Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.Christiansfeld, sucht die schöne Ruine von Colding sich über die Meeresbucht Wer nach Westen hin aus dem lieblichen Thale emporsteigt, der blickt Jetzt beginnt der dritte Landstreifen. Auf die grünen Hügel des Ostens , ,4 " '
Christiansfeld, sucht die schöne Ruine von Colding sich über die Meeresbucht Wer nach Westen hin aus dem lieblichen Thale emporsteigt, der blickt Jetzt beginnt der dritte Landstreifen. Auf die grünen Hügel des Ostens , ,4 " '
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Christiansfeld, sucht die schöne Ruine von Colding sich über die Meeresbucht
in der Tiefe erheben und folgt daun auf dem Rückwege der Straße, die sich
in das schattenreiche Paradies der Törningmühlc hinabsenkt.
Wer nach Westen hin aus dem lieblichen Thale emporsteigt, der blickt
plötzlich hinaus in eine neue Welt. Der zweite Streifen der Halbinsel, die
hohe Geest, liegt vor ihm — in überraschendem Gegensatz! Statt der grünen
Weiden und Felder, der Waldhügel, der Bäche, Buchten und Seen zeigen
sich mißfarbig, dürr und unwirthlich trostlose Halden, düstre Movrstrichc und
öde Sandwüsten, . auf denen der Westwind sein culturfeindliches Spiel treibt.
Rostbraune Flächen mit Haidekraut und Zmergweiden bestanden, schwarze
Moore, daneben aufgethürmte Torfhaufen, weiter hin gelbe Sandebenen, mit
dürftigen harten Grase bewachsen. Nur zuweilen rollt ein Wagen, röthlichen
Staub aufwirbelnd, über die Fläche. Mitunter wird am Horizont ein lang¬
gestrecktes Dorf in zerstreuten Gehöften sichtbar. Nirgend gewahrt das Auge einen
Baum, nur da und dort blickt eine Blume, ein rothes Sternchen, eine blaue
Glocke/ eine gelbe Sonne von ihrem Stengel auf die öde Nachbarschaft, die
Häupter der Moorwolle nicken im Winde, und Disteln heben ihre stachlichen
Köpfe aus den Gräben. In der Luft tönt der fröhliche Ruf der Lerche, der
Kiebitz schlüpft durch die Binsen, und in den Brüchen klagt die Stimme des
Haselhuhns. Und die Geister der Luft treiben ihr neckendes Spiel; Fata
Morgana webt am Gesichtskreise seltsame Gewebe, dunkle Inseln im himmel¬
blauen Raume, Thürme, Dörfer und Wäldchen. Aber die Blumen und die
Bogelstimmen, welche die Oede der Landschaft unterbrechen, wirken nur auf
das Auge und Ohr, das sie sucht und bei ihnen weilt. Das Ganze erscheint
arm an Farben und Leben, düster, fast unheimlich. Zuweilen freilich senkt
sich das Gelände, und ein Bach der Wüste zeigt die Metamorphosen, die das
nährende Wasser bewirkt. Wiesen und fettes Bultenland werden sichtbar.
Aecker, Herden und ein stattliches Dorf erscheinen. Die nächste Bodenerhebung
führt wieder aus die Haide, die nächste Senkung wieder in erfreulichere Striche,
und so eilt der Wanderer von Oase zu Oase, bis endlich die Luftspiegelung
am Horizont Schiffe in ihrem Gewebe auftreten läßt, und die Wirklichkeit
unter ihr die schiefergrauen Wellen der Nordsee und ihre weißen Kämme zeigt.
Jetzt beginnt der dritte Landstreifen. Auf die grünen Hügel des Ostens
und die dürren Flächen der Landesmitte folgt die Welt der Marschen, so grün
wie jene, so baumlos wie diese, ein Geschenk des Meeres, dem sie in seiner
Wechsellostgkeit gleicht. Mächtige Dämme theilen das Land in Bezirke (Köge)
schnurgerade Gräben und Kanäle die Bezirke in kleinere Striche (Ferner).
Am Rande der Geest ziehen sich dichtgebaute große Dörfer und Flecken hin.
In der Marsch selbst begegnen dem Auge nur einzelne Gehöfte (Slaven), die
sich auf künstlichen Hügeln (Wurden), umgeben mit Gräben, wie ebensoviele
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