ihr werdet morgen nicht nach Preßburg fahren. Da stand Jhro Gnaden auf und ging und begann sich vorzubereiten zu der schweren Arbeit. Da sandte ich nach der ungarischen Hofmeisterin, die war genannt Achsen Margit*). Die kam sogleich, und eine Jungfrau war da, die ') Margit azzoni, Frau Margaret. Grenzbvte». IV. -18os.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/25
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/25>, abgerufen am 24.06.2024.