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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band.

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gehört hatte, welche Faust kannten und Augenzeugen seiner magischen und dia¬
bolischen Täuschungen gewesen waren. Derselbe hatte ebenfalls einen dienst¬
baren Geist, in der Gestalt eines Mönchs, der ihm während eines Zeitraums
von vierundzwanzig Jahren folgte. Auch von Hciusdorfius und Lonicer wird
Faust erwähnt und Melanchthon versichert, daß er ihn gekannt habe, so daß
Raudens der Unwissenheit überführt ist, wenn er behauptet, ein solcher Mensch
habe nie in der West eristirt. Mit einem Wort, es ist unleugbar, daß es
Menschen gegeben hat, die in Sprachen reden und über Wissenschaften dis-
curriren konnten, die sie nie gelernt hatten; die Geheimnisse offenbarten, ver¬
borgene Schätze zu Tage förderten, gestohlene Güter aufspürten und die Diebe
anzeigten und unvernünftige Geschöpfe, ja Statuen und Bilder veranlaßten,
zu reden und verständliche Antworten zu geben. Von den jüdischen Tcraphim
wurde das oft gethan: siehe K. 8c>l. .lurodi in Ilos. III., 4; 8oIäen cle Oiis
Kyriis, pars 1, L"p. 2; Ilion. contra, Ksntss, lib. lit., oap. 1t>i. Solches
aber läßt sich nicht unter Mitwirkung bloßer natürlicher Ursachen ausführen
und es ist daher unzweifelhaft, daß, wer dergleichen ausübt, mit dem Satan
un Bunde stehen muß. Demgemäß haben sich auch viele dieses Verbrechens
Angeklagte eines Einverständnisses mit dem Teufel für wirklich schuldig aner¬
kannt, wovon Bodinus, Codronchus, Delrio, Jacqueriuö, Nemigius und andere
eine Menge Beispiele anführen. Hier zu Lande (in Amerika) haben einige Per¬
sonen versichert, daß sie vor mehr als fünfzig Jahren in einem andern Welt¬
theile einem Mann gekannt haben, der von dem ehrgeizigen Verlangen ver¬
zehrt wurde, für einen weisen Mann zu gelten, und zu dem der Teufel mit
dem Versprechen kam, daß er bald in hohem Ruf der Weisheit stehen solle,
wenn er einen Pact mit ihm schließen werde, dessen Bedingungen darin be¬
standen, daß, wenn die Leute sich bei ihm Rathes erholten, er suchen müsse,
sie zu überreden, daß es weder Gott, noch Teufels noch Himmel, noch Hölle
gebe, worauf nach Ablauf einer bestimmten Frist seine Seele dem Teufel zu¬
fallen sollte. Diese Bedingungen wurden angenommen, und da der Mann
hiernach fortfuhr, ein sehr ehrbares Leben zu führen, niemandem Uebles zu¬
fügte und vielen Gutes that, und allmälig den Namen eines Mannes von
außerordentlicher Weisheit erlangte, so kam man von sern und nah herbei,
ihn um Rath zu fragen, und seine Worte wurden von dem gemeinen Volk als
Orakel verehrt. Und seinen Vertrag erfüllend, verbreitete er bei jeder Gelegen¬
heit insgeheim die Grundsätze des Atheismus, ohne daß man argwöhnte, baß
er ein Hexenmeister sei. Aber wenige Wochen, ehe die vom Teufel festgesetzte
Zeit ablief, ward er von unaussprechlicher Gewissensangst ergriffen, so daß er
die geheimen Verhandlungen offenbarte, die zwischen ihm und dem Teufel statt¬
gefunden. Denjenigen, die ihn besuchten, rief er oft mit gräßlichem Brüllen
zu, er wisse jetzt, daß es einen Gott und einen Teufel, einen Himmel und eine


gehört hatte, welche Faust kannten und Augenzeugen seiner magischen und dia¬
bolischen Täuschungen gewesen waren. Derselbe hatte ebenfalls einen dienst¬
baren Geist, in der Gestalt eines Mönchs, der ihm während eines Zeitraums
von vierundzwanzig Jahren folgte. Auch von Hciusdorfius und Lonicer wird
Faust erwähnt und Melanchthon versichert, daß er ihn gekannt habe, so daß
Raudens der Unwissenheit überführt ist, wenn er behauptet, ein solcher Mensch
habe nie in der West eristirt. Mit einem Wort, es ist unleugbar, daß es
Menschen gegeben hat, die in Sprachen reden und über Wissenschaften dis-
curriren konnten, die sie nie gelernt hatten; die Geheimnisse offenbarten, ver¬
borgene Schätze zu Tage förderten, gestohlene Güter aufspürten und die Diebe
anzeigten und unvernünftige Geschöpfe, ja Statuen und Bilder veranlaßten,
zu reden und verständliche Antworten zu geben. Von den jüdischen Tcraphim
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Kyriis, pars 1, L»p. 2; Ilion. contra, Ksntss, lib. lit., oap. 1t>i. Solches
aber läßt sich nicht unter Mitwirkung bloßer natürlicher Ursachen ausführen
und es ist daher unzweifelhaft, daß, wer dergleichen ausübt, mit dem Satan
un Bunde stehen muß. Demgemäß haben sich auch viele dieses Verbrechens
Angeklagte eines Einverständnisses mit dem Teufel für wirklich schuldig aner¬
kannt, wovon Bodinus, Codronchus, Delrio, Jacqueriuö, Nemigius und andere
eine Menge Beispiele anführen. Hier zu Lande (in Amerika) haben einige Per¬
sonen versichert, daß sie vor mehr als fünfzig Jahren in einem andern Welt¬
theile einem Mann gekannt haben, der von dem ehrgeizigen Verlangen ver¬
zehrt wurde, für einen weisen Mann zu gelten, und zu dem der Teufel mit
dem Versprechen kam, daß er bald in hohem Ruf der Weisheit stehen solle,
wenn er einen Pact mit ihm schließen werde, dessen Bedingungen darin be¬
standen, daß, wenn die Leute sich bei ihm Rathes erholten, er suchen müsse,
sie zu überreden, daß es weder Gott, noch Teufels noch Himmel, noch Hölle
gebe, worauf nach Ablauf einer bestimmten Frist seine Seele dem Teufel zu¬
fallen sollte. Diese Bedingungen wurden angenommen, und da der Mann
hiernach fortfuhr, ein sehr ehrbares Leben zu führen, niemandem Uebles zu¬
fügte und vielen Gutes that, und allmälig den Namen eines Mannes von
außerordentlicher Weisheit erlangte, so kam man von sern und nah herbei,
ihn um Rath zu fragen, und seine Worte wurden von dem gemeinen Volk als
Orakel verehrt. Und seinen Vertrag erfüllend, verbreitete er bei jeder Gelegen¬
heit insgeheim die Grundsätze des Atheismus, ohne daß man argwöhnte, baß
er ein Hexenmeister sei. Aber wenige Wochen, ehe die vom Teufel festgesetzte
Zeit ablief, ward er von unaussprechlicher Gewissensangst ergriffen, so daß er
die geheimen Verhandlungen offenbarte, die zwischen ihm und dem Teufel statt¬
gefunden. Denjenigen, die ihn besuchten, rief er oft mit gräßlichem Brüllen
zu, er wisse jetzt, daß es einen Gott und einen Teufel, einen Himmel und eine


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_101526/174>, abgerufen am 27.06.2024.