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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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Widerstand, den er auf jener Seite fand, sehr häufig in der ihm eigenthüm¬
lichen kräftigen Weise Luft machte, -- daraus, daß die Gutmüthigkeit dieses
Mannes und sein natürliches Gerechtigkeitsgefühl ihn auch bei andern Parteien
das Gute anerkennen ließ, und daß seine Klugheit die politisch und moralisch
verschiedenartigsten Personen und ihr Interesse für seine Zwecke zu benutzen
verstand -- aus dem allen ihn zu einem Träger eines großen politischen
Principes zu machen, das könnte doch nur das Werk einer viel größeren Be¬
griffsverwirrung sein." Er setzt serner auseinander, daß der Verstorbene eben¬
sowenig für einen hervorragenden Repräsentanten der alten regelrechten preußi¬
schen Bureaukratie angesehen werden kann, und fügt zum Schluß eine Be¬
merkung hinzu, der wir die allgemeinste Aufmerksamkeit wünschten, da man in
unsrer Zeit so sehr geneigt ist, den Erfolg über die Grundsätze zu stellen. "Wir
sind weit entfernt, die Vorzüglichkeit der Einrichtungen zu bestreiten, welche die
Stadt Berlin dem organisatorischen Talente und einer nicht genug zu bewun¬
dernden Thätigkeit des Verstorbenen verdankt. Aber wahres und bleibendes
Verdienst erwirbt man sich doch nur um eine Bürgerschaft, wenn man den
Gemeinstnn, die Liebe zum Recht, den Sinn für Sparsamkeit ohne Engherzigkeit,
die Genügsamkeit und die Bürgertugend in ihr fördert, und das kann wieder
nur geschehen, wenn man eine ganz unbedingte Achtung vor den Rechten und
Befugnissen ihrer Vertreter hat und jeden Druck von Oben und jedes andere
nicht streng der Sache entsprechende Mittel vermeidet, um die städtischen Be¬
hörden und Vertreter zu Ausgaben und Einrichtungen zu nöthigen, die sie zu
der Zeit und in der Form in ihrem Gewissen nicht gerechtfertigt finden konn¬
ten."-- Diese und ähnliche treffende Bemerkungen erregen, in uns den Wunsch
und die Hoffnung, daß es Herrn Quedl vergönnt sein möge, durch sorgfältigere
Studien, als er bisher gemacht, sich eine klare politische Stellung zu erwerben
und seine zweifelhaften Ansprüche an den Dank Preußens durch solidere und
bleibendere zu ergänzen. --




Korrespondenzen.
Aus Frankfurt a. M.,

-- Obwol hier eine ganze Armee von
Literaten vom Handwerk lebt, oder vielmehr weil dem so ist, gelangt ans diesem
Mittelpunkt Deutschlands fast nichts von allem in die Oeffentlichkeit, wodurch er
seine eigentliche Wichtigkeit hat. So pflegt man bisher in Deutschland kann: die
Namen der verschiedenen Bundestagsgesandter zu kennen, vielweniger kümmert
man sich um ihren persönlichen und politischen Charakter, ihren Lebenslauf, ihre
Verdienste, ihre Geschäftserfahrung; als wäre der Bundestag von keiner Bedeutung
für Deutschland, als wäre es für die einzelnen Bundesstaaten ganz gleichgiltig.
durch wen sie an demselben vertreten würden.


Widerstand, den er auf jener Seite fand, sehr häufig in der ihm eigenthüm¬
lichen kräftigen Weise Luft machte, — daraus, daß die Gutmüthigkeit dieses
Mannes und sein natürliches Gerechtigkeitsgefühl ihn auch bei andern Parteien
das Gute anerkennen ließ, und daß seine Klugheit die politisch und moralisch
verschiedenartigsten Personen und ihr Interesse für seine Zwecke zu benutzen
verstand — aus dem allen ihn zu einem Träger eines großen politischen
Principes zu machen, das könnte doch nur das Werk einer viel größeren Be¬
griffsverwirrung sein." Er setzt serner auseinander, daß der Verstorbene eben¬
sowenig für einen hervorragenden Repräsentanten der alten regelrechten preußi¬
schen Bureaukratie angesehen werden kann, und fügt zum Schluß eine Be¬
merkung hinzu, der wir die allgemeinste Aufmerksamkeit wünschten, da man in
unsrer Zeit so sehr geneigt ist, den Erfolg über die Grundsätze zu stellen. „Wir
sind weit entfernt, die Vorzüglichkeit der Einrichtungen zu bestreiten, welche die
Stadt Berlin dem organisatorischen Talente und einer nicht genug zu bewun¬
dernden Thätigkeit des Verstorbenen verdankt. Aber wahres und bleibendes
Verdienst erwirbt man sich doch nur um eine Bürgerschaft, wenn man den
Gemeinstnn, die Liebe zum Recht, den Sinn für Sparsamkeit ohne Engherzigkeit,
die Genügsamkeit und die Bürgertugend in ihr fördert, und das kann wieder
nur geschehen, wenn man eine ganz unbedingte Achtung vor den Rechten und
Befugnissen ihrer Vertreter hat und jeden Druck von Oben und jedes andere
nicht streng der Sache entsprechende Mittel vermeidet, um die städtischen Be¬
hörden und Vertreter zu Ausgaben und Einrichtungen zu nöthigen, die sie zu
der Zeit und in der Form in ihrem Gewissen nicht gerechtfertigt finden konn¬
ten."— Diese und ähnliche treffende Bemerkungen erregen, in uns den Wunsch
und die Hoffnung, daß es Herrn Quedl vergönnt sein möge, durch sorgfältigere
Studien, als er bisher gemacht, sich eine klare politische Stellung zu erwerben
und seine zweifelhaften Ansprüche an den Dank Preußens durch solidere und
bleibendere zu ergänzen. —




