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Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band.

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6 Disciplinarcompagnien, welch letztere auch erst in jüngster Zeit nach
französischem Muster errichtet wurden. In Frankreich sind 12 Compagnien
von zusammen 13--16,000 Mann.

Eine wichtige neue Schöpfung für die k. k. Armee ist die Gendarmerie,
die im Jahre 1830 für den ganzen Staat errichtet wurde, während bisher
nur in den italienischen Provinzen ein Gendarmerieregiment bestand. Die
Gendarmerie zählt jetzt 12 Regimenter mit ungefähr 20,000 Mann,
17,000 zu^Fuß, die übrigen beritten. Alle Gendarmen gehören dem Heere
an und werden von Offizieren desselben commandirt, so daß man sie als eine
starke Vermehrung der Armee betrachten kann. Es können jetzt immerhin bei
einem größern Kriege an 20,000 Mann Truppen weniger im Kaiserreich
zurückgelassen werden. Auch ist die Bestimmung getroffen, daß im Nothfall
eigne Gendarmerieregimenter mit in das Feld rücken und den Dienst in
der Linie gegen den Feind versehen, eine gute Elitetruppe. Frankreich hat
94 Compagnien Gendarmerie -- 23,600 Mann, worunter ungefähr die Hälfte
beritten ist. Preußen ungefähr 800 Mann, die eine ganz andere Organi¬
sation haben.

Die Cavalerie nahm von jeher in der k. k. Armee einen hervorragenden
Rang ein. Kein Staat Europas ist durch die eigenthümliche Beschaffenheit
mancher seiner Provinzen und die besonderen Anlagen, welche die Bewohner
derselben für den Reiterdienst zeigen, so sehr dazu berufen, eine ausgezeich¬
nete Reiterei in das Feld zu stellen. Polen und Ungarn liefern ihm die
gewandtesten Ulanen und Husaren. Böhmen, Mähren und Steiermark
kräftige, gedrungene Kürassiere. Auch an Pferden verschiedener Gattung ist in
dem großen Kaiserreiche nur vorübergehender Mangel und mit Ausnahme der
k. russischen wird wol keine europäische Reiterei nicht allein so gut, sondern
auch so wohlfeil remontirt, wie die k. k. östreichische. Man hat 1830 die Zahl
der Ulancnregimenter von 4 bis auf 12 Regimenter vermehrt, indem man
6 Chevaurlegersregimenter in Ulanen verwandelte und 2 ganz neue Re¬
gimenter, ein slavonisches und ein italienisches errichtete; andere neue Ein¬
richtungen, z. B. Anschaffung des Bocksattels statt des früheren deutschen
bei der schweren Reiterei u. s. w. berühren Einzelheiten.

Die k. k. Reiterei zerfällt ihrer Hauptunterscheidung nach in schwere und
leichte. Die schwere Reiterei zählt erstens 8 Regimenter Kürassiere, das Re¬
giment -- Z Divisionen6 Feld- und 1 Dcpotschwadrvn; die Sollstärke jeder
Feldschwadron ist 6 Offiziere, 1t Unteroffiziere und 173 Mann, zusammen
194 Combattanten mit 180 Pferden. Eine Depotschwadron soll 1t0 Mann
zählen. Ein Kürassierregiment würde hiernach inclusive des Stabes in daS
Feld rücken können mit 1200 Mann, die 1000 Dienstpferde bei sich führen
sollen. Die Kürassiere recrutiren sich nur aus Böhmen, Mähren und Ober-,


Grenzbvte". I. 18ö6. , 29

6 Disciplinarcompagnien, welch letztere auch erst in jüngster Zeit nach
französischem Muster errichtet wurden. In Frankreich sind 12 Compagnien
von zusammen 13—16,000 Mann.

Eine wichtige neue Schöpfung für die k. k. Armee ist die Gendarmerie,
die im Jahre 1830 für den ganzen Staat errichtet wurde, während bisher
nur in den italienischen Provinzen ein Gendarmerieregiment bestand. Die
Gendarmerie zählt jetzt 12 Regimenter mit ungefähr 20,000 Mann,
17,000 zu^Fuß, die übrigen beritten. Alle Gendarmen gehören dem Heere
an und werden von Offizieren desselben commandirt, so daß man sie als eine
starke Vermehrung der Armee betrachten kann. Es können jetzt immerhin bei
einem größern Kriege an 20,000 Mann Truppen weniger im Kaiserreich
zurückgelassen werden. Auch ist die Bestimmung getroffen, daß im Nothfall
eigne Gendarmerieregimenter mit in das Feld rücken und den Dienst in
der Linie gegen den Feind versehen, eine gute Elitetruppe. Frankreich hat
94 Compagnien Gendarmerie — 23,600 Mann, worunter ungefähr die Hälfte
beritten ist. Preußen ungefähr 800 Mann, die eine ganz andere Organi¬
sation haben.

