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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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Anatolicus, einen griechischen Feldherrn, unter der Herrschaft des Theodosius
Mauern erhielt. Nach dem Untergänge deo armenischen Reichs war die Stadt
die Residenz eines der zahlreichen armenischen Fürsten. Die Mongolen er¬
oberten sie 124-1, Im Jahre -1472 kam sie mit Großarmenicn unter persische
und -1322 unt"r türkische Herrschaft. Der Statthalter Abäst empörte sich
-1627, worauf Ehalil die Stadt siebzig Tage lang erfolglos belagerte; erst
-1628 wind sie von Abasi selbst an ChoSrew übergeben; am 23. Juli ward
hier ber Friede zwischen den Türken und Persern geschlossen. Der Eroberung
dieses Bollwerks der Türkei gegen Rußland und Persien durch die Russen im
Jahre -1829 ist bereits oben kurz Erwähnung geschehen; bei dem Interesse,
welches sich heutzutage an diese Gegenden als einen der Schauplätze des
gegenwärtigen orientalischen Krieges knüpft, dürfte es nicht überflüssig er¬
scheinen, wenn wir hier die damaligen Kriegsoperationen unter Paskewitsch
etwas ausführlicher besprechen, und schließlich von der strategischen Bedeutung
reden, welche Erzerum durch seine geographische Lage erhält.

Als Rußland am 26. April -1828 der osmairischen Pforte den Krieg er¬
klärte, stand der Ueberwinder Persiens, Graf Paskewitsch-EriwanSky, mit dem
abgesonderten kaukasischen Armeecorps an den Ufern des Arares, im Besitz
der von Persien abgetretenen Khanate Eriwan und Nachitschewan, einer festen
Basis zu den entschiedensten Operationen gegen die astatische Türkei. Wäh¬
rend nun in Europa daS russische Heer unter Wittgenstein über die Donau bis
tief in die Bulgarei eindrang und am-I-I. October-1828 den Küstenpunkt Varna
eroberte, beherrschte die russische Flotte unter Admiral Greigh das schwarze
Meer, indem sie sowol die europäische, als die asiatische Türkei bedrohte, die
Operationen der Landarmee unterstützte und in Tscherkessten die Festung Araya
sJnli -1828) eroberte. Gleichzeitig eröffnete Paskewitsch den Feldzug in Ar¬
menien. Am -is. Juli -1828 schon nahm er die Grenzfestung Kars mit Sturm,
hierauf die Festung Achalkalaki, welche bis dahin der Stützpunkt sür die
Räuberbanden an der Grenze von Jmeretien gewesen war, schlug dann das
türkische Heer unter Pascha Musiapha und Mehemed Kios aus seinen Ver¬
schanzungen bei der Festung Achalzyk heraus (am 2-1. August), erstürmte diesen
Platz am 24. August, nahm die Citadelle mit Kapitulation und eroberte die
Festung Azkur (Azchur). Nun drang er in das Paschalik Erzerum ein und be¬
mächtigte sich durch Wegnahme der festen Stadt Bajazet (am 8. Sept.), der
Stadt Diadin und des Forts Toprat-Kate, der Karawancnstraßc zwischen
Tauris und Erzerum. General Sipiäghin batie zu gleicher Zeit mit dem
Reservecorps die wegen ihrer Lage bedeutende Festung Poli, auf einer Insel
an der Mündung des Phasis (Rioni), am 27. Juli mit Capitulation genom¬
men. Dadurch beherrschte jetzt Nußland den Handel und die Schiffahrt nach
Trapezunt, nach Batna und andern Küstenplätzen des schwarzen Meeres,


Anatolicus, einen griechischen Feldherrn, unter der Herrschaft des Theodosius
Mauern erhielt. Nach dem Untergänge deo armenischen Reichs war die Stadt
die Residenz eines der zahlreichen armenischen Fürsten. Die Mongolen er¬
oberten sie 124-1, Im Jahre -1472 kam sie mit Großarmenicn unter persische
und -1322 unt«r türkische Herrschaft. Der Statthalter Abäst empörte sich
-1627, worauf Ehalil die Stadt siebzig Tage lang erfolglos belagerte; erst
-1628 wind sie von Abasi selbst an ChoSrew übergeben; am 23. Juli ward
hier ber Friede zwischen den Türken und Persern geschlossen. Der Eroberung
dieses Bollwerks der Türkei gegen Rußland und Persien durch die Russen im
Jahre -1829 ist bereits oben kurz Erwähnung geschehen; bei dem Interesse,
welches sich heutzutage an diese Gegenden als einen der Schauplätze des
gegenwärtigen orientalischen Krieges knüpft, dürfte es nicht überflüssig er¬
scheinen, wenn wir hier die damaligen Kriegsoperationen unter Paskewitsch
etwas ausführlicher besprechen, und schließlich von der strategischen Bedeutung
reden, welche Erzerum durch seine geographische Lage erhält.

