Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Positionen ausfindig zu machen, in denen ein größrer oder geringerer Theil der
eignen Streitlüste sich gegen die feindliche Einsicht und ebendeshalb gegen die
Wirkung der Feuerwaffen des Gegners gedeckt findet. Einsenrungen und rück¬
wärtige Abdachungen, Gebüsche und Waldstückchen bieten hierzu am häufigsten
Gelegenheit dar. Wo sich keine natürliche Deckungen vorfinden, hat die Feld-
befestignngökunft künstliche zu schaffen und zwar kann sie ihre Ausgabe ans
dreierlei Weise lösen, indem sie Einschnitte macht, oder Anschüttungen herstellt,
oder endlich beide miteinander combinirt. Es ist an sich klar, daß ein Mann,
welcher in einen sechs Fuß tiefen Einschnitt gestellt wird, das feindliche Feuer
nicht zu fürchten hat, mit Ausnahme desjenigen der Wurfgeschütze; daß ferner
ein ebenso hoher Erdaufwurf, wenn er die ausreichende Stärke (Dicke) hat, um
von der Vollkugel der schwersten Feldkanone nicht durchbohrt zu werden, ziem¬
lich dieselben Dienste leisten wird und daß endlich nichts Bedenkliches in dem
Sachverhalt sich ändert, wenn die Deckung zur Hälfte durch einen Einschnitt
zur andern Hälfte durch einen Auswurf hergestellt wird. Truppen, welche
man momentan zur Action nicht verwenden, aber in naher Bereitschaft haben
will, wirb man unter den drei gestellten Bedingungen gegen das feindliche
Feuer ziemlich sicher wissen -- aber damit sie mit ihren eignen Feuerwaffen
von den betreffenden Positionen aus in den Kampf einzugreifen vermögen, wird
es noch andrer Vorkehrungen bedürfen. Es ist dies die andre Aufgabe, welche
unter den zweiten Gesichtspunkt gestellt werden muß.

Jeder, welcher ein Gewehr selbst gehandhabt oder handhaben gesehen hat,
wird wissen, daß der ausgestreckte Arm, die Schulter und das Auge dabei noch
freies Spiel haben müssen. Wollte mau einen Einschnitt (Graben) so einrichten,
daß ein auf der Sohle desselben stehender Schütze sein Gewehr gegen den aus¬
wärts stehenden Feind noch zielend abzufeuern vermöchte, so dürfte derselbe
keine größere Tiefe, als etwa vier rheinländische Fuß erhalten. ES sind
dies die sogenannten Schützengräben, welche im neueren Be-
lagcrungskr lege eine so große Rolle zu spielen begonnen haben.
Desgleichen wird, wenn man den Schützen auf den Horizont stellt, ein Erd¬
aufwurf zu seiner Deckung nicht höher, als ebenfalls vier Fuß hoch angeschüttet
werden dürfen, falls er noch von seiner Feuerwaffe nach der feindlichen Seite
hin Gebrauch machen will. Endlich würden, wo Einschnitt und Anschüttung
zu dem Doppelzweck der Deckung und des Wasfengebrauchs verbunden sind, die
Erete des Auswurfs und die Sohle des Grabens leine größere Höhendifferenz
"is die von wiederum vier Fuß trennen dürfen. In Hinsicht auf die Geschütze,
Kanonen wie Haubitzen, würde dieses Maß sich aus drei Fuß oder auf die
sogenannte Kniehöhe reduciren.

Wiewol durch ein derartiges Arrangement bereits Bedeutendes gewonnen,
nämlich vom Schützen die größere Hälfte des Körpers und vom Kanon der


Positionen ausfindig zu machen, in denen ein größrer oder geringerer Theil der
eignen Streitlüste sich gegen die feindliche Einsicht und ebendeshalb gegen die
Wirkung der Feuerwaffen des Gegners gedeckt findet. Einsenrungen und rück¬
wärtige Abdachungen, Gebüsche und Waldstückchen bieten hierzu am häufigsten
Gelegenheit dar. Wo sich keine natürliche Deckungen vorfinden, hat die Feld-
befestignngökunft künstliche zu schaffen und zwar kann sie ihre Ausgabe ans
dreierlei Weise lösen, indem sie Einschnitte macht, oder Anschüttungen herstellt,
oder endlich beide miteinander combinirt. Es ist an sich klar, daß ein Mann,
welcher in einen sechs Fuß tiefen Einschnitt gestellt wird, das feindliche Feuer
nicht zu fürchten hat, mit Ausnahme desjenigen der Wurfgeschütze; daß ferner
ein ebenso hoher Erdaufwurf, wenn er die ausreichende Stärke (Dicke) hat, um
von der Vollkugel der schwersten Feldkanone nicht durchbohrt zu werden, ziem¬
lich dieselben Dienste leisten wird und daß endlich nichts Bedenkliches in dem
Sachverhalt sich ändert, wenn die Deckung zur Hälfte durch einen Einschnitt
zur andern Hälfte durch einen Auswurf hergestellt wird. Truppen, welche
man momentan zur Action nicht verwenden, aber in naher Bereitschaft haben
will, wirb man unter den drei gestellten Bedingungen gegen das feindliche
Feuer ziemlich sicher wissen — aber damit sie mit ihren eignen Feuerwaffen
von den betreffenden Positionen aus in den Kampf einzugreifen vermögen, wird
es noch andrer Vorkehrungen bedürfen. Es ist dies die andre Aufgabe, welche
unter den zweiten Gesichtspunkt gestellt werden muß.

Jeder, welcher ein Gewehr selbst gehandhabt oder handhaben gesehen hat,
wird wissen, daß der ausgestreckte Arm, die Schulter und das Auge dabei noch
freies Spiel haben müssen. Wollte mau einