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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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sagen, l^daß alles sogleich abgehen und sich bei seinem Quartier versammeln
sollte, welches denn auch geschieht. Hier werden alle Vorposten vergessen.
Endlich durch Lärmen und Schreien werden solches auch die außenstehenden
Posten gewahr und gehen ohne Befehl weg. Wie nun die Leute von den
Wachen auf den Markt kommen, so sehen sie schon einige Leute wieder mit
ihrer Bagage aus den Quartieren kommen, und nun setzen sie ihre Gewehre
auch hin und gehen auch fort, um ihre Bagage zu holen. Unterdessen schickt
der Major fort, läßt alle unsere Patente abreißen und in den Pulverwagen
schmeißen.

Doch noch nicht genug. -- Die Zeit mochte ihm wol zu lange werden,
bevor die Leute wieder zusammenkamen, oder hatte ihn die Todesangst schon
strcmgulirt, oder wurde er von seinen Herren Kameraden dazu animirt, kurzum:
er beschließt, einstweilen den Aufbruch zu machen, geht hinunter zum Volk
und ruft: Allons! Marsch! obgleich das Volk noch lange nicht zusammen
gewesen. Hier fragte der Hauptmann Bmndis, welcher nicht mit in ihren
Kriegsrath consentiret, was das wäre? worauf ihm der Major v. S... ant¬
wortet, sie marschirten in das breitunger Amt. Der gute Mann, welcher vor
dem meininger Thore lag, läuft nun geschwind nach Hause, wirft seine Sachen
zusammen in den Mantelsack und läßt sie hereinschleppen. Der hätte auch
können verloren gehen. --

Als nun der Capitän Brandes mit dem Musquetier, welchem er seine
Sachen aufgepackt hatte, wieder auf den Sammelplatz kam, so war alles weg,
und es standen nur noch einzelne Gewehre da. Er schickte also seinen Kerl
fort und wartete auf die übrige Mannschaft. Nun muß jedermann glauben:
erstlich hat der Major v. S. .. nicht gewartet, bis alles Volk wieder bei¬
sammen gewesen, noch viel weniger hat er an die Artillerie gedacht, daß solche
auseinander genommen und in die verdeckten Wagen gepackt würde, sondern
er hat blos Marsch! Marsch! gerufen, und die kranken Offiziers (den Capitän
Ruprecht) und die kranken Soldaten vergessen; auch ist er, ohne die Truppen
aufgestellt zu haben, fortmarschirt, sowie der Hirte das Vieh zum Thore hin¬
austreibt, und ist solches ein so schändlicher Anblick gewesen, daß es nicht
genugsam zu beschreiben. --

Hier kömmt nun der Capitän Brandis mit den noch gesammelten Leuten
die Stadt hinunter marschirt, worauf die Bürger ihnen nachrufen: da laufen
sie wie die Spitzbuben; am Tage sind sie hereinmarschirt und des Nachts
laufen sie wieder fort, wie die Schelme und Diebe. Mein guter Major S ...
ist auf und davon; der Capitän Brandis verbeißt alles mit Geduld und mar¬
schirt immer mit seinem Trüppchen sachte nach. Als er heraus vor die Stadt
auf eine Anhöhe kommt, machen einige Wasunger ein bischen Feuer hinter
ihm her, welches wol so versteckte Leute gewesen sind; und als er eine Ecke


sagen, l^daß alles sogleich abgehen und sich bei seinem Quartier versammeln
sollte, welches denn auch geschieht. Hier werden alle Vorposten vergessen.
Endlich durch Lärmen und Schreien werden solches auch die außenstehenden
Posten gewahr und gehen ohne Befehl weg. Wie nun die Leute von den
Wachen auf den Markt kommen, so sehen sie schon einige Leute wieder mit
ihrer Bagage aus den Quartieren kommen, und nun setzen sie ihre Gewehre
auch hin und gehen auch fort, um ihre Bagage zu holen. Unterdessen schickt
der Major fort, läßt alle unsere Patente abreißen und in den Pulverwagen
schmeißen.

Doch noch nicht genug. — Die Zeit mochte ihm wol zu lange werden,
bevor die Leute wieder zusammenkamen, oder hatte ihn die Todesangst schon
strcmgulirt, oder wurde er von seinen Herren Kameraden dazu animirt, kurzum:
er beschließt, einstweilen den Aufbruch zu machen, geht hinunter zum Volk
und ruft: Allons! Marsch! obgleich das Volk noch lange nicht zusammen
gewesen. Hier fragte der Hauptmann Bmndis, welcher nicht mit in ihren
Kriegsrath consentiret, was das wäre? worauf ihm der Major v. S... ant¬
wortet, sie marschirten in das breitunger Amt. Der gute Mann, welcher vor
dem meininger Thore lag, läuft nun geschwind nach Hause, wirft seine Sachen
zusammen in den Mantelsack und läßt sie hereinschleppen. Der hätte auch
können verloren gehen. —

