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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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standeskräfte fordern und zu einer wärmern Anerkennung der Wege und Werke
Gottes führen?

Unter welchen Sonnen, welchen Klimaten And in welchen Wohnungen
diese planetarischen Racen leben und sich bewegen, kann aus der Stelle, welche
sie im System einnehmen und aus den Phänomenen geschlossen werden, welche
sie äußern, wenn man sie mit dem Fernrohr prüft. Es ist vielleicht nicht in
Städten, welche der äußersten Hitze und Kälte ausgesetzt sind, noch in Häusern mit
Händen gemacht, noch auf dem geschäftigen Markte und dem lärmenden Forum,
noch in der Arche, welche auf der Tiefe ruht, daß jene Thaten der Macht
und Vernunft verrichtet werden. Das Wesen von andern, Bau mag seine
Heimath in unterirdischen Städten, gewärmt von Centralfeuern oder in Krystall-
Höhlen, gekühlt von den Fluten des Oceans haben, oder es mag mit den Nereiden
auf der Tiefe schwimmen oder sich mit Adlersftttigen erheben oder mit Tauben¬
flügeln emporsteigen. Unter den dürftigen Vovstelluugen, die wir von den Be¬
dingungen des planetarischen Lebens haben, können'wir einige Ideen von den
Eristenzen um uns sammeln. In den Städten und Wohnungen und Behau¬
sungen der Welt des Instincts auf unsern eignen Planeten können wir, so
roh sie sein mögen, die Lineamente der Städte, Wohnungen und Behausungen
der Vernunft in einer andern Welt verfolgen.

In der That, die deutsche Philosophie mag, wo sie sich auf das Gebiet
der Naturwissenschaften wagte, manchen Fehlgriff gethan haben. Vor solchen
Faseleien aber hat sie uns bewahrt. Kein deutscher Astronom und wäre er
noch so sehr Phantast, dürfte es wagen, dem Publicum ein solches Panorama
von Willkürlichkeiten zu zeigen, ohne sofort allen Credit einzubüßen.

Indem wir nun, fährt Brewster fort, den Beweis für eine Mehrheit be¬
wohnter Welten fortsetzen, würde es Zeit verlieren heißen, wenn wir die Ana¬
logie zwischen der Erde und den andern vier größern Planeten des Systems
in der Weise behandelten, wie wir mit Jupiter gethan haben. Bei einigen
sind die Analogien größer, bei allen aber sind sie hinreichend zahlreich und mäch¬
tig, um vorurtheilsfreie Gemüther zur Zustimmung zu nöthigen.

Im Saturn, Uranus und Neptun nämlich ist die directe Hitze der Sonne
beträchtlich geringer, als die, welche auf den Jupiter fällt. Aber wir haben
bereits gesehen, daß in Betreff des Gesichtssinns und der örtlichen Temperatur
das Licht der Sonne auf diesen Planeten so hell und die Temperatur den
Jahreszeiten so angemessen sein kann, als auf unsrer Erde. Ein größrer Grad
von Reizbarkeit der Membrane des Auges nebst einer erweiterten Pupille ihrer
Bewohner kann dem geometrisch schwachen Lichte eine hinreichende Kraft,
empfunden zu werden, verleihen, während eine andre Beschaffenheit ihrer At¬
mosphäre und ein feurigerer Herd ihrer innern Hitze eine angenehme Tempe¬
ratur auf ihrer Oberfläche erhalten mag.


standeskräfte fordern und zu einer wärmern Anerkennung der Wege und Werke
Gottes führen?

Unter welchen Sonnen, welchen Klimaten And in welchen Wohnungen
diese planetarischen Racen leben und sich bewegen, kann aus der Stelle, welche
sie im System einnehmen und aus den Phänomenen geschlossen werden, welche
sie äußern, wenn man sie mit dem Fernrohr prüft. Es ist vielleicht nicht in
Städten, welche der äußersten Hitze und Kälte ausgesetzt sind, noch in Häusern mit
Händen gemacht, noch auf dem geschäftigen Markte und dem lärmenden Forum,
noch in der Arche, welche auf der Tiefe ruht, daß jene Thaten der Macht
und Vernunft verrichtet werden. Das Wesen von andern, Bau mag seine
Heimath in unterirdischen Städten, gewärmt von Centralfeuern oder in Krystall-
Höhlen, gekühlt von den Fluten des Oceans haben, oder es mag mit den Nereiden
auf der Tiefe schwimmen oder sich mit Adlersftttigen erheben oder mit Tauben¬
flügeln emporsteigen. Unter den dürftigen Vovstelluugen, die wir von den Be¬
dingungen des planetarischen Lebens haben, können'wir einige Ideen von den
Eristenzen um uns sammeln. In den Städten und Wohnungen und Behau¬
sungen der Welt des Instincts auf unsern eignen Planeten können wir, so
roh sie sein mögen, die Lineamente der Städte, Wohnungen und Behausungen
der Vernunft in einer andern Welt verfolgen.

