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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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eines brennenden Berges sei. Mehre andre haben Phänomene von derselben
Art erblickt, aber aller Zweifel über diesen Gegenstand schwand, als ein so ge¬
nauer Beobachter, wie Sir William Herschel die Entdeckung von Vulkanen im
Monde anzeigte. Am i. Mai 1783 bemerkte er einen leuchtenden Punkt in dem
dunkeln Theile des Mondes und zwei Berge, welche sich vom i. bis zum 13. Mai
bildeten. Am 19. April 1787 beobachtete er drei Vulkane an verschiedenen
Stellen der verfinsterten Mondscheibe. Zwei von ihnen waren bereits ziemlich
erloschen oder in einem Zustande, in welchem sie eben wieder ausbrechen wollten.
Der dritte aber zeigte eine wirkliche Eruption von Feuer- oder Leuchtstoff.
Am folgenden Tage brannte der Vulkan mit größerer Gewalt, als die ver¬
flossene Nacht und Herschel fand, daß er doppelt so groß als der zweite Jupiter¬
satellit war und folglich mehr als drei englische Meilen im Durchmesser halte.
Sir William beschrieb die Eruption als Aehnlichkeit mit einem Stücke glühen¬
der Holzkohle habend. Diese vulkanischen Feuer (die beiläufig ebensowenig
Eruptionen sein können, als die Punkte auf dem Monde, in welchen eine
frühere Zeit Seen zu erkennen glaubte, wirklich Seen sind) wurden von Cassini,
Capitän Käser, or. Maskelyne und Admiral Smith bemerkt, welcher letztere
mit Recht (?) annimmt, daß sie den angefochtenen Punkt der Eristenz einer Mond¬
atmosphäre über allen Zweifel erheben.''

Wenn andere trotzdem an keine Mondatmosphäre glauben, so nimmt das
den Verfasser Wunder. "Wenn sie daran festhalten, daß die Oberfläche deö
Mondes mit den Kratern zahlloser Tausende von Vulkanen bedeckt ist und wenn
sie wissen, daß nach der Meinung aller Naturforscher Vulkane durch die aus¬
dehnende Macht von Gasen und Dünsten entstehen, welche die geschmolzene
Lava auswerfen und selbst mit ihr in den Aetherraum entweichen, wie können
sie da aus die Vermuthung gerathen, daß diese Gase wieder zerstört werden
und nicht, wie sie nothwendig müssen, eine Atmosphäre um den Mond bil¬
den? Jeder Himmelskörper, dessen Oberfläche vulkanische Ventile zeigt, muß
nothwendig eine Atmosphäre haben."

Laplace glaubt, daß der Mond eine Atmosphäre dünner als daS Vacuum
in einer Luftpumpe hat und die Astronomen Mädler und Beer sind ebenfalls zu
der Ansicht gelangt, daß er eine Atmosphäre besitzt, daß dieselbe aber sehr dünn
ist, indem die geringe Masse des Mondes it>n hindert, viel davon festzuhalten.

"Aber abgesehen von diesen Betrachtungen," sagt Biewster, "behaupten
wir, daß jeder Planet und Satellit im Sonnensystem eine Atmosphäre haben
muß. Materie ohne Wasser und gasartige Elemente, die zu ihr entweder als
anhängende Substanzen oder als wesentliche Theile gehören, ist der Wissen¬
schaft unbekannt. Das Krystallisationswasser der lunarischer Materie muß
während der Thätigkeit der vulkanischen Kräfte frei geworden sein und seinen
Platz um den Körper des Mondes eingenommen haben. Schließlich aber


eines brennenden Berges sei. Mehre andre haben Phänomene von derselben
Art erblickt, aber aller Zweifel über diesen Gegenstand schwand, als ein so ge¬
nauer Beobachter, wie Sir William Herschel die Entdeckung von Vulkanen im
Monde anzeigte. Am i. Mai 1783 bemerkte er einen leuchtenden Punkt in dem
dunkeln Theile des Mondes und zwei Berge, welche sich vom i. bis zum 13. Mai
bildeten. Am 19. April 1787 beobachtete er drei Vulkane an verschiedenen
Stellen der verfinsterten Mondscheibe. Zwei von ihnen waren bereits ziemlich
erloschen oder in einem Zustande, in welchem sie eben wieder ausbrechen wollten.
Der dritte aber zeigte eine wirkliche Eruption von Feuer- oder Leuchtstoff.
Am folgenden Tage brannte der Vulkan mit größerer Gewalt, als die ver¬
flossene Nacht und Herschel fand, daß er doppelt so groß als der zweite Jupiter¬
satellit war und folglich mehr als drei englische Meilen im Durchmesser halte.
Sir William beschrieb die Eruption als Aehnlichkeit mit einem Stücke glühen¬
der Holzkohle habend. Diese vulkanischen Feuer (die beiläufig ebensowenig
Eruptionen sein können, als die Punkte auf dem Monde, in welchen eine
frühere Zeit Seen zu erkennen glaubte, wirklich Seen sind) wurden von Cassini,
Capitän Käser, or. Maskelyne und Admiral Smith bemerkt, welcher letztere
mit Recht (?) annimmt, daß sie den angefochtenen Punkt der Eristenz einer Mond¬
atmosphäre über allen Zweifel erheben.''

Wenn andere trotzdem an keine Mondatmosphäre glauben, so nimmt das
den Verfasser Wunder. „Wenn sie daran festhalten, daß die Oberfläche deö
Mondes mit den Kratern zahlloser Tausende von Vulkanen bedeckt ist und wenn
sie wissen, daß nach der Meinung aller Naturforscher Vulkane durch die aus¬
dehnende Macht von Gasen und Dünsten entstehen, welche die geschmolzene
Lava auswerfen und selbst mit ihr in den Aetherraum entweichen, wie können
sie da aus die Vermuthung gerathen, daß diese Gase wieder zerstört werden
und nicht, wie sie nothwendig müssen, eine Atmosphäre um den Mond bil¬
den? Jeder Himmelskörper, dessen Oberfläche vulkanische Ventile zeigt, muß
nothwendig eine Atmosphäre haben."

Laplace glaubt, daß der Mond eine Atmosphäre dünner als daS Vacuum
in einer Luftpumpe hat und die Astronomen Mädler und Beer sind ebenfalls zu
der Ansicht gelangt, daß er eine Atmosphäre besitzt, daß dieselbe aber sehr dünn
ist, indem die geringe Masse des Mondes it>n hindert, viel davon festzuhalten.

„Aber abgesehen von diesen Betrachtungen," sagt Biewster, „behaupten
wir, daß jeder Planet und Satellit im Sonnensystem eine Atmosphäre haben
muß. Materie ohne Wasser und gasartige Elemente, die zu ihr entweder als
anhängende Substanzen oder als wesentliche Theile gehören, ist der Wissen¬
schaft unbekannt. Das Krystallisationswasser der lunarischer Materie muß
während der Thätigkeit der vulkanischen Kräfte frei geworden sein und seinen
Platz um den Körper des Mondes eingenommen haben. Schließlich aber


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/402>, abgerufen am 23.07.2024.