Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.seitigen Vorzüge und Mängel ins Ange. -- Was die erste betrifft, so läßt sich seitigen Vorzüge und Mängel ins Ange. — Was die erste betrifft, so läßt sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0246" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/101773"/> <p xml:id="ID_616" prev="#ID_615" next="#ID_617"> seitigen Vorzüge und Mängel ins Ange. — Was die erste betrifft, so läßt sich<lb/> nicht leugnen, daß die nur eine grade Fläche ohne Abschluß, ohne Einfassung<lb/> bildende Thür auch bei dem reichsten Metallschmuck noch etwas Strenges und<lb/> Herdes, behält, ja daß sie grade durch diese Armirung mit Eisen einen sehr ernsten,<lb/> sast finstern Charakter annimmt. Die Anwendung dieser mittelalterlichen Thür¬<lb/> gattung wird daher hauptsächlich auf das Aeußere der Gebäude beschränkt sein, wo<lb/> eine gewisse Kraft und Derbheit am Platze ist. Namentlich aber eignet sie sich zu<lb/> Kirchthüren, insbesondere zu den Voihallen derselben, weil die Banden und der<lb/> damit verbundene Schmuck (wenn nicht eine für das Constructionellc unnöthige<lb/> Wiederholung aus der Kehrseite der Thürflügel stattfinden soll) immer nur auf einer<lb/> Seite erscheint und dieser Mangel, z. B. bei der Hauptthür einer Kirche am wenig¬<lb/> sten fühlbar wird, da diese, einmal geöffnet, sich nicht eher wieder schließt, bis der<lb/> innere Raum von Menschen leer ist und sie diesen wieder vor Profanation ze. zu<lb/> sichern hat. — Ferner werden diese'Thüren vorzugsweise angewandt werden müssen,<lb/> wenn eine bogige Oessnung zu schließen ist, und auch da, wo der obere Abschluß ganz<lb/> fehlt, wie etwa bet den Eingängen einer Umfassungsmauer ze., indem die Streifen<lb/> der Rahmeuthüren weder — wenn nicht gegen die Natur des Holzes, aus dem sie<lb/> ursprünglich gedacht sind, verstoße»' werden soll — in runde Formen übergehen<lb/> können, noch auch die ganze Bildung einer nochmaligen völligen Anschließung auf<lb/> allen Seiten durch das Thürgcwänd entbehren zu können scheint. — Die antiken<lb/> Thüren erscheinen nicht nur leichter, zierlicher, sondern können auch in der That mit<lb/> dem Minimum von Material dauerhaft construirt werden, mit kräftigen Streifen<lb/> und dünnem Füllwcrk; sie gewähren den Vortheil, daß man ihre Füllungen nach<lb/> Willkür theilweise uur durch Gitter zu schließen braucht, um noch Licht oder Luft<lb/> einfallen zu lassen; sie erhalten durch den Rahmen schon in sich einen Abschluß,<lb/> eine gewisse Vollendung, etwas Fertiges; sie geben, wie schou angeführt, den Raum<lb/> zu beziehungsreicheu Bildwerken, wir werden also am häufigsten zum Gebrauche<lb/> derselben uns hingeführt sehen, namentlich bei innern Räumen, wo eine größere<lb/> Zierlichkeit und ein heiterer Charakter vorherrscht. Verwahren müssen wir uns<lb/> aber bei diesem Ausspruche gegen die Zulässigkeit der jetzt allgemein üblichen Thüren<lb/> mit verleimtem Rahmenwerk und glatten Füllungen und das Ganze mit weißer<lb/> Oelfarbe übertüncht! Es ist dies unstreitig das widerwärtigste, handwerksmäßigste<lb/> und gedankenloseste Machwerk, welches sich, wie so manches andre Mißverstandene<lb/> aus antiker Zeit (z. B. die glatten Friese u. tgi.) bei uns eingebürgert hat.<lb/> Ueberall, wo die Mittel gestatten, über das Allernothdürstigste hinauszugehen, wo<lb/> also von Kunstansprüchen die Rede sein kann, sollten diese Thüren durchaus ver¬<lb/> bannt sein. Es ist ja auch so leicht, ihrem ursprünglichen Sinne gerecht zu werben,<lb/> ohne einen übermäßigen Aufwand;-wir müssen nur immer daran festhalten, daß<lb/> der Zusammenhalt der Rahmcnstücke bei ihrer Kreuzung und Ueberplattung äußerlich<lb/> sichtbar gemacht werden muß durch Schraubenköpfe u. tgi., und daß' die entstehende<lb/> Füllung als ein in den Rahmen zum Verschlüsse der Oeffnung eingesetztes Bild¬<lb/> werk erscheinen müsse, möge dieses nun aus Ranken oder Gitterwerk bestehen, welches<lb/> noch Luft und Licht einlassen soll, mögen es Bildertafeln zu völligem Verschließen<lb/> sein; oder, wo beides aus dem einen oder dem andern Grunde nicht zulässig ist,<lb/> können wir uns mit eingesetzten Tafeln von einer edlern Holzgattung begnügen,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0246]