Als nun der Capitän Brandes mit dem Musquetier, welchem er seine
Sachen aufgepackt hatte, wieder auf den Sammelplatz kam, so war alles weg,
und es standen nur noch einzelne Gewehre da. Er schickte also seinen Kerl
fort und wartete auf die übrige Mannschaft. Nun muß jedermann glauben:
erstlich hat der Major v. S. .. nicht gewartet, bis alles Volk wieder bei¬
sammen gewesen, noch viel weniger hat er an die Artillerie gedacht, daß solche
auseinander genommen und in die verdeckten Wagen gepackt würde, sondern
er hat blos Marsch! Marsch! gerufen, und die kranken Offiziers (den Capitän
Ruprecht) und die kranken Soldaten vergessen; auch ist er, ohne die Truppen
aufgestellt zu haben, fortmarschirt, sowie der Hirte das Vieh zum Thore hin¬
austreibt, und ist solches ein so schändlicher Anblick gewesen, daß es nicht
genugsam zu beschreiben. —

Hier kömmt nun der Capitän Brandis mit den noch gesammelten Leuten
die Stadt hinunter marschirt, worauf die Bürger ihnen nachrufen: da laufen
sie wie die Spitzbuben; am Tage sind sie hereinmarschirt und des Nachts
laufen sie wieder fort, wie die Schelme und Diebe. Mein guter Major S ...
ist auf und davon; der Capitän Brandis verbeißt alles mit Geduld und mar¬
schirt immer mit seinem Trüppchen sachte nach. Als er heraus vor die Stadt
auf eine Anhöhe kommt, machen einige Wasunger ein bischen Feuer hinter
ihm her, welches wol so versteckte Leute gewesen sind; und als er eine Ecke


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[0029] sagen, l^daß alles sogleich abgehen und sich bei seinem Quartier versammeln sollte, welches denn auch geschieht. Hier werden alle Vorposten vergessen. Endlich durch Lärmen und Schreien werden solches auch die außenstehenden Posten gewahr und gehen ohne Befehl weg. Wie nun die Leute von den Wachen auf den Markt kommen, so sehen sie schon einige Leute wieder mit ihrer Bagage aus den Quartieren kommen, und nun setzen sie ihre Gewehre auch hin und gehen auch fort, um ihre Bagage zu holen. Unterdessen schickt der Major fort, läßt alle unsere Patente abreißen und in den Pulverwagen schmeißen. Doch noch nicht genug. — Die Zeit mochte ihm wol zu lange werden, bevor die Leute wieder zusammenkamen, oder hatte ihn die Todesangst schon strcmgulirt, oder wurde er von seinen Herren Kameraden dazu animirt, kurzum: er beschließt, einstweilen den Aufbruch zu machen, geht hinunter zum Volk und ruft: Allons! Marsch! obgleich das Volk noch lange nicht zusammen gewesen. Hier fragte der Hauptmann Bmndis, welcher nicht mit in ihren Kriegsrath consentiret, was das wäre? worauf ihm der Major v. S... ant¬ wortet, sie marschirten in das breitunger Amt. Der gute Mann, welcher vor dem meininger Thore lag, läuft nun geschwind nach Hause, wirft seine Sachen zusammen in den Mantelsack und läßt sie hereinschleppen. Der hätte auch können verloren gehen. — Als nun der Capitän Brandes mit dem Musquetier, welchem er seine Sachen aufgepackt hatte, wieder auf den Sammelplatz kam, so war alles weg, und es standen nur noch einzelne Gewehre da. Er schickte also seinen Kerl fort und wartete auf die übrige Mannschaft. Nun muß jedermann glauben: erstlich hat der Major v. S. .. nicht gewartet, bis alles Volk wieder bei¬ sammen gewesen, noch viel weniger hat er an die Artillerie gedacht, daß solche auseinander genommen und in die verdeckten Wagen gepackt würde, sondern er hat blos Marsch! Marsch! gerufen, und die kranken Offiziers (den Capitän Ruprecht) und die kranken Soldaten vergessen; auch ist er, ohne die Truppen aufgestellt zu haben, fortmarschirt, sowie der Hirte das Vieh zum Thore hin¬ austreibt, und ist solches ein so schändlicher Anblick gewesen, daß es nicht genugsam zu beschreiben. — Hier kömmt nun der Capitän Brandis mit den noch gesammelten Leuten die Stadt hinunter marschirt, worauf die Bürger ihnen nachrufen: da laufen sie wie die Spitzbuben; am Tage sind sie hereinmarschirt und des Nachts laufen sie wieder fort, wie die Schelme und Diebe. Mein guter Major S ... ist auf und davon; der Capitän Brandis verbeißt alles mit Geduld und mar¬ schirt immer mit seinem Trüppchen sachte nach. Als er heraus vor die Stadt auf eine Anhöhe kommt, machen einige Wasunger ein bischen Feuer hinter ihm her, welches wol so versteckte Leute gewesen sind; und als er eine Ecke

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/29>, abgerufen am 23.07.2024.