Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.verblendet sein, daß Du seinem Schöpfer nicht die Ehre geben wolltest? Ist es Der darin genannte "Anzapfer des Atheismus" und "Mörder vieler Marlowe, so wie die andern Ermähnten, nahm diesen Angriff sehr übel, verblendet sein, daß Du seinem Schöpfer nicht die Ehre geben wolltest? Ist es Der darin genannte „Anzapfer des Atheismus" und „Mörder vieler Marlowe, so wie die andern Ermähnten, nahm diesen Angriff sehr übel, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0080" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101607"/> <p xml:id="ID_179" prev="#ID_178"> verblendet sein, daß Du seinem Schöpfer nicht die Ehre geben wolltest? Ist es<lb/> pestilentialischer Machiavclliömus, den Du studirt hast? — O alberne Thor¬<lb/> heit! Was sind seine Lehren anders, alö verwirrter Spott, fähig, binnen kurzem<lb/> das ganze Menschengeschlecht zu vertilgen? Denn, wenn so volo 8le iutxz»<lb/> diejenigen, die zum Befehlen befähigt sind, im Zaume hält, und wenn las Ki,<lb/> net'us erlaubt ist d. l). alles zu thun, was nützlich ist, so sollten nur Tyrannen<lb/> die Erde besitzen, und da sie dann sich an Tyrannei zu übertreffen streben,<lb/> einer des andern Henker werden, bis da der mächtigste alle überlebt, und<lb/> ein Streich für den Tod übrig bleibt, um in einem Menschenalter das lebende<lb/> Geschlecht zu enden. Der Anzapfer dieses teuflischen Atheismus ist todt,<lb/> und besaß in seinem Leben nie die Glückseligkeit, nach welcher er zielte, sondern<lb/> wie er in List begann, lebte er in Furcht und endete in Verzweiflung. Hu-rin<lb/> inscrutabilia sunt Oel iucliLial Diesem Mörder vieler Brüder ist daS Ge¬<lb/> wissen wie das Kains verwundet worden; dieser Verräther an dem, der sein<lb/> Leben für ihn ließ, erbte den Antheil des Judas, dieser Apostel kam so elend<lb/> um, wie Julian: und willst du, lieber Freund, sein Jünger sein? Schau auf<lb/> mich, der von ihm zu jener Frechheit überredet wurde, und du wirst darin<lb/> höllische Sklaverei finden. Ich weiß, daß die geringsten meiner Verbrechen diesen<lb/> elenden Tod verbrochen haben; aber muthwillig gegen die erkannte Wahrheit<lb/> streiten geht noch über alle Schrecknisse meiner Seele hinaus. Verschiebe nicht,<lb/> wie ich, auf diesen letzten Punkt der Noth: denn wenig weißt du, wie du<lb/> am Ende heimgesucht werben wirst." —</p><lb/> <p xml:id="ID_180"> Der darin genannte „Anzapfer des Atheismus" und „Mörder vieler<lb/> Brüder" war nach Malones Meinung ein Universitätslehrer in Cambridge,<lb/> angestellt seit 1573 als Fellow an eben dem Collegium, zu dem Marlowe ge¬<lb/> hörte, der Magister Franz Kalt, welcher wegen seiner unchristlichen Grundsätze<lb/> im Jahr 1589 zu Norwich verbrannt worden war. — Es folgen dann ähn¬<lb/> liche Apostrophen an Lodge und Peele, die ziemlich deutlich bezeichnet sind,<lb/> und das Ganze schließt mit einer Abmahnung an alle drei vor gottlosen<lb/> Flüchen, vor Trunkenheit und Wollust, und vor der Gesellschaft der Wüst¬<lb/> linge.</p><lb/> <p xml:id="ID_181" next="#ID_182"> Marlowe, so wie die andern Ermähnten, nahm diesen Angriff sehr übel,<lb/> und Chettle hatte Mühe, den Verdacht von sich und Nass abzuwälzen, als<lb/> habe er Theil daran; er erklärterer habe manches weggelassen, aber nichts zu¬<lb/> gesetzt. — Die Vermuthung liegt nahe, daß, da kurz darauf gerichtliche Schritte<lb/> in dieser Sache vorgenommen wurden, das allgemeine Aufsehen erst durch diese<lb/> Schrift rege geworden sei, und es wäre immerhin möglich, daß Chettle, der in<lb/> seiner Vertheidigung noch ausdrücklich bemerkt, er kenne keinen der Angegriffnen,<lb/> wolle auch einen derselben (vermuthlich Marlowe) gar nicht kennen, vedaure<lb/> aber, daß er auch Shakespeare mehr verletzt habe, als eS ihm nachher lieb ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0080]