seitigen Vorzüge und Mängel ins Ange. — Was die erste betrifft, so läßt sich
nicht leugnen, daß die nur eine grade Fläche ohne Abschluß, ohne Einfassung
bildende Thür auch bei dem reichsten Metallschmuck noch etwas Strenges und
Herdes, behält, ja daß sie grade durch diese Armirung mit Eisen einen sehr ernsten,
sast finstern Charakter annimmt. Die Anwendung dieser mittelalterlichen Thür¬
gattung wird daher hauptsächlich auf das Aeußere der Gebäude beschränkt sein, wo
eine gewisse Kraft und Derbheit am Platze ist. Namentlich aber eignet sie sich zu
Kirchthüren, insbesondere zu den Voihallen derselben, weil die Banden und der
damit verbundene Schmuck (wenn nicht eine für das Constructionellc unnöthige
Wiederholung aus der Kehrseite der Thürflügel stattfinden soll) immer nur auf einer
Seite erscheint und dieser Mangel, z. B. bei der Hauptthür einer Kirche am wenig¬
sten fühlbar wird, da diese, einmal geöffnet, sich nicht eher wieder schließt, bis der
innere Raum von Menschen leer ist und sie diesen wieder vor Profanation ze. zu
sichern hat. — Ferner werden diese'Thüren vorzugsweise angewandt werden müssen,
wenn eine bogige Oessnung zu schließen ist, und auch da, wo der obere Abschluß ganz
fehlt, wie etwa bet den Eingängen einer Umfassungsmauer ze., indem die Streifen
der Rahmeuthüren weder — wenn nicht gegen die Natur des Holzes, aus dem sie
ursprünglich gedacht sind, verstoße»' werden soll — in runde Formen übergehen
können, noch auch die ganze Bildung einer nochmaligen völligen Anschließung auf
allen Seiten durch das Thürgcwänd entbehren zu können scheint. — Die antiken
Thüren erscheinen nicht nur leichter, zierlicher, sondern können auch in der That mit
dem Minimum von Material dauerhaft construirt werden, mit kräftigen Streifen
und dünnem Füllwcrk; sie gewähren den Vortheil, daß man ihre Füllungen nach
Willkür theilweise uur durch Gitter zu schließen braucht, um noch Licht oder Luft
einfallen zu lassen; sie erhalten durch den Rahmen schon in sich einen Abschluß,
eine gewisse Vollendung, etwas Fertiges; sie geben, wie schou angeführt, den Raum
zu beziehungsreicheu Bildwerken, wir werden also am häufigsten zum Gebrauche
derselben uns hingeführt sehen, namentlich bei innern Räumen, wo eine größere
Zierlichkeit und ein heiterer Charakter vorherrscht. Verwahren müssen wir uns
aber bei diesem Ausspruche gegen die Zulässigkeit der jetzt allgemein üblichen Thüren
mit verleimtem Rahmenwerk und glatten Füllungen und das Ganze mit weißer
Oelfarbe übertüncht! Es ist dies unstreitig das widerwärtigste, handwerksmäßigste
und gedankenloseste Machwerk, welches sich, wie so manches andre Mißverstandene
aus antiker Zeit (z. B. die glatten Friese u. tgi.) bei uns eingebürgert hat.
Ueberall, wo die Mittel gestatten, über das Allernothdürstigste hinauszugehen, wo
also von Kunstansprüchen die Rede sein kann, sollten diese Thüren durchaus ver¬
bannt sein. Es ist ja auch so leicht, ihrem ursprünglichen Sinne gerecht zu werben,
ohne einen übermäßigen Aufwand;-wir müssen nur immer daran festhalten, daß
der Zusammenhalt der Rahmcnstücke bei ihrer Kreuzung und Ueberplattung äußerlich
sichtbar gemacht werden muß durch Schraubenköpfe u. tgi., und daß' die entstehende
Füllung als ein in den Rahmen zum Verschlüsse der Oeffnung eingesetztes Bild¬
werk erscheinen müsse, möge dieses nun aus Ranken oder Gitterwerk bestehen, welches
noch Luft und Licht einlassen soll, mögen es Bildertafeln zu völligem Verschließen
sein; oder, wo beides aus dem einen oder dem andern Grunde nicht zulässig ist,
können wir uns mit eingesetzten Tafeln von einer edlern Holzgattung begnügen,
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