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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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mir sogar hinzuzufügen mit der Absicht, der katholischen Kirche
wieder die Achtung und Anerkennung zuzuführen, welche ihr zu¬
kommt und die man ihr seit einem Jahrhundert verweigert,
vielleicht sind meine Bemühungen in diesem Sinne keine ver¬
geh ki es en g cocher ... . Ich bin überzeugt, da-H für sein sittliches
und sociales Wohl Frankreich christlich werden muß und daß es,
indem os christlich geworden, katholisch bleiben wird. Ich würde
mir nie verzeihen, etwas zu thun, was dem Fortschritt auf
diesem Wege schaden könnte."

Was ist also natürlicher, als daß England mit seinem Antrage durchfiel.
Es wurden indessen sehr dringende Schritte beim Kaiser gethan, um doch irgend
etwas und wäre es noch so geringes auf dem betretenen Wege durchzusetzen.
Wie man uns mittheilt, wäre der Kaiser nicht ungeneigt, beim Papste dahin
zu wirken, daß dieser seinen (des Kaisers) Brief an Edgar Ney, der seiner
Zeit so viel Aufsehen machte, gewissermaßen verwirkliche. Die Legationen
würden eine unabhängige Regierung und den Loäe "apolvon erhalten. Eng¬
land und Frankreich wären, dies glauben wir mit Bestimmtheit behaupten zu
können, wol einig, allein haben sie auch den Willen England, Oestreich und
Frankreich der päpstlichen Gewalt gegenüber so energisch aufzutreten, als noth¬
wendig wäre, um diese Reform durchzusetzen? Dies ist sehr zweifelhaft und es
müßte sich manches geändert haben, soll beim Beginn der Verhandlung, welche erst
nach Berichterstattung der in der Angelegenheit der Donaufürstenthümer und der
besfarabischen Grenzangelegenheiten ernannten Commission stattzufinden hat, ein
günstiges Resultat zu hoffen sein. Der Kaiser scheint dies zu versprechen, aber
nicht in dem Tone, in dem er Willensmeinungen äußert, von denen kein Rücktritt
mehr möglich ist. Der Ausgangspunkt der Verhandlung wird nicht sowol
das Interesse des Liberalismus in Italien sein, denn dazu fühlt der Congreß,
der einem beschränkten, einem Localkriege folgt, keinen Beruf in sich, so sehr
man auch Kriegsmaschinen hinter dem fünften Punkte -suchen mochte. Der
Ausgangspunkt wird der Rückzug der Franzosen aus Rom und der Oestrei¬
cher aus den Legationen sein. Einfach, ohne Palliativ ist diese Maßregel
nicht auszuführen, das ist aller Welt klar, und verewigen kann sich die
Besetzung des Landes durch fremde Truppen auch-nicht. So hofft man denn
Oestreich und dem Papste begreiflich machen zu können, daß etwas geschehen
müsse, um die päpstliche Gewalt wieder zu einiger Volkstümlichkeit in Italien
zU bringen. Diese Reform, schmeicheln sich die Westmächte, würde dem ver¬
bündeten Piemont auch nützen, weil dieser Fortschritt in Italien als Folge der
sardinischen Hilfsgenossenschaft geltend gemacht werden würde. .Zwar hat man
auch einer direkten Belohnung Sardiniens noch nicht definitiv entsagt, allein
alles, was bisher vorgeschlagen wurde, scheiterte an der Halbheit, mit welcher


mir sogar hinzuzufügen mit der Absicht, der katholischen Kirche
wieder die Achtung und Anerkennung zuzuführen, welche ihr zu¬
kommt und die man ihr seit einem Jahrhundert verweigert,
vielleicht sind meine Bemühungen in diesem Sinne keine ver¬
geh ki es en g cocher ... . Ich bin überzeugt, da-H für sein sittliches
und sociales Wohl Frankreich christlich werden muß und daß es,
indem os christlich geworden, katholisch bleiben wird. Ich würde
mir nie verzeihen, etwas zu thun, was dem Fortschritt auf
diesem Wege schaden könnte."

Was ist also natürlicher, als daß England mit seinem Antrage durchfiel.
Es wurden indessen sehr dringende Schritte beim Kaiser gethan, um doch irgend
etwas und wäre es noch so geringes auf dem betretenen Wege durchzusetzen.
Wie man uns mittheilt, wäre der Kaiser nicht ungeneigt, beim Papste dahin
zu wirken, daß dieser seinen (des Kaisers) Brief an Edgar Ney, der seiner
Zeit so viel Aufsehen machte, gewissermaßen verwirkliche. Die Legationen
würden eine unabhängige Regierung und den Loäe «apolvon erhalten. Eng¬
land und Frankreich wären, dies glauben wir mit Bestimmtheit behaupten zu
können, wol einig, allein haben sie auch den Willen England, Oestreich und
Frankreich der päpstlichen Gewalt gegenüber so energisch aufzutreten, als noth¬
wendig wäre, um diese Reform durchzusetzen? Dies ist sehr zweifelhaft und es
müßte sich manches geändert haben, soll beim Beginn der Verhandlung, welche erst
nach Berichterstattung der in der Angelegenheit der Donaufürstenthümer und der
besfarabischen Grenzangelegenheiten ernannten Commission stattzufinden hat, ein
günstiges Resultat zu hoffen sein. Der Kaiser scheint dies zu versprechen, aber
nicht in dem Tone, in dem er Willensmeinungen äußert, von denen kein Rücktritt
mehr möglich ist. Der Ausgangspunkt der Verhandlung wird nicht sowol
das Interesse des Liberalismus in Italien sein, denn dazu fühlt der Congreß,
der einem beschränkten, einem Localkriege folgt, keinen Beruf in sich, so sehr
man auch Kriegsmaschinen hinter dem fünften Punkte -suchen mochte. Der
Ausgangspunkt wird der Rückzug der Franzosen aus Rom und der Oestrei¬
cher aus den Legationen sein. Einfach, ohne Palliativ ist diese Maßregel
nicht auszuführen, das ist aller Welt klar, und verewigen kann sich die
Besetzung des Landes durch fremde Truppen auch-nicht. So hofft man denn
Oestreich und dem Papste begreiflich machen zu können, daß etwas geschehen
müsse, um die päpstliche Gewalt wieder zu einiger Volkstümlichkeit in Italien
zU bringen. Diese Reform, schmeicheln sich die Westmächte, würde dem ver¬
bündeten Piemont auch nützen, weil dieser Fortschritt in Italien als Folge der
sardinischen Hilfsgenossenschaft geltend gemacht werden würde. .Zwar hat man
auch einer direkten Belohnung Sardiniens noch nicht definitiv entsagt, allein
alles, was bisher vorgeschlagen wurde, scheiterte an der Halbheit, mit welcher


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/42>, abgerufen am 21.06.2024.