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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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lumpten Kittel, der 'in seinem Fette wie eine Theerdecke glänzt, und von
dem es heißt, daß er Tausende besitze, ist hier einen und alle Tage, um zu
sehen, ob er seinen Schätzen nicht noch ein paar Sirpcnce hinzufügen kann,
indem er um den Wegwurf feilscht, der auf dem Boden ausgebreitet ist. Man
sehe, wie er schweifwedelt und winselt und die Achseln zuckt, indem er jenen
armen Teufel zu verleiten sucht, sich von der silbernen Bleistifthülse, die er
"gefunden" hat, um ein paar Pence weniger, als ihr wirklicher Werth ist, zu
trennen.

Während die Käufer zwischen den Reihen der Verkäufer auf und ab gehen
und jetzt vor den alten Flaschen, Stiefeln, Hüten und Röcken, jetzt vor den
Haufen von Knochen, altem Eisen, Schnürleibern, Frauenkleidern, Schlafröcken
und Westen stehen bleiben, schreit ein dicklippiger Judenknabe von seinem hohen
Verkaufsstande in der Mitte des Marktes mit bezeichnendem Accent: "Jngwer-
bier, einen Halfpennv das Glas! --einen Halfpennv das Glas, Jngwerbier!"
Zwischen den Bänken schleichen Weiber mit Körben voll Schafssüße hin und
kreischen: "Hammelkeulen, zwei für 'nen Perro. Wer gibt mir Handgeld?"
und nach ihnen kommt ein Mann mit einem großen Bret voll ,,ki,U>^ antes".

Ferner steht in der Mitte des Markes ein andrer Händler mit den Lecker¬
bissen der Straße. Er hat gepökelte Trompetenschnecken zu verkaufen, die wie
ungeheure Maden in Schüsselchen mit Salzwasser schwimmen. Neben ihm
befindet sich ein Verkaufsstand mit Zuckergebacknem, an dem ein Haufe junger
Söhne Israels gierig um "Boneypartes Rippen" und ähnliche Delicatessen
würfelt.

An dem einen Ende der "Börse" befindet sich ein Kaffee- und Bierhaus,
in dessen Räumen man Juden antrifft, die Dame spielen oder sich, indem sie
für verhandelte Artikel Zahlung leisten oder empfangen, noch etwas abzu¬
zwacken suchen, während einem, wenn man sich durch das Thor entfernt, welches
nach Petticoat Laue führt, draußen ein Mädchen begegnet, welches einen
Pferdeeimer mit Eis trägt und in Tassen von der Größe einer halben Eier¬
schale eine Flüssigkeit verkauft, die wie gefrorener Seifenschaum aussieht, wobei
sie, den Eimer schüttelnd, daß der Inhalt wie zerbrochenes Glas klirrt, unab¬
lässig ausruft: ,,^c"v do^s, dore's ^our coolers, im i^p<Zio> a ^'la^'
-- lui ir^pe-rin^ a Klass."

In der That, auch -Nag Fair ist ein Beispiel für die Größe Londons,
und vielleicht nirgend in der Welt findet sich eine solche Masse von Lumpe"
und Lappen, Moder, Schimmel, Schmuz und'Fäulniß zum Verkauf ausge¬
stellt als in der Trödlerbörse in HoundSditch.




lumpten Kittel, der 'in seinem Fette wie eine Theerdecke glänzt, und von
dem es heißt, daß er Tausende besitze, ist hier einen und alle Tage, um zu
sehen, ob er seinen Schätzen nicht noch ein paar Sirpcnce hinzufügen kann,
indem er um den Wegwurf feilscht, der auf dem Boden ausgebreitet ist. Man
sehe, wie er schweifwedelt und winselt und die Achseln zuckt, indem er jenen
armen Teufel zu verleiten sucht, sich von der silbernen Bleistifthülse, die er
„gefunden" hat, um ein paar Pence weniger, als ihr wirklicher Werth ist, zu
trennen.

Während die Käufer zwischen den Reihen der Verkäufer auf und ab gehen
und jetzt vor den alten Flaschen, Stiefeln, Hüten und Röcken, jetzt vor den
Haufen von Knochen, altem Eisen, Schnürleibern, Frauenkleidern, Schlafröcken
und Westen stehen bleiben, schreit ein dicklippiger Judenknabe von seinem hohen
Verkaufsstande in der Mitte des Marktes mit bezeichnendem Accent: „Jngwer-
bier, einen Halfpennv das Glas! —einen Halfpennv das Glas, Jngwerbier!"
Zwischen den Bänken schleichen Weiber mit Körben voll Schafssüße hin und
kreischen: „Hammelkeulen, zwei für 'nen Perro. Wer gibt mir Handgeld?"
und nach ihnen kommt ein Mann mit einem großen Bret voll ,,ki,U>^ antes".

Ferner steht in der Mitte des Markes ein andrer Händler mit den Lecker¬
bissen der Straße. Er hat gepökelte Trompetenschnecken zu verkaufen, die wie
ungeheure Maden in Schüsselchen mit Salzwasser schwimmen. Neben ihm
befindet sich ein Verkaufsstand mit Zuckergebacknem, an dem ein Haufe junger
Söhne Israels gierig um „Boneypartes Rippen" und ähnliche Delicatessen
würfelt.

An dem einen Ende der „Börse" befindet sich ein Kaffee- und Bierhaus,
in dessen Räumen man Juden antrifft, die Dame spielen oder sich, indem sie
für verhandelte Artikel Zahlung leisten oder empfangen, noch etwas abzu¬
zwacken suchen, während einem, wenn man sich durch das Thor entfernt, welches
nach Petticoat Laue führt, draußen ein Mädchen begegnet, welches einen
Pferdeeimer mit Eis trägt und in Tassen von der Größe einer halben Eier¬
schale eine Flüssigkeit verkauft, die wie gefrorener Seifenschaum aussieht, wobei
sie, den Eimer schüttelnd, daß der Inhalt wie zerbrochenes Glas klirrt, unab¬
lässig ausruft: ,,^c»v do^s, dore's ^our coolers, im i^p<Zio> a ^'la^'
— lui ir^pe-rin^ a Klass."

In der That, auch -Nag Fair ist ein Beispiel für die Größe Londons,
und vielleicht nirgend in der Welt findet sich eine solche Masse von Lumpe»
und Lappen, Moder, Schimmel, Schmuz und'Fäulniß zum Verkauf ausge¬
stellt als in der Trödlerbörse in HoundSditch.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/432>, abgerufen am 05.07.2024.