verblendet sein, daß Du seinem Schöpfer nicht die Ehre geben wolltest? Ist es
pestilentialischer Machiavclliömus, den Du studirt hast? — O alberne Thor¬
heit! Was sind seine Lehren anders, alö verwirrter Spott, fähig, binnen kurzem
das ganze Menschengeschlecht zu vertilgen? Denn, wenn so volo 8le iutxz»
diejenigen, die zum Befehlen befähigt sind, im Zaume hält, und wenn las Ki,
net'us erlaubt ist d. l). alles zu thun, was nützlich ist, so sollten nur Tyrannen
die Erde besitzen, und da sie dann sich an Tyrannei zu übertreffen streben,
einer des andern Henker werden, bis da der mächtigste alle überlebt, und
ein Streich für den Tod übrig bleibt, um in einem Menschenalter das lebende
Geschlecht zu enden. Der Anzapfer dieses teuflischen Atheismus ist todt,
und besaß in seinem Leben nie die Glückseligkeit, nach welcher er zielte, sondern
wie er in List begann, lebte er in Furcht und endete in Verzweiflung. Hu-rin
inscrutabilia sunt Oel iucliLial Diesem Mörder vieler Brüder ist daS Ge¬
wissen wie das Kains verwundet worden; dieser Verräther an dem, der sein
Leben für ihn ließ, erbte den Antheil des Judas, dieser Apostel kam so elend
um, wie Julian: und willst du, lieber Freund, sein Jünger sein? Schau auf
mich, der von ihm zu jener Frechheit überredet wurde, und du wirst darin
höllische Sklaverei finden. Ich weiß, daß die geringsten meiner Verbrechen diesen
elenden Tod verbrochen haben; aber muthwillig gegen die erkannte Wahrheit
streiten geht noch über alle Schrecknisse meiner Seele hinaus. Verschiebe nicht,
wie ich, auf diesen letzten Punkt der Noth: denn wenig weißt du, wie du
am Ende heimgesucht werben wirst." —
Der darin genannte „Anzapfer des Atheismus" und „Mörder vieler
Brüder" war nach Malones Meinung ein Universitätslehrer in Cambridge,
angestellt seit 1573 als Fellow an eben dem Collegium, zu dem Marlowe ge¬
hörte, der Magister Franz Kalt, welcher wegen seiner unchristlichen Grundsätze
im Jahr 1589 zu Norwich verbrannt worden war. — Es folgen dann ähn¬
liche Apostrophen an Lodge und Peele, die ziemlich deutlich bezeichnet sind,
und das Ganze schließt mit einer Abmahnung an alle drei vor gottlosen
Flüchen, vor Trunkenheit und Wollust, und vor der Gesellschaft der Wüst¬
linge.
Marlowe, so wie die andern Ermähnten, nahm diesen Angriff sehr übel,
und Chettle hatte Mühe, den Verdacht von sich und Nass abzuwälzen, als
habe er Theil daran; er erklärterer habe manches weggelassen, aber nichts zu¬
gesetzt. — Die Vermuthung liegt nahe, daß, da kurz darauf gerichtliche Schritte
in dieser Sache vorgenommen wurden, das allgemeine Aufsehen erst durch diese
Schrift rege geworden sei, und es wäre immerhin möglich, daß Chettle, der in
seiner Vertheidigung noch ausdrücklich bemerkt, er kenne keinen der Angegriffnen,
wolle auch einen derselben (vermuthlich Marlowe) gar nicht kennen, vedaure
aber, daß er auch Shakespeare mehr verletzt habe, als eS ihm nachher lieb ge-
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