Korrespondenzen.
Aus Frankfurt a. M.,

— Obwol hier eine ganze Armee von
Literaten vom Handwerk lebt, oder vielmehr weil dem so ist, gelangt ans diesem
Mittelpunkt Deutschlands fast nichts von allem in die Oeffentlichkeit, wodurch er
seine eigentliche Wichtigkeit hat. So pflegt man bisher in Deutschland kann: die
Namen der verschiedenen Bundestagsgesandter zu kennen, vielweniger kümmert
man sich um ihren persönlichen und politischen Charakter, ihren Lebenslauf, ihre
Verdienste, ihre Geschäftserfahrung; als wäre der Bundestag von keiner Bedeutung
für Deutschland, als wäre es für die einzelnen Bundesstaaten ganz gleichgiltig.
durch wen sie an demselben vertreten würden.


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[0326] Widerstand, den er auf jener Seite fand, sehr häufig in der ihm eigenthüm¬ lichen kräftigen Weise Luft machte, — daraus, daß die Gutmüthigkeit dieses Mannes und sein natürliches Gerechtigkeitsgefühl ihn auch bei andern Parteien das Gute anerkennen ließ, und daß seine Klugheit die politisch und moralisch verschiedenartigsten Personen und ihr Interesse für seine Zwecke zu benutzen verstand — aus dem allen ihn zu einem Träger eines großen politischen Principes zu machen, das könnte doch nur das Werk einer viel größeren Be¬ griffsverwirrung sein." Er setzt serner auseinander, daß der Verstorbene eben¬ sowenig für einen hervorragenden Repräsentanten der alten regelrechten preußi¬ schen Bureaukratie angesehen werden kann, und fügt zum Schluß eine Be¬ merkung hinzu, der wir die allgemeinste Aufmerksamkeit wünschten, da man in unsrer Zeit so sehr geneigt ist, den Erfolg über die Grundsätze zu stellen. „Wir sind weit entfernt, die Vorzüglichkeit der Einrichtungen zu bestreiten, welche die Stadt Berlin dem organisatorischen Talente und einer nicht genug zu bewun¬ dernden Thätigkeit des Verstorbenen verdankt. Aber wahres und bleibendes Verdienst erwirbt man sich doch nur um eine Bürgerschaft, wenn man den Gemeinstnn, die Liebe zum Recht, den Sinn für Sparsamkeit ohne Engherzigkeit, die Genügsamkeit und die Bürgertugend in ihr fördert, und das kann wieder nur geschehen, wenn man eine ganz unbedingte Achtung vor den Rechten und Befugnissen ihrer Vertreter hat und jeden Druck von Oben und jedes andere nicht streng der Sache entsprechende Mittel vermeidet, um die städtischen Be¬ hörden und Vertreter zu Ausgaben und Einrichtungen zu nöthigen, die sie zu der Zeit und in der Form in ihrem Gewissen nicht gerechtfertigt finden konn¬ ten."— Diese und ähnliche treffende Bemerkungen erregen, in uns den Wunsch und die Hoffnung, daß es Herrn Quedl vergönnt sein möge, durch sorgfältigere Studien, als er bisher gemacht, sich eine klare politische Stellung zu erwerben und seine zweifelhaften Ansprüche an den Dank Preußens durch solidere und bleibendere zu ergänzen. — Korrespondenzen. Aus Frankfurt a. M., — Obwol hier eine ganze Armee von Literaten vom Handwerk lebt, oder vielmehr weil dem so ist, gelangt ans diesem Mittelpunkt Deutschlands fast nichts von allem in die Oeffentlichkeit, wodurch er seine eigentliche Wichtigkeit hat. So pflegt man bisher in Deutschland kann: die Namen der verschiedenen Bundestagsgesandter zu kennen, vielweniger kümmert man sich um ihren persönlichen und politischen Charakter, ihren Lebenslauf, ihre Verdienste, ihre Geschäftserfahrung; als wäre der Bundestag von keiner Bedeutung für Deutschland, als wäre es für die einzelnen Bundesstaaten ganz gleichgiltig. durch wen sie an demselben vertreten würden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/326>, abgerufen am 22.06.2024.