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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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der Kostbarkeit des Buches aus Knochen, Holz, Elfenbein, waren oben und .
unten mit Knöpfen verziert, die aus den beiden Enden der Rolle hervorsahen.
Diese beiden Enden (dem Schnitt unsrer Bücher entsprechend) wurden be¬
schnitten, mit Bimstein geglättet und schwarz gefärbt. Die ganze Rolle um¬
wickelte man schließlich noch zur bessern Erhaltung mit einem (gelb oder pur¬
purn gefärbten) Pergament, welches unserm Einbande entspricht. > Mehre
zusammengehörige Rollen wurden auch zusammengeschnürt, wie man das in
Herculanum sieht. Man bewahrte sie in offenen cylindrischen Behältern, die
auf antiken Monumenten häufig abgebildet sind/ z. B. neben der bekannten
Sophoklesstatue im Lateran, und diese Behälter wurden in die Fächer der
Bibliotheken gestellt. Zu Senecas und Martials Zeit enthielten Bücher schon
auf der ersten Columne Porträts der Verfasser. Bücher mit Abbildungen von
Pflanzen erwähnt Plinius. Der Titel war (mit rother Farbe) auf einen Zettel
geschrieben, der oben an der Rolle befestigt wurde.

Bei der Ausstattung des Buchs kam es natürlich auf die Güte der Ab¬
schrift an, welche oft von sachverständigen Correctoren revidirt und verbessert
wurde, was dann natürlich den Werth des Buchs erhöhte. Doch hiervon, so
wie von dem antiken Buchhandel soll ein ander Mal die Rede sein. Hier
wollen wir nur noch bemerken, daß die Natur der antiken Bücher nothwendig
Zur Folge hatte, daß sie verhältnißmäßig wenig enthielten, weil die Abwicklung
endloser Rollen für die Leser äußerst unbequem gewesen sein würde. So konnten
5- B. die 24 Bücher der Jliade sehr wohl auf 2i Rollen geschrieben sein,
wahrend wir sie ,in einem kleinen Bande in der Tasche bei uns tragen können.
Hieraus sind die ungeheuren Zahlen der Bücher in den alten Bibliotheken,
namentlich der alerandrinischen zu erklären.

Jahrb ^""^5ufte'" alter Classtker, die man bis zur Mitte des vorigen
und ^ kannte, waren sämmtlich von verhältnißmäßig jungem Datum,
eine aus Papyrus; kein Wunder also, daß die Nachricht von der Ent-
^ ung einer aus Papyrusrollen bestehenden Bibliothek in Herculanum in der
Sensation machte. Die erste Kunde kam nach Deutschland
durch die Briefe Winckelmanns an Lianconi und den Grafen Brühl. Man
^ut im Jahr 1752 an dem öffentlichen Platze, wo die Statuen der Familie
gestanden hatten, ein Haus, aus dem mehre Kunstwerke ans Licht ge¬
zogen wurden, und in den, man schließlich auch auf die Bibliothek stieß. Da
diele zahlreiche epikurische Schriften enthielt, besonders von dem Epikuräer
Philodemus, so glaubte man diesen für den Besitzer ansehen zu müssen, nament¬
lich well man in dem irrthümlichen Glauben war, daß die zahlreichen Radi¬
rungen und Verbesserungen nur von dem Verfasser selbst herrühren könnten,
^aß dies durchaus falsch ist, ist oben gezeigt worden. Anfangs sah man diese
Ichlchtenwels übereinandergehäusten Kohlencylinder für verbranntes Holz an


Grenzboten. II. 18S6. g

der Kostbarkeit des Buches aus Knochen, Holz, Elfenbein, waren oben und .
unten mit Knöpfen verziert, die aus den beiden Enden der Rolle hervorsahen.
Diese beiden Enden (dem Schnitt unsrer Bücher entsprechend) wurden be¬
schnitten, mit Bimstein geglättet und schwarz gefärbt. Die ganze Rolle um¬
wickelte man schließlich noch zur bessern Erhaltung mit einem (gelb oder pur¬
purn gefärbten) Pergament, welches unserm Einbande entspricht. > Mehre
zusammengehörige Rollen wurden auch zusammengeschnürt, wie man das in
Herculanum sieht. Man bewahrte sie in offenen cylindrischen Behältern, die
auf antiken Monumenten häufig abgebildet sind/ z. B. neben der bekannten
Sophoklesstatue im Lateran, und diese Behälter wurden in die Fächer der
Bibliotheken gestellt. Zu Senecas und Martials Zeit enthielten Bücher schon
auf der ersten Columne Porträts der Verfasser. Bücher mit Abbildungen von
Pflanzen erwähnt Plinius. Der Titel war (mit rother Farbe) auf einen Zettel
geschrieben, der oben an der Rolle befestigt wurde.

Bei der Ausstattung des Buchs kam es natürlich auf die Güte der Ab¬
schrift an, welche oft von sachverständigen Correctoren revidirt und verbessert
wurde, was dann natürlich den Werth des Buchs erhöhte. Doch hiervon, so
wie von dem antiken Buchhandel soll ein ander Mal die Rede sein. Hier
wollen wir nur noch bemerken, daß die Natur der antiken Bücher nothwendig
Zur Folge hatte, daß sie verhältnißmäßig wenig enthielten, weil die Abwicklung
endloser Rollen für die Leser äußerst unbequem gewesen sein würde. So konnten
5- B. die 24 Bücher der Jliade sehr wohl auf 2i Rollen geschrieben sein,
wahrend wir sie ,in einem kleinen Bande in der Tasche bei uns tragen können.
Hieraus sind die ungeheuren Zahlen der Bücher in den alten Bibliotheken,
namentlich der alerandrinischen zu erklären.

Jahrb ^""^5ufte'" alter Classtker, die man bis zur Mitte des vorigen
und ^ kannte, waren sämmtlich von verhältnißmäßig jungem Datum,
eine aus Papyrus; kein Wunder also, daß die Nachricht von der Ent-
^ ung einer aus Papyrusrollen bestehenden Bibliothek in Herculanum in der
Sensation machte. Die erste Kunde kam nach Deutschland
durch die Briefe Winckelmanns an Lianconi und den Grafen Brühl. Man
^ut im Jahr 1752 an dem öffentlichen Platze, wo die Statuen der Familie
gestanden hatten, ein Haus, aus dem mehre Kunstwerke ans Licht ge¬
zogen wurden, und in den, man schließlich auch auf die Bibliothek stieß. Da
diele zahlreiche epikurische Schriften enthielt, besonders von dem Epikuräer
Philodemus, so glaubte man diesen für den Besitzer ansehen zu müssen, nament¬
lich well man in dem irrthümlichen Glauben war, daß die zahlreichen Radi¬
rungen und Verbesserungen nur von dem Verfasser selbst herrühren könnten,
^aß dies durchaus falsch ist, ist oben gezeigt worden. Anfangs sah man diese
Ichlchtenwels übereinandergehäusten Kohlencylinder für verbranntes Holz an


Grenzboten. II. 18S6. g
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/65>, abgerufen am 27.06.2024.