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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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bestimmte amtliche Stellung. Er kann in dieser Stellung, abgesehen davon,
was er sür die Verbreitung der Ansichten seiner Regierung thut, eznen sehr
- segensreichen Einfluß ausüben, wenn er es nicht versäumt, auf der andern
Seite seiner Regierung einen vollständigen und wahrheitsgetreuer Bericht über
die Tendenzen der Presse und über die Behandlung derselben zu geben. Leider
ist der Antrag des Abgeordneten Mathis, die Preßverhältnisse gesetzlich zu re-
guliren, sür diese Session beseitigt worden, obgleich in der betreffenden Com¬
mission die Mehrzahl aus Anhängern einer Partei bestand, deren Organ, die
Kreuzzeitung, sich warm für den Antrag ausgesprochen hatte. Der Wunsch
nach einer gesetzlichen Regulirung muß also auch von unserer Seite vertagt
werdenund wir versuchen es statt dessen aus einen Uebelstand aufmerksam zu
machen, der aus dem vorhin erwähnten Wege gar wohl durch eine Vorstellung
beseitigt werden könnte.'

Sämmtliche Correspondenten, die zu derpreußischen Negierung in einem
directen oder indirecten Verhältniß stehen, kommen in der wiederholten Ver¬
sicherung überein, daß die Tendenzen der Kreuzzeitungspartei von den Ten¬
denzen der Negierung, wenigstens von einem bestimmten Punkte an, wesentlich
abweichen. Wir sind derselben Ueberzeugung schon aus dem einfachen Grunde,
weil mit den consequent ausgeführten Principien der Kreuzzeitung eine Regie¬
rung überhaupt unmöglich wäre. Allein von den untergeordneten Behörden,
die mit den administrativen Maßregeln gegen die Presse betraut sind, gehen
mehre weiter, als das Ministerium, sie stehen der Kreuzzeitungspartei näher.
Wir selbst können darin eine Erfahrung anführen. An einem Ort, den wir
schon mehrfach in dieser Beziehung berührt haben, wurde bei Gelegenheit einer
Confiscation dem betreffenden Buchhändler eröffnet: es sei wol erlaubt, dfe
Kreuzzeitung anzugreifen, aber es sei nicht erlaubt, die Kreuzzeitungspartei
anzugreifen. Wir- sind fest davon überzeugt, daß jedes Blatt über ähnliche
Erfahrungen zu berichten haben würde. An eine Beschwerde ist hier nicht zu
denken, denn das gesetzliche Verfahren ging seinen geordneten Gang, das Ge¬
richt gab das Blatt frei, und das Recht der vorläufigen Confiscation ist ge¬
setzlich keinen Schranken unterworfen. Hier aber wäre nun der Punkt, wo
von jener Centralstelle für Preßangelegenheiten, welche die Aufgabe hat, zwi¬
schen der öffentlichen Meinung und dem Negierungsshstem eine Vermittelung
anzubahnen, auch nach der andern Seite hin gewirkt würde, denn wie sollte
das Publicum bei der häufigen Wiederkehr solcher Erfahrungen der Versiche¬
rung, die Kreuzzeitungspartei sei mit der Regierungspartei nicht identisch,
Glauben schenken. -- Wir heben diesen Punkt vorläufig hervor, indem wir
uns vorbehalten, aus ähnliche Uebelstände gelegentlich hinzuweisen.




bestimmte amtliche Stellung. Er kann in dieser Stellung, abgesehen davon,
was er sür die Verbreitung der Ansichten seiner Regierung thut, eznen sehr
- segensreichen Einfluß ausüben, wenn er es nicht versäumt, auf der andern
Seite seiner Regierung einen vollständigen und wahrheitsgetreuer Bericht über
die Tendenzen der Presse und über die Behandlung derselben zu geben. Leider
ist der Antrag des Abgeordneten Mathis, die Preßverhältnisse gesetzlich zu re-
guliren, sür diese Session beseitigt worden, obgleich in der betreffenden Com¬
mission die Mehrzahl aus Anhängern einer Partei bestand, deren Organ, die
Kreuzzeitung, sich warm für den Antrag ausgesprochen hatte. Der Wunsch
nach einer gesetzlichen Regulirung muß also auch von unserer Seite vertagt
werdenund wir versuchen es statt dessen aus einen Uebelstand aufmerksam zu
machen, der aus dem vorhin erwähnten Wege gar wohl durch eine Vorstellung
beseitigt werden könnte.'

