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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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wollte die warnen, daß sie von der Arbeit abließen. Doch kam mir der Ein¬
fall, zuerst an die Thür zu gehen, und das that ich. Als ich an die Thür
kam, war das Getöse zu Ende, und ich hörte niemand mehr. Da gedachte
ich mir wohl, daß es ein Gespenst war, und ging wieder an mein Gebet, und
verhieß unserer lieben Frau eine Fahrt nach Zell*) mit barfüßen Füßen, und
so lange ich die Fahrt nicht geleistet hätte, so lange wollte ich am Samstag
Nacht, nicht auf Federn liegen, und ich spreche auch alle Samstag Nacht, so
lange ich lebe, unserer lieben Frau ein besonderes Gebet, und danke ihr für
die Gnade, die sie mir bewiesen hat, und ich bitte sie, daß sie ihrem lieben
Sohne, unserm lieben Herrn Jesus Christus für mich danke wegen der großen
Gnade, die mir sein Erbarmen so offenbar bewiesen hat. Und da ich noch
bei meinem Gebet war, da dciuchte mich wieder, daß ein großes Getöse und
ein Gerassel mit Harnischen an der andern Thür wäre, wo der eigentliche
Eingang in die Frauenstube war. Da erschrak ich so sehr, daß ich vor Angst
am ganzen Körper zitterte und schwitzte, und dachte, eS wäre doch nicht ein
Gespenst, und während ich an der Kapellenthür gestanden hätte, unterdeß
wären sie herumgegangen. Ich wußte nicht, was ich thun sollte, und lauschte,
ob ich bei den Jungfrauen vielleicht etwas hörte. Ich hörte niemand. Da ging
ich langsam die kleine Treppe hinab, durch die Kammer der Jungfrauen an die
Thür, wo der gewöhnliche Eingang in die Frauenstube war. Als ich an die
Thür kam, da hörte ich niemand. Da war ich froh und dankte Gott, und
ging wieder an mein Gebet, und dachte mir wohl, daß es der Teufel war, der
die Sache gern hintertrieben hätte.

Als ich mein Gebet vollbracht hatte, stand ich auf und wollte in das
Gewölbe gehn und sehn, was sie thaten. Da kam mir der entgegen, ich
sollte mich freuen, es wäre vollbracht. An der Thüre hatten sie die
Schlösser abgefeilt, aber an dem Gehäuse waren die Schlösser so fest, daß
man sie nicht abseiten konnte, man mußte daS Holz ausbrennen. Dadurch
entstand ein so großer Rauch, daß ich wieder in Sorge war, man würoe dem
Rauch nachforschen, das verhütete aber Gott. Als nun die heilige Krone ganz
frei war, da schlossen wir die Thüre wieder überall zu und schlugen andere
Schlösser anstatt der Schlösser, die man gebrochen hatte, und drückten das
Siegel meiner gnädigen Frau wieder auf, und die Außenthüre sperrten wir
wieder zu und legten das Tüchel mit dem Petschaft wieder an, wie wir es
gefunden hatten und wie der Burggraf eS angelegt hatte. Und ich warf die
Feilen in das Secret, das in der Frauenstube ist, darin wird man die Feilen
finden, wenn man eS aufbricht, als ein Wahrzeichen. Und die heilige Krone
trug man durch die Kapelle hinaus, worin Se. Elsbeth in Gott ruht; dört-



Maria-Zell in Steienuark.

wollte die warnen, daß sie von der Arbeit abließen. Doch kam mir der Ein¬
fall, zuerst an die Thür zu gehen, und das that ich. Als ich an die Thür
kam, war das Getöse zu Ende, und ich hörte niemand mehr. Da gedachte
ich mir wohl, daß es ein Gespenst war, und ging wieder an mein Gebet, und
verhieß unserer lieben Frau eine Fahrt nach Zell*) mit barfüßen Füßen, und
so lange ich die Fahrt nicht geleistet hätte, so lange wollte ich am Samstag
Nacht, nicht auf Federn liegen, und ich spreche auch alle Samstag Nacht, so
lange ich lebe, unserer lieben Frau ein besonderes Gebet, und danke ihr für
die Gnade, die sie mir bewiesen hat, und ich bitte sie, daß sie ihrem lieben
Sohne, unserm lieben Herrn Jesus Christus für mich danke wegen der großen
Gnade, die mir sein Erbarmen so offenbar bewiesen hat. Und da ich noch
bei meinem Gebet war, da dciuchte mich wieder, daß ein großes Getöse und
ein Gerassel mit Harnischen an der andern Thür wäre, wo der eigentliche
Eingang in die Frauenstube war. Da erschrak ich so sehr, daß ich vor Angst
am ganzen Körper zitterte und schwitzte, und dachte, eS wäre doch nicht ein
Gespenst, und während ich an der Kapellenthür gestanden hätte, unterdeß
wären sie herumgegangen. Ich wußte nicht, was ich thun sollte, und lauschte,
ob ich bei den Jungfrauen vielleicht etwas hörte. Ich hörte niemand. Da ging
ich langsam die kleine Treppe hinab, durch die Kammer der Jungfrauen an die
Thür, wo der gewöhnliche Eingang in die Frauenstube war. Als ich an die
Thür kam, da hörte ich niemand. Da war ich froh und dankte Gott, und
ging wieder an mein Gebet, und dachte mir wohl, daß es der Teufel war, der
die Sache gern hintertrieben hätte.

Als ich mein Gebet vollbracht hatte, stand ich auf und wollte in das
Gewölbe gehn und sehn, was sie thaten. Da kam mir der entgegen, ich
sollte mich freuen, es wäre vollbracht. An der Thüre hatten sie die
Schlösser abgefeilt, aber an dem Gehäuse waren die Schlösser so fest, daß
man sie nicht abseiten konnte, man mußte daS Holz ausbrennen. Dadurch
entstand ein so großer Rauch, daß ich wieder in Sorge war, man würoe dem
Rauch nachforschen, das verhütete aber Gott. Als nun die heilige Krone ganz
frei war, da schlossen wir die Thüre wieder überall zu und schlugen andere
Schlösser anstatt der Schlösser, die man gebrochen hatte, und drückten das
Siegel meiner gnädigen Frau wieder auf, und die Außenthüre sperrten wir
wieder zu und legten das Tüchel mit dem Petschaft wieder an, wie wir es
gefunden hatten und wie der Burggraf eS angelegt hatte. Und ich warf die
Feilen in das Secret, das in der Frauenstube ist, darin wird man die Feilen
finden, wenn man eS aufbricht, als ein Wahrzeichen. Und die heilige Krone
trug man durch die Kapelle hinaus, worin Se. Elsbeth in Gott ruht; dört-



Maria-Zell in Steienuark.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/23>, abgerufen am 23.07.2024.