Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.gefunden und auch deshalb ist dasselbe für ein Musikfest durchaus angemessen; Für die Partie.des Elias war Herr Jules Stockhausen gewonnen. gefunden und auch deshalb ist dasselbe für ein Musikfest durchaus angemessen; Für die Partie.des Elias war Herr Jules Stockhausen gewonnen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0495" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/102022"/> <p xml:id="ID_1359" prev="#ID_1358"> gefunden und auch deshalb ist dasselbe für ein Musikfest durchaus angemessen;<lb/> Schade ist es, daß Mendelssohn, der denselben so geschickt und einsichtig zu be¬<lb/> nutzen , weiß, mehrmals und namentlich gegen das Ende hin die Wirkung<lb/> desselben durch zu starke Anwendung der Blechinstrumente beeinträchtigt hat.<lb/> Wenn man den wahrhaft wohlthuenden Eindruck empfunden hat, den so starke<lb/> und wohlklingende Chormasfcn auf das Ohr und Gefühl hervorbringen, so<lb/> bedauert-man es, dieselbe« vergebens gegen die niederschmetternde Macht des<lb/> „tönenden Erzes" ankämpfen zu sehn. Daß der Chor sich wacker hielt, mit<lb/> Sicherheit und Festigkeit — sehr wenige Stellen ausgenommen — einsetzte,<lb/> frisch und kräftig aushielt und prächtig klang, bedarf kaum des ausdrücklichen<lb/> Zeugnisses; auch vom Orchester kann man dasselbe sagen. Und so war für<lb/> das Ganze ein tüchtiger) fester Grund gelegt, ein solider und glänzender Rahmen<lb/> für die Leistungen der Solofänger gewonnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1360" next="#ID_1361"> Für die Partie.des Elias war Herr Jules Stockhausen gewonnen.<lb/> Nach den außerordentlichen Erfolgen, welche dieser Sänger in der letzten Zeit<lb/> in Deutschland errungen hat, war man äußerst gespannt, ihn zu hören, um<lb/> so mehr, als das Genre des Oratoriums, nach dem, was über ihn bekannt ge¬<lb/> worden war, ihm fremd zu sein schien; denn daß er den Elias bereits in<lb/> Straßburg und Basel gesungen hatte, mochten Wenige wissen. Allerdings<lb/> hatte er mit mancherlei' ungünstigen Verhältnissen zu kämpfen. Seine Stimme<lb/> ist ein entschiedener Bariton mit bedeutender Höhe; die Partie des Elias liegt<lb/> zwar nirgend so tief, daß sie den Umfang seiner Stimme überschritte, aber<lb/> sie bewegt sich nicht selten in Tonlagen und verlangt in denselben Kraft und<lb/> Klang, welche für seine Stimme nicht die günstigsten sind. Dies gilt na¬<lb/> mentlich gleich vom ersten Recitativ, das,'um die rechte Wirkung'zu thun, ge¬<lb/> gen die mächtigen Accorde der Blasinstrumente wie mit Flam,menzügen die un¬<lb/> heilvolle Prophezeihung verkündigen muß. Diese Macht deS materiellen Klanges<lb/> hat Stockhausens Stimme nicht, am wenigsten in dieser Lage; dazu kam noch,<lb/> daß er, durch übermäßige Anstrengung erschöpft und körperlich unwohl, am ersten<lb/> Tage und besonders im ersten Theil des Elias nur mit großer Anstrengung<lb/> fang. ES ist daher begreiflich, daß ein Theil des Publicums, der sein Urtheil<lb/> über einen Sänger nach dem materiellen Klang der Stimme^ zu bemessen pflegt,<lb/> sich in seinen Erwartungen getäuscht fand; auch ist durchaus nicht in Abrede<lb/> zu stellen, daß für manche Partieen im Elias eine erhöhet« Kraft, ein vollerer<lb/> Klang der Stimme erwünscht gewesen wäre. Nirgend aber trat dies als ein<lb/> Mangel von solcher Art hervor, daß das, Verständniß und der Genuß an der<lb/> künstlerischen Leistung dadurch verkümmert worden wäre. Denn Stockhausen<lb/> ist nicht blos, was man so gewöhnlich sagt, ein Sänger mit schöner Stimme<lb/> und gutem Vortrag, sondern ein Künstler, „der nichts will als das Kunstwerk<lb/> rein zur Darstellung bringen und dies perfect kann." Daß das Singen eine</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0495]
gefunden und auch deshalb ist dasselbe für ein Musikfest durchaus angemessen;
Schade ist es, daß Mendelssohn, der denselben so geschickt und einsichtig zu be¬
nutzen , weiß, mehrmals und namentlich gegen das Ende hin die Wirkung
desselben durch zu starke Anwendung der Blechinstrumente beeinträchtigt hat.