In der That, die deutsche Philosophie mag, wo sie sich auf das Gebiet
der Naturwissenschaften wagte, manchen Fehlgriff gethan haben. Vor solchen
Faseleien aber hat sie uns bewahrt. Kein deutscher Astronom und wäre er
noch so sehr Phantast, dürfte es wagen, dem Publicum ein solches Panorama
von Willkürlichkeiten zu zeigen, ohne sofort allen Credit einzubüßen.

Indem wir nun, fährt Brewster fort, den Beweis für eine Mehrheit be¬
wohnter Welten fortsetzen, würde es Zeit verlieren heißen, wenn wir die Ana¬
logie zwischen der Erde und den andern vier größern Planeten des Systems
in der Weise behandelten, wie wir mit Jupiter gethan haben. Bei einigen
sind die Analogien größer, bei allen aber sind sie hinreichend zahlreich und mäch¬
tig, um vorurtheilsfreie Gemüther zur Zustimmung zu nöthigen.

Im Saturn, Uranus und Neptun nämlich ist die directe Hitze der Sonne
beträchtlich geringer, als die, welche auf den Jupiter fällt. Aber wir haben
bereits gesehen, daß in Betreff des Gesichtssinns und der örtlichen Temperatur
das Licht der Sonne auf diesen Planeten so hell und die Temperatur den
Jahreszeiten so angemessen sein kann, als auf unsrer Erde. Ein größrer Grad
von Reizbarkeit der Membrane des Auges nebst einer erweiterten Pupille ihrer
Bewohner kann dem geometrisch schwachen Lichte eine hinreichende Kraft,
empfunden zu werden, verleihen, während eine andre Beschaffenheit ihrer At¬
mosphäre und ein feurigerer Herd ihrer innern Hitze eine angenehme Tempe¬
ratur auf ihrer Oberfläche erhalten mag.


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[0318] standeskräfte fordern und zu einer wärmern Anerkennung der Wege und Werke Gottes führen? Unter welchen Sonnen, welchen Klimaten And in welchen Wohnungen diese planetarischen Racen leben und sich bewegen, kann aus der Stelle, welche sie im System einnehmen und aus den Phänomenen geschlossen werden, welche sie äußern, wenn man sie mit dem Fernrohr prüft. Es ist vielleicht nicht in Städten, welche der äußersten Hitze und Kälte ausgesetzt sind, noch in Häusern mit Händen gemacht, noch auf dem geschäftigen Markte und dem lärmenden Forum, noch in der Arche, welche auf der Tiefe ruht, daß jene Thaten der Macht und Vernunft verrichtet werden. Das Wesen von andern, Bau mag seine Heimath in unterirdischen Städten, gewärmt von Centralfeuern oder in Krystall- Höhlen, gekühlt von den Fluten des Oceans haben, oder es mag mit den Nereiden auf der Tiefe schwimmen oder sich mit Adlersftttigen erheben oder mit Tauben¬ flügeln emporsteigen. Unter den dürftigen Vovstelluugen, die wir von den Be¬ dingungen des planetarischen Lebens haben, können'wir einige Ideen von den Eristenzen um uns sammeln. In den Städten und Wohnungen und Behau¬ sungen der Welt des Instincts auf unsern eignen Planeten können wir, so roh sie sein mögen, die Lineamente der Städte, Wohnungen und Behausungen der Vernunft in einer andern Welt verfolgen. In der That, die deutsche Philosophie mag, wo sie sich auf das Gebiet der Naturwissenschaften wagte, manchen Fehlgriff gethan haben. Vor solchen Faseleien aber hat sie uns bewahrt. Kein deutscher Astronom und wäre er noch so sehr Phantast, dürfte es wagen, dem Publicum ein solches Panorama von Willkürlichkeiten zu zeigen, ohne sofort allen Credit einzubüßen. Indem wir nun, fährt Brewster fort, den Beweis für eine Mehrheit be¬ wohnter Welten fortsetzen, würde es Zeit verlieren heißen, wenn wir die Ana¬ logie zwischen der Erde und den andern vier größern Planeten des Systems in der Weise behandelten, wie wir mit Jupiter gethan haben. Bei einigen sind die Analogien größer, bei allen aber sind sie hinreichend zahlreich und mäch¬ tig, um vorurtheilsfreie Gemüther zur Zustimmung zu nöthigen. Im Saturn, Uranus und Neptun nämlich ist die directe Hitze der Sonne beträchtlich geringer, als die, welche auf den Jupiter fällt. Aber wir haben bereits gesehen, daß in Betreff des Gesichtssinns und der örtlichen Temperatur das Licht der Sonne auf diesen Planeten so hell und die Temperatur den Jahreszeiten so angemessen sein kann, als auf unsrer Erde. Ein größrer Grad von Reizbarkeit der Membrane des Auges nebst einer erweiterten Pupille ihrer Bewohner kann dem geometrisch schwachen Lichte eine hinreichende Kraft, empfunden zu werden, verleihen, während eine andre Beschaffenheit ihrer At¬ mosphäre und ein feurigerer Herd ihrer innern Hitze eine angenehme Tempe¬ ratur auf ihrer Oberfläche erhalten mag.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/318>, abgerufen am 23.07.2024.