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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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her den amerikanischen Demokraten ein bösen Dorn im Auge, und alles wurde
aufgeboten, um ein Einschreiten der Regierung dagegen zu Wege zu bringen.

Die englische Regierung hatte nach Einrichtung der Werkstationen in
Canada und Neuschottland ihren Agenten den strengsten Befehl ertheilt, keinen
Mann innerhalb des Gebiets der Vereinigten Staaten anzuwerben, und die
Neutralitätsgesetze der.Vereinigten Staaten aus das genaueste und gewissen¬
hafteste zu beobachten. Der Speculationsgeist bemächtigte sich aber bald dieser
Sache. Dem amerikanischen Geschäftsmann ist, um mit dem englischen Sprich¬
wort zu reden, alles Fisch, was lnseln Netz kommt, und da die Conjunctur
des Marktes sich so stellte, daß waffenfähige Männer ein guter Erportartikel zu
werden versprachen, so warf sich die Spekulation auf die Branche Recruten.
Es entstanden auf Privatspeculation an verschiedenen amerikanischen Orten Werbe¬
bureaus, welche die Beförderung von Recruten nach Canada und Neuschottland
übernahmen, ein Geschäft, das offenbar gegen die Gesetze der Vereinigten
Staaten verstößt; nur waren die Uebertreter derselben Bürger der Vereinigten
Staaten, und nicht die englischen Agenten, denen bis dahin keine Betheiligung
daran nachgewiesen war. Die englische Regierung hätte daher, als vollkommen
unbetheiligt, die Sache ruhig ihren Gang fortgehen lassen können, aber bei
ihrer Bekanntschaft mit der übergroßen Empfindlichkeit der Nordamerikaner
hielt sie es für das Beste, so wie sie von den, ohne ihr Zuthun geschehenen
Schritten zur Betreibung von Werbungen auf amerikanischem Gebiete Nach¬
richt erhielt, die Werbungen ganz einzustellen, um selbst der Möglichkeit einer
Colliston zuvorzukommen. Sie ertheilte daher bereits am 22. Juni 1833
Befehl, die Werbestationen auf britischen Gebiet in Neuschottland und Canada
ganz aufzuheben.

Vierzehn Tage nach Absendung des Befehls begann der Notenwechsel
zwischen den beiden Regierungen über die Werbungsangelegenheit. Am 6. Juli
überreichte Mr. Buchanan, der Gesandte der Vereinigten Staaten in London,
Lord Clarendon eine Note, in welcher er sich über die Verletzung der Neu-
tralitätsgcsetze durch Personen beschwerte, welche zum Zweck der Anwerbung von
Recruten für das englische Heer innerhalb der Vereinigten Staaten mit oder
ohne Genehmigung der englischen Regierung Schritte gethan hätten. Die
Note schloß mit der Aeußerung: "Der Präsident wird sich sehr freuen, zu er¬
fahren, daß die Regierung Ihrer Majestät zu den Maßregeln, über welche
Beschwerde geführt wird, keine Autorisation ertheilt hat, sondern das Verfahren
ihrer dabei betheiligten Beamten gemißbilligt und entschiedene Maßregeln ge¬
troffen hat, einem Verfahren ein Ende zu machen, welches dem Völkerrecht,
den Gesetzen der Vereinigten Staaten, und den Rücksichten, welche befreundete
Staaten in ihrem Verkehr untereinander stets gegeneinander haben müssen,
gleichmäßig widerspricht."


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her den amerikanischen Demokraten ein bösen Dorn im Auge, und alles wurde
aufgeboten, um ein Einschreiten der Regierung dagegen zu Wege zu bringen.

Die englische Regierung hatte nach Einrichtung der Werkstationen in
Canada und Neuschottland ihren Agenten den strengsten Befehl ertheilt, keinen
Mann innerhalb des Gebiets der Vereinigten Staaten anzuwerben, und die
Neutralitätsgesetze der.Vereinigten Staaten aus das genaueste und gewissen¬
hafteste zu beobachten. Der Speculationsgeist bemächtigte sich aber bald dieser
Sache. Dem amerikanischen Geschäftsmann ist, um mit dem englischen Sprich¬
wort zu reden, alles Fisch, was lnseln Netz kommt, und da die Conjunctur
des Marktes sich so stellte, daß waffenfähige Männer ein guter Erportartikel zu
werden versprachen, so warf sich die Spekulation auf die Branche Recruten.
Es entstanden auf Privatspeculation an verschiedenen amerikanischen Orten Werbe¬
bureaus, welche die Beförderung von Recruten nach Canada und Neuschottland
übernahmen, ein Geschäft, das offenbar gegen die Gesetze der Vereinigten
Staaten verstößt; nur waren die Uebertreter derselben Bürger der Vereinigten
Staaten, und nicht die englischen Agenten, denen bis dahin keine Betheiligung
daran nachgewiesen war. Die englische Regierung hätte daher, als vollkommen
unbetheiligt, die Sache ruhig ihren Gang fortgehen lassen können, aber bei
ihrer Bekanntschaft mit der übergroßen Empfindlichkeit der Nordamerikaner
hielt sie es für das Beste, so wie sie von den, ohne ihr Zuthun geschehenen
Schritten zur Betreibung von Werbungen auf amerikanischem Gebiete Nach¬
richt erhielt, die Werbungen ganz einzustellen, um selbst der Möglichkeit einer
Colliston zuvorzukommen. Sie ertheilte daher bereits am 22. Juni 1833
Befehl, die Werbestationen auf britischen Gebiet in Neuschottland und Canada
ganz aufzuheben.

Vierzehn Tage nach Absendung des Befehls begann der Notenwechsel
zwischen den beiden Regierungen über die Werbungsangelegenheit. Am 6. Juli
überreichte Mr. Buchanan, der Gesandte der Vereinigten Staaten in London,
Lord Clarendon eine Note, in welcher er sich über die Verletzung der Neu-
tralitätsgcsetze durch Personen beschwerte, welche zum Zweck der Anwerbung von
Recruten für das englische Heer innerhalb der Vereinigten Staaten mit oder
ohne Genehmigung der englischen Regierung Schritte gethan hätten. Die
Note schloß mit der Aeußerung: „Der Präsident wird sich sehr freuen, zu er¬
fahren, daß die Regierung Ihrer Majestät zu den Maßregeln, über welche
Beschwerde geführt wird, keine Autorisation ertheilt hat, sondern das Verfahren
ihrer dabei betheiligten Beamten gemißbilligt und entschiedene Maßregeln ge¬
troffen hat, einem Verfahren ein Ende zu machen, welches dem Völkerrecht,
den Gesetzen der Vereinigten Staaten, und den Rücksichten, welche befreundete
Staaten in ihrem Verkehr untereinander stets gegeneinander haben müssen,
gleichmäßig widerspricht."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/411>, abgerufen am 28.07.2024.