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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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der Sonne entfernteste, noch der ihr am nächsten kreisende. Hinsichtlich des
Lichts, das die Planeten von der Sonne empfangen, hat die Erde weder den
wärmsten, noch den kältesten, noch den Mittelplatz. Hinsichtlich der Zahl von
Monden haben fast alle außerhalb der Bahn der Erde sich bewegenden Pla¬
neten eine größere Zahl. Wenn wir die Erde in Bezug auf ihre Größe, ihre
Gestalt, ihre Dichtheit, die Länge ihres Jahres und die Länge ihres Tages
betrachten, so finden wir nichts,, was uns veranlassen könnte, sie vor den
übrigen Planeten ausgezeichnet zu nennen. Und so sind wir zu dem Schlüsse
berechtigt, daß die Erde vom Schöpfer auch nicht allein den Vorzug erhalten
haben wird, bewohnt zu sein. Um aber zu zeigen, daß die andern Planeten
entweder bewohnt sind oder doch der Aufnahme von Bewohnern entgegen¬
reifen, vergleichen wir nun die Erde mit Jupiter, einem Planeten, der von
der Sonne ferner, als der unsre ist, und dann mit Venus, die ihr näher steht.
^

Der Durchmesser deS Jupiter ist 87,000, der unsrer Erde 7926 (englische)
Meilen. Die Masse des Jupiter ist 1300 mal größer als die Erdmasse.
Schon dies ist ein Beweis, daß er zu einem großartigen und nützlichen Zwecke
erschaffen sein muß. Wie die Erde ist er an seinen Achsen abgeflacht, und er
dreht sich in 9 Stunden 56 Minuten um seine Achse, welches die Länge seines
Tages ist. Er hat verschiedene Klimate und verschiedene Jahreszeiten. Was
aber besonders merkwürdig ist, er wird während seiner kurzen Nacht von vier
Monden erleuchtet. Infolge seiner geringen Achsenneigung kann der Tempe-
raturwechsel seiner Jahreszeiten nicht groß sein, so daß er einen steten Früh¬
ling haben mag. Die Rotation der Erde um ihre Achse bringt Luftströmungen
parallel mit ihrem Aequator hervor, welche den Namen Passatwinde bekommen
haben. Auf der Oberfläche des Jupiter ha^en die Astronomen gegen vierzig
große Streifen oder Gürtel bemerkt, von denen mehre sich bis zu einer weiten
Entfernung von seinem Aequator erstrecken. Große Flecken, welche ihre Ge¬
stalt wechseln, sind ebenfalls häufig aus dem Jupiter gesehen worden. MÄdler
ist der Meinung, daß bei der Länge des Jupiterjahres und der großen Aehn-
lichkeit seiner Jahreszeiten die Wolkenmassen seiner Atmosphäre ihre Gestalt
und Stellung gleichmäßiger bewahren als die der Erde. Die Satelliten des
Jupiter verbreiten auf ihm ein unaufhörliches Mondlicht. Sie unterliegen
Verfinsterungen wie unser Mond, und sie bewirken wie dieser Sonnenfinster¬
nisse. Sie geben ihrem Planeten vier Monate von verschiedener Länge, indem
der eine aus vier Jupitertagen, der andre aus acht, der dritte aus siebzehn
und der letzte aus vierzig derselben besteht.

Brewster meint, diese Aehnlichkeit Jupiters mit der Erde sei so auffallend,
daß vorurtheilsfreie Gemüther dem Schlüsse nicht widerstehen könnten, auch
dieser Planet sei zum Sitze animalischen und intellectuellen Lebens geschaffen.
Die, welche nur eine oberflächliche Kenntniß der Astronomie besitzen, könnten


der Sonne entfernteste, noch der ihr am nächsten kreisende. Hinsichtlich des
Lichts, das die Planeten von der Sonne empfangen, hat die Erde weder den
wärmsten, noch den kältesten, noch den Mittelplatz. Hinsichtlich der Zahl von
Monden haben fast alle außerhalb der Bahn der Erde sich bewegenden Pla¬
neten eine größere Zahl. Wenn wir die Erde in Bezug auf ihre Größe, ihre
Gestalt, ihre Dichtheit, die Länge ihres Jahres und die Länge ihres Tages
betrachten, so finden wir nichts,, was uns veranlassen könnte, sie vor den
übrigen Planeten ausgezeichnet zu nennen. Und so sind wir zu dem Schlüsse
berechtigt, daß die Erde vom Schöpfer auch nicht allein den Vorzug erhalten
haben wird, bewohnt zu sein. Um aber zu zeigen, daß die andern Planeten
entweder bewohnt sind oder doch der Aufnahme von Bewohnern entgegen¬
reifen, vergleichen wir nun die Erde mit Jupiter, einem Planeten, der von
der Sonne ferner, als der unsre ist, und dann mit Venus, die ihr näher steht.
^

