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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band.

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rechts mit Helm und Schild eine Kriegsgöttin. Sie hebt eine vielfältige
Decke auf, und betrachtet ein darunter zum Vorschein kommendes Basrelief, das
zur Verherrlichung Gregors bestimmt ist. Unter dem Monument gewahrt man
eine Art greifartiger Ungethüme.

Man halte sich indessen lange genug mit der marmornen Darstellung von
Sarkophagen beholfen. Es kam darauf an, eine neue Idee für monumentale
Zwecke zu finden. Canova fand sie wol nicht grade, doch machte er sie volks-
thümlich, indem er statt der steinernen Särge die ganze Begräbnißstätte zu
versinnlichen unteryahm.

Sein kolossales Grabmal Clemens des XIV. von 1783 ist schon der
äußere Umriß eines vollständigen Mausoleums. Oben sitzt der Papst mit
vorgestreckter Rechten, eine kräftig empfundene Gestalt. Links, vorn übergelehnt
und trauernd, steht eine weibliche Figur; ihr Kopf reicht nicht bis an die
Platte, auf welcher der päpstliche Stuhl steht. Rechts sitzt eine sinnende weib¬
liche Figur, ein Lamm rethe daneben.

Die voneinander abweichenden Stellungen der beiden allegorischen Ge¬
stalten, die eine sitzend, die andere stehend, beeinträchtigen einigermaßen das
Ebenmaß des Ganzen. Man war in dieser Beziehung früher schon weit freier
zu Werke gegangen, hatte aber, wo es geschal), auch nie eine rein künst¬
lerische Wirkung erreicht, immer mehr etwas Genrehaftes.

1792 wurde Canovas Grabmal Clemens des Xlil. in der Peterskirche
vollendet. Die Anordnung ist ähnlich. Der Papst bildet wieder den Gipfel¬
punkt des Mausoleums, tiefer links steht eine weibliche Gestalt, der Glaube
mit Kreuz und Strahlenkrone; ihr gegenüber rechts ein sitzender Todesengel
mit umgewendeter Fackel; unten zu beiden Seiten deS Grabeinganges die be¬
rühmten canovaschen Löwen hingestreckt, der eine traurig, der andere ergrimmt.

Das Ebenmaß dieses Merkes ist wieder durch das gegeneinanderüber ge¬
stellte Sitzen und Stehen beeinträchtigt, mehr aber noch durch die Haltung
des Papstes selbst. Er kniet nämlich, so daß man ihn beinahe im Profil
sieht. Der Mittelpunkt geht deshalb gleich oben verloren. Der Zusammenhang
unter, den Figuren ist lose. So schön die einzelnen Theile sind, so wenig
gesammelt ist doch die Gesammtwirkung.

Jacobs III. von England Grabmal in der Peterskirche ist einfacher.
Zwei Engel stehen mit gesenkten Fackeln trauernd am Eingange eines Grab¬
gewölbes, darüber sind drei Profilporträts in Basrelief angebracht, eins nach
rechts, zwei nach links. Man erkennt gleich an der mangelnden Tiefe des
Denkmals, daß es sich nur um eine Scheingruft handelt.

Das Grabmal der Erzherzogin Christine in Wien ist bekannt. Hier begibt
sich ein Zug Leidtragender in die offne Grabkammer. Die ursprüngliche Form
der Grabmonumente wurde ganz beseitigt. Die bisherige Hauptfigur verschwindet,


rechts mit Helm und Schild eine Kriegsgöttin. Sie hebt eine vielfältige
Decke auf, und betrachtet ein darunter zum Vorschein kommendes Basrelief, das
zur Verherrlichung Gregors bestimmt ist. Unter dem Monument gewahrt man
eine Art greifartiger Ungethüme.

Man halte sich indessen lange genug mit der marmornen Darstellung von
Sarkophagen beholfen. Es kam darauf an, eine neue Idee für monumentale
Zwecke zu finden. Canova fand sie wol nicht grade, doch machte er sie volks-
thümlich, indem er statt der steinernen Särge die ganze Begräbnißstätte zu
versinnlichen unteryahm.

Sein kolossales Grabmal Clemens des XIV. von 1783 ist schon der
äußere Umriß eines vollständigen Mausoleums. Oben sitzt der Papst mit
vorgestreckter Rechten, eine kräftig empfundene Gestalt. Links, vorn übergelehnt
und trauernd, steht eine weibliche Figur; ihr Kopf reicht nicht bis an die
Platte, auf welcher der päpstliche Stuhl steht. Rechts sitzt eine sinnende weib¬
liche Figur, ein Lamm rethe daneben.

Die voneinander abweichenden Stellungen der beiden allegorischen Ge¬
stalten, die eine sitzend, die andere stehend, beeinträchtigen einigermaßen das
Ebenmaß des Ganzen. Man war in dieser Beziehung früher schon weit freier
zu Werke gegangen, hatte aber, wo es geschal), auch nie eine rein künst¬
lerische Wirkung erreicht, immer mehr etwas Genrehaftes.

1792 wurde Canovas Grabmal Clemens des Xlil. in der Peterskirche
vollendet. Die Anordnung ist ähnlich. Der Papst bildet wieder den Gipfel¬
punkt des Mausoleums, tiefer links steht eine weibliche Gestalt, der Glaube
mit Kreuz und Strahlenkrone; ihr gegenüber rechts ein sitzender Todesengel
mit umgewendeter Fackel; unten zu beiden Seiten deS Grabeinganges die be¬
rühmten canovaschen Löwen hingestreckt, der eine traurig, der andere ergrimmt.

Das Ebenmaß dieses Merkes ist wieder durch das gegeneinanderüber ge¬
stellte Sitzen und Stehen beeinträchtigt, mehr aber noch durch die Haltung
des Papstes selbst. Er kniet nämlich, so daß man ihn beinahe im Profil
sieht. Der Mittelpunkt geht deshalb gleich oben verloren. Der Zusammenhang
unter, den Figuren ist lose. So schön die einzelnen Theile sind, so wenig
gesammelt ist doch die Gesammtwirkung.

Jacobs III. von England Grabmal in der Peterskirche ist einfacher.
Zwei Engel stehen mit gesenkten Fackeln trauernd am Eingange eines Grab¬
gewölbes, darüber sind drei Profilporträts in Basrelief angebracht, eins nach
rechts, zwei nach links. Man erkennt gleich an der mangelnden Tiefe des
Denkmals, daß es sich nur um eine Scheingruft handelt.

Das Grabmal der Erzherzogin Christine in Wien ist bekannt. Hier begibt
sich ein Zug Leidtragender in die offne Grabkammer. Die ursprüngliche Form
der Grabmonumente wurde ganz beseitigt. Die bisherige Hauptfigur verschwindet,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_102594/108>, abgerufen am 23.07.2024.