Als Rußland am 26. April -1828 der osmairischen Pforte den Krieg er¬
klärte, stand der Ueberwinder Persiens, Graf Paskewitsch-EriwanSky, mit dem
abgesonderten kaukasischen Armeecorps an den Ufern des Arares, im Besitz
der von Persien abgetretenen Khanate Eriwan und Nachitschewan, einer festen
Basis zu den entschiedensten Operationen gegen die astatische Türkei. Wäh¬
rend nun in Europa daS russische Heer unter Wittgenstein über die Donau bis
tief in die Bulgarei eindrang und am-I-I. October-1828 den Küstenpunkt Varna
eroberte, beherrschte die russische Flotte unter Admiral Greigh das schwarze
Meer, indem sie sowol die europäische, als die asiatische Türkei bedrohte, die
Operationen der Landarmee unterstützte und in Tscherkessten die Festung Araya
sJnli -1828) eroberte. Gleichzeitig eröffnete Paskewitsch den Feldzug in Ar¬
menien. Am -is. Juli -1828 schon nahm er die Grenzfestung Kars mit Sturm,
hierauf die Festung Achalkalaki, welche bis dahin der Stützpunkt sür die
Räuberbanden an der Grenze von Jmeretien gewesen war, schlug dann das
türkische Heer unter Pascha Musiapha und Mehemed Kios aus seinen Ver¬
schanzungen bei der Festung Achalzyk heraus (am 2-1. August), erstürmte diesen
Platz am 24. August, nahm die Citadelle mit Kapitulation und eroberte die
Festung Azkur (Azchur). Nun drang er in das Paschalik Erzerum ein und be¬
mächtigte sich durch Wegnahme der festen Stadt Bajazet (am 8. Sept.), der
Stadt Diadin und des Forts Toprat-Kate, der Karawancnstraßc zwischen
Tauris und Erzerum. General Sipiäghin batie zu gleicher Zeit mit dem
Reservecorps die wegen ihrer Lage bedeutende Festung Poli, auf einer Insel
an der Mündung des Phasis (Rioni), am 27. Juli mit Capitulation genom¬
men. Dadurch beherrschte jetzt Nußland den Handel und die Schiffahrt nach
Trapezunt, nach Batna und andern Küstenplätzen des schwarzen Meeres,


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[0093] Anatolicus, einen griechischen Feldherrn, unter der Herrschaft des Theodosius Mauern erhielt. Nach dem Untergänge deo armenischen Reichs war die Stadt die Residenz eines der zahlreichen armenischen Fürsten. Die Mongolen er¬ oberten sie 124-1, Im Jahre -1472 kam sie mit Großarmenicn unter persische und -1322 unt«r türkische Herrschaft. Der Statthalter Abäst empörte sich -1627, worauf Ehalil die Stadt siebzig Tage lang erfolglos belagerte; erst -1628 wind sie von Abasi selbst an ChoSrew übergeben; am 23. Juli ward hier ber Friede zwischen den Türken und Persern geschlossen. Der Eroberung dieses Bollwerks der Türkei gegen Rußland und Persien durch die Russen im Jahre -1829 ist bereits oben kurz Erwähnung geschehen; bei dem Interesse, welches sich heutzutage an diese Gegenden als einen der Schauplätze des gegenwärtigen orientalischen Krieges knüpft, dürfte es nicht überflüssig er¬ scheinen, wenn wir hier die damaligen Kriegsoperationen unter Paskewitsch etwas ausführlicher besprechen, und schließlich von der strategischen Bedeutung reden, welche Erzerum durch seine geographische Lage erhält. Als Rußland am 26. April -1828 der osmairischen Pforte den Krieg er¬ klärte, stand der Ueberwinder Persiens, Graf Paskewitsch-EriwanSky, mit dem abgesonderten kaukasischen Armeecorps an den Ufern des Arares, im Besitz der von Persien abgetretenen Khanate Eriwan und Nachitschewan, einer festen Basis zu den entschiedensten Operationen gegen die astatische Türkei. Wäh¬ rend nun in Europa daS russische Heer unter Wittgenstein über die Donau bis tief in die Bulgarei eindrang und am-I-I. October-1828 den Küstenpunkt Varna eroberte, beherrschte die russische Flotte unter Admiral Greigh das schwarze Meer, indem sie sowol die europäische, als die asiatische Türkei bedrohte, die Operationen der Landarmee unterstützte und in Tscherkessten die Festung Araya sJnli -1828) eroberte. Gleichzeitig eröffnete Paskewitsch den Feldzug in Ar¬ menien. Am -is. Juli -1828 schon nahm er die Grenzfestung Kars mit Sturm, hierauf die Festung Achalkalaki, welche bis dahin der Stützpunkt sür die Räuberbanden an der Grenze von Jmeretien gewesen war, schlug dann das türkische Heer unter Pascha Musiapha und Mehemed Kios aus seinen Ver¬ schanzungen bei der Festung Achalzyk heraus (am 2-1. August), erstürmte diesen Platz am 24. August, nahm die Citadelle mit Kapitulation und eroberte die Festung Azkur (Azchur). Nun drang er in das Paschalik Erzerum ein und be¬ mächtigte sich durch Wegnahme der festen Stadt Bajazet (am 8. Sept.), der Stadt Diadin und des Forts Toprat-Kate, der Karawancnstraßc zwischen Tauris und Erzerum. General Sipiäghin batie zu gleicher Zeit mit dem Reservecorps die wegen ihrer Lage bedeutende Festung Poli, auf einer Insel an der Mündung des Phasis (Rioni), am 27. Juli mit Capitulation genom¬ men. Dadurch beherrschte jetzt Nußland den Handel und die Schiffahrt nach Trapezunt, nach Batna und andern Küstenplätzen des schwarzen Meeres,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/93>, abgerufen am 23.07.2024.