Der Durchmesser deS Jupiter ist 87,000, der unsrer Erde 7926 (englische)
Meilen. Die Masse des Jupiter ist 1300 mal größer als die Erdmasse.
Schon dies ist ein Beweis, daß er zu einem großartigen und nützlichen Zwecke
erschaffen sein muß. Wie die Erde ist er an seinen Achsen abgeflacht, und er
dreht sich in 9 Stunden 56 Minuten um seine Achse, welches die Länge seines
Tages ist. Er hat verschiedene Klimate und verschiedene Jahreszeiten. Was
aber besonders merkwürdig ist, er wird während seiner kurzen Nacht von vier
Monden erleuchtet. Infolge seiner geringen Achsenneigung kann der Tempe-
raturwechsel seiner Jahreszeiten nicht groß sein, so daß er einen steten Früh¬
ling haben mag. Die Rotation der Erde um ihre Achse bringt Luftströmungen
parallel mit ihrem Aequator hervor, welche den Namen Passatwinde bekommen
haben. Auf der Oberfläche des Jupiter ha^en die Astronomen gegen vierzig
große Streifen oder Gürtel bemerkt, von denen mehre sich bis zu einer weiten
Entfernung von seinem Aequator erstrecken. Große Flecken, welche ihre Ge¬
stalt wechseln, sind ebenfalls häufig aus dem Jupiter gesehen worden. MÄdler
ist der Meinung, daß bei der Länge des Jupiterjahres und der großen Aehn-
lichkeit seiner Jahreszeiten die Wolkenmassen seiner Atmosphäre ihre Gestalt
und Stellung gleichmäßiger bewahren als die der Erde. Die Satelliten des
Jupiter verbreiten auf ihm ein unaufhörliches Mondlicht. Sie unterliegen
Verfinsterungen wie unser Mond, und sie bewirken wie dieser Sonnenfinster¬
nisse. Sie geben ihrem Planeten vier Monate von verschiedener Länge, indem
der eine aus vier Jupitertagen, der andre aus acht, der dritte aus siebzehn
und der letzte aus vierzig derselben besteht.

Brewster meint, diese Aehnlichkeit Jupiters mit der Erde sei so auffallend,
daß vorurtheilsfreie Gemüther dem Schlüsse nicht widerstehen könnten, auch
dieser Planet sei zum Sitze animalischen und intellectuellen Lebens geschaffen.
Die, welche nur eine oberflächliche Kenntniß der Astronomie besitzen, könnten


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[0314] der Sonne entfernteste, noch der ihr am nächsten kreisende. Hinsichtlich des Lichts, das die Planeten von der Sonne empfangen, hat die Erde weder den wärmsten, noch den kältesten, noch den Mittelplatz. Hinsichtlich der Zahl von Monden haben fast alle außerhalb der Bahn der Erde sich bewegenden Pla¬ neten eine größere Zahl. Wenn wir die Erde in Bezug auf ihre Größe, ihre Gestalt, ihre Dichtheit, die Länge ihres Jahres und die Länge ihres Tages betrachten, so finden wir nichts,, was uns veranlassen könnte, sie vor den übrigen Planeten ausgezeichnet zu nennen. Und so sind wir zu dem Schlüsse berechtigt, daß die Erde vom Schöpfer auch nicht allein den Vorzug erhalten haben wird, bewohnt zu sein. Um aber zu zeigen, daß die andern Planeten entweder bewohnt sind oder doch der Aufnahme von Bewohnern entgegen¬ reifen, vergleichen wir nun die Erde mit Jupiter, einem Planeten, der von der Sonne ferner, als der unsre ist, und dann mit Venus, die ihr näher steht. ^ Der Durchmesser deS Jupiter ist 87,000, der unsrer Erde 7926 (englische) Meilen. Die Masse des Jupiter ist 1300 mal größer als die Erdmasse. Schon dies ist ein Beweis, daß er zu einem großartigen und nützlichen Zwecke erschaffen sein muß. Wie die Erde ist er an seinen Achsen abgeflacht, und er dreht sich in 9 Stunden 56 Minuten um seine Achse, welches die Länge seines Tages ist. Er hat verschiedene Klimate und verschiedene Jahreszeiten. Was aber besonders merkwürdig ist, er wird während seiner kurzen Nacht von vier Monden erleuchtet. Infolge seiner geringen Achsenneigung kann der Tempe- raturwechsel seiner Jahreszeiten nicht groß sein, so daß er einen steten Früh¬ ling haben mag. Die Rotation der Erde um ihre Achse bringt Luftströmungen parallel mit ihrem Aequator hervor, welche den Namen Passatwinde bekommen haben. Auf der Oberfläche des Jupiter ha^en die Astronomen gegen vierzig große Streifen oder Gürtel bemerkt, von denen mehre sich bis zu einer weiten Entfernung von seinem Aequator erstrecken. Große Flecken, welche ihre Ge¬ stalt wechseln, sind ebenfalls häufig aus dem Jupiter gesehen worden. MÄdler ist der Meinung, daß bei der Länge des Jupiterjahres und der großen Aehn- lichkeit seiner Jahreszeiten die Wolkenmassen seiner Atmosphäre ihre Gestalt und Stellung gleichmäßiger bewahren als die der Erde. Die Satelliten des Jupiter verbreiten auf ihm ein unaufhörliches Mondlicht. Sie unterliegen Verfinsterungen wie unser Mond, und sie bewirken wie dieser Sonnenfinster¬ nisse. Sie geben ihrem Planeten vier Monate von verschiedener Länge, indem der eine aus vier Jupitertagen, der andre aus acht, der dritte aus siebzehn und der letzte aus vierzig derselben besteht. Brewster meint, diese Aehnlichkeit Jupiters mit der Erde sei so auffallend, daß vorurtheilsfreie Gemüther dem Schlüsse nicht widerstehen könnten, auch dieser Planet sei zum Sitze animalischen und intellectuellen Lebens geschaffen. Die, welche nur eine oberflächliche Kenntniß der Astronomie besitzen, könnten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/314>, abgerufen am 23.07.2024.