Sämmtliche Correspondenten, die zu derpreußischen Negierung in einem
directen oder indirecten Verhältniß stehen, kommen in der wiederholten Ver¬
sicherung überein, daß die Tendenzen der Kreuzzeitungspartei von den Ten¬
denzen der Negierung, wenigstens von einem bestimmten Punkte an, wesentlich
abweichen. Wir sind derselben Ueberzeugung schon aus dem einfachen Grunde,
weil mit den consequent ausgeführten Principien der Kreuzzeitung eine Regie¬
rung überhaupt unmöglich wäre. Allein von den untergeordneten Behörden,
die mit den administrativen Maßregeln gegen die Presse betraut sind, gehen
mehre weiter, als das Ministerium, sie stehen der Kreuzzeitungspartei näher.
Wir selbst können darin eine Erfahrung anführen. An einem Ort, den wir
schon mehrfach in dieser Beziehung berührt haben, wurde bei Gelegenheit einer
Confiscation dem betreffenden Buchhändler eröffnet: es sei wol erlaubt, dfe
Kreuzzeitung anzugreifen, aber es sei nicht erlaubt, die Kreuzzeitungspartei
anzugreifen. Wir- sind fest davon überzeugt, daß jedes Blatt über ähnliche
Erfahrungen zu berichten haben würde. An eine Beschwerde ist hier nicht zu
denken, denn das gesetzliche Verfahren ging seinen geordneten Gang, das Ge¬
richt gab das Blatt frei, und das Recht der vorläufigen Confiscation ist ge¬
setzlich keinen Schranken unterworfen. Hier aber wäre nun der Punkt, wo
von jener Centralstelle für Preßangelegenheiten, welche die Aufgabe hat, zwi¬
schen der öffentlichen Meinung und dem Negierungsshstem eine Vermittelung
anzubahnen, auch nach der andern Seite hin gewirkt würde, denn wie sollte
das Publicum bei der häufigen Wiederkehr solcher Erfahrungen der Versiche¬
rung, die Kreuzzeitungspartei sei mit der Regierungspartei nicht identisch,
Glauben schenken. — Wir heben diesen Punkt vorläufig hervor, indem wir
uns vorbehalten, aus ähnliche Uebelstände gelegentlich hinzuweisen.




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[0322] bestimmte amtliche Stellung. Er kann in dieser Stellung, abgesehen davon, was er sür die Verbreitung der Ansichten seiner Regierung thut, eznen sehr - segensreichen Einfluß ausüben, wenn er es nicht versäumt, auf der andern Seite seiner Regierung einen vollständigen und wahrheitsgetreuer Bericht über die Tendenzen der Presse und über die Behandlung derselben zu geben. Leider ist der Antrag des Abgeordneten Mathis, die Preßverhältnisse gesetzlich zu re- guliren, sür diese Session beseitigt worden, obgleich in der betreffenden Com¬ mission die Mehrzahl aus Anhängern einer Partei bestand, deren Organ, die Kreuzzeitung, sich warm für den Antrag ausgesprochen hatte. Der Wunsch nach einer gesetzlichen Regulirung muß also auch von unserer Seite vertagt werdenund wir versuchen es statt dessen aus einen Uebelstand aufmerksam zu machen, der aus dem vorhin erwähnten Wege gar wohl durch eine Vorstellung beseitigt werden könnte.' Sämmtliche Correspondenten, die zu derpreußischen Negierung in einem directen oder indirecten Verhältniß stehen, kommen in der wiederholten Ver¬ sicherung überein, daß die Tendenzen der Kreuzzeitungspartei von den Ten¬ denzen der Negierung, wenigstens von einem bestimmten Punkte an, wesentlich abweichen. Wir sind derselben Ueberzeugung schon aus dem einfachen Grunde, weil mit den consequent ausgeführten Principien der Kreuzzeitung eine Regie¬ rung überhaupt unmöglich wäre. Allein von den untergeordneten Behörden, die mit den administrativen Maßregeln gegen die Presse betraut sind, gehen mehre weiter, als das Ministerium, sie stehen der Kreuzzeitungspartei näher. Wir selbst können darin eine Erfahrung anführen. An einem Ort, den wir schon mehrfach in dieser Beziehung berührt haben, wurde bei Gelegenheit einer Confiscation dem betreffenden Buchhändler eröffnet: es sei wol erlaubt, dfe Kreuzzeitung anzugreifen, aber es sei nicht erlaubt, die Kreuzzeitungspartei anzugreifen. Wir- sind fest davon überzeugt, daß jedes Blatt über ähnliche Erfahrungen zu berichten haben würde. An eine Beschwerde ist hier nicht zu denken, denn das gesetzliche Verfahren ging seinen geordneten Gang, das Ge¬ richt gab das Blatt frei, und das Recht der vorläufigen Confiscation ist ge¬ setzlich keinen Schranken unterworfen. Hier aber wäre nun der Punkt, wo von jener Centralstelle für Preßangelegenheiten, welche die Aufgabe hat, zwi¬ schen der öffentlichen Meinung und dem Negierungsshstem eine Vermittelung anzubahnen, auch nach der andern Seite hin gewirkt würde, denn wie sollte das Publicum bei der häufigen Wiederkehr solcher Erfahrungen der Versiche¬ rung, die Kreuzzeitungspartei sei mit der Regierungspartei nicht identisch, Glauben schenken. — Wir heben diesen Punkt vorläufig hervor, indem wir uns vorbehalten, aus ähnliche Uebelstände gelegentlich hinzuweisen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/322>, abgerufen am 27.07.2024.