Die Cavalerie nahm von jeher in der k. k. Armee einen hervorragenden
Rang ein. Kein Staat Europas ist durch die eigenthümliche Beschaffenheit
mancher seiner Provinzen und die besonderen Anlagen, welche die Bewohner
derselben für den Reiterdienst zeigen, so sehr dazu berufen, eine ausgezeich¬
nete Reiterei in das Feld zu stellen. Polen und Ungarn liefern ihm die
gewandtesten Ulanen und Husaren. Böhmen, Mähren und Steiermark
kräftige, gedrungene Kürassiere. Auch an Pferden verschiedener Gattung ist in
dem großen Kaiserreiche nur vorübergehender Mangel und mit Ausnahme der
k. russischen wird wol keine europäische Reiterei nicht allein so gut, sondern
auch so wohlfeil remontirt, wie die k. k. östreichische. Man hat 1830 die Zahl
der Ulancnregimenter von 4 bis auf 12 Regimenter vermehrt, indem man
6 Chevaurlegersregimenter in Ulanen verwandelte und 2 ganz neue Re¬
gimenter, ein slavonisches und ein italienisches errichtete; andere neue Ein¬
richtungen, z. B. Anschaffung des Bocksattels statt des früheren deutschen
bei der schweren Reiterei u. s. w. berühren Einzelheiten.

Die k. k. Reiterei zerfällt ihrer Hauptunterscheidung nach in schwere und
leichte. Die schwere Reiterei zählt erstens 8 Regimenter Kürassiere, das Re¬
giment — Z Divisionen6 Feld- und 1 Dcpotschwadrvn; die Sollstärke jeder
Feldschwadron ist 6 Offiziere, 1t Unteroffiziere und 173 Mann, zusammen
194 Combattanten mit 180 Pferden. Eine Depotschwadron soll 1t0 Mann
zählen. Ein Kürassierregiment würde hiernach inclusive des Stabes in daS
Feld rücken können mit 1200 Mann, die 1000 Dienstpferde bei sich führen
sollen. Die Kürassiere recrutiren sich nur aus Böhmen, Mähren und Ober-,


Grenzbvte». I. 18ö6. , 29
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[0233] 6 Disciplinarcompagnien, welch letztere auch erst in jüngster Zeit nach französischem Muster errichtet wurden. In Frankreich sind 12 Compagnien von zusammen 13—16,000 Mann. Eine wichtige neue Schöpfung für die k. k. Armee ist die Gendarmerie, die im Jahre 1830 für den ganzen Staat errichtet wurde, während bisher nur in den italienischen Provinzen ein Gendarmerieregiment bestand. Die Gendarmerie zählt jetzt 12 Regimenter mit ungefähr 20,000 Mann, 17,000 zu^Fuß, die übrigen beritten. Alle Gendarmen gehören dem Heere an und werden von Offizieren desselben commandirt, so daß man sie als eine starke Vermehrung der Armee betrachten kann. Es können jetzt immerhin bei einem größern Kriege an 20,000 Mann Truppen weniger im Kaiserreich zurückgelassen werden. Auch ist die Bestimmung getroffen, daß im Nothfall eigne Gendarmerieregimenter mit in das Feld rücken und den Dienst in der Linie gegen den Feind versehen, eine gute Elitetruppe. Frankreich hat 94 Compagnien Gendarmerie — 23,600 Mann, worunter ungefähr die Hälfte beritten ist. Preußen ungefähr 800 Mann, die eine ganz andere Organi¬ sation haben. Die Cavalerie nahm von jeher in der k. k. Armee einen hervorragenden Rang ein. Kein Staat Europas ist durch die eigenthümliche Beschaffenheit mancher seiner Provinzen und die besonderen Anlagen, welche die Bewohner derselben für den Reiterdienst zeigen, so sehr dazu berufen, eine ausgezeich¬ nete Reiterei in das Feld zu stellen. Polen und Ungarn liefern ihm die gewandtesten Ulanen und Husaren. Böhmen, Mähren und Steiermark kräftige, gedrungene Kürassiere. Auch an Pferden verschiedener Gattung ist in dem großen Kaiserreiche nur vorübergehender Mangel und mit Ausnahme der k. russischen wird wol keine europäische Reiterei nicht allein so gut, sondern auch so wohlfeil remontirt, wie die k. k. östreichische. Man hat 1830 die Zahl der Ulancnregimenter von 4 bis auf 12 Regimenter vermehrt, indem man 6 Chevaurlegersregimenter in Ulanen verwandelte und 2 ganz neue Re¬ gimenter, ein slavonisches und ein italienisches errichtete; andere neue Ein¬ richtungen, z. B. Anschaffung des Bocksattels statt des früheren deutschen bei der schweren Reiterei u. s. w. berühren Einzelheiten. Die k. k. Reiterei zerfällt ihrer Hauptunterscheidung nach in schwere und leichte. Die schwere Reiterei zählt erstens 8 Regimenter Kürassiere, das Re¬ giment — Z Divisionen6 Feld- und 1 Dcpotschwadrvn; die Sollstärke jeder Feldschwadron ist 6 Offiziere, 1t Unteroffiziere und 173 Mann, zusammen 194 Combattanten mit 180 Pferden. Eine Depotschwadron soll 1t0 Mann zählen. Ein Kürassierregiment würde hiernach inclusive des Stabes in daS Feld rücken können mit 1200 Mann, die 1000 Dienstpferde bei sich führen sollen. Die Kürassiere recrutiren sich nur aus Böhmen, Mähren und Ober-, Grenzbvte». I. 18ö6. , 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 15, 1856, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341584_100992/233>, abgerufen am 23.07.2024.