Wenn man den wahrhaft wohlthuenden Eindruck empfunden hat, den so starke
und wohlklingende Chormasfcn auf das Ohr und Gefühl hervorbringen, so
bedauert-man es, dieselbe« vergebens gegen die niederschmetternde Macht des
„tönenden Erzes" ankämpfen zu sehn. Daß der Chor sich wacker hielt, mit
Sicherheit und Festigkeit — sehr wenige Stellen ausgenommen — einsetzte,
frisch und kräftig aushielt und prächtig klang, bedarf kaum des ausdrücklichen
Zeugnisses; auch vom Orchester kann man dasselbe sagen. Und so war für
das Ganze ein tüchtiger) fester Grund gelegt, ein solider und glänzender Rahmen
für die Leistungen der Solofänger gewonnen.
Für die Partie.des Elias war Herr Jules Stockhausen gewonnen.
Nach den außerordentlichen Erfolgen, welche dieser Sänger in der letzten Zeit
in Deutschland errungen hat, war man äußerst gespannt, ihn zu hören, um
so mehr, als das Genre des Oratoriums, nach dem, was über ihn bekannt ge¬
worden war, ihm fremd zu sein schien; denn daß er den Elias bereits in
Straßburg und Basel gesungen hatte, mochten Wenige wissen. Allerdings
hatte er mit mancherlei' ungünstigen Verhältnissen zu kämpfen. Seine Stimme
ist ein entschiedener Bariton mit bedeutender Höhe; die Partie des Elias liegt
zwar nirgend so tief, daß sie den Umfang seiner Stimme überschritte, aber
sie bewegt sich nicht selten in Tonlagen und verlangt in denselben Kraft und
Klang, welche für seine Stimme nicht die günstigsten sind. Dies gilt na¬
mentlich gleich vom ersten Recitativ, das,'um die rechte Wirkung'zu thun, ge¬
gen die mächtigen Accorde der Blasinstrumente wie mit Flam,menzügen die un¬
heilvolle Prophezeihung verkündigen muß. Diese Macht deS materiellen Klanges
hat Stockhausens Stimme nicht, am wenigsten in dieser Lage; dazu kam noch,
daß er, durch übermäßige Anstrengung erschöpft und körperlich unwohl, am ersten
Tage und besonders im ersten Theil des Elias nur mit großer Anstrengung
fang. ES ist daher begreiflich, daß ein Theil des Publicums, der sein Urtheil
über einen Sänger nach dem materiellen Klang der Stimme^ zu bemessen pflegt,
sich in seinen Erwartungen getäuscht fand; auch ist durchaus nicht in Abrede
zu stellen, daß für manche Partieen im Elias eine erhöhet« Kraft, ein vollerer
Klang der Stimme erwünscht gewesen wäre. Nirgend aber trat dies als ein
Mangel von solcher Art hervor, daß das, Verständniß und der Genuß an der
künstlerischen Leistung dadurch verkümmert worden wäre. Denn Stockhausen
ist nicht blos, was man so gewöhnlich sagt, ein Sänger mit schöner Stimme
und gutem Vortrag, sondern ein Künstler, „der nichts will als das Kunstwerk
rein zur Darstellung bringen und dies perfect kann." Daß das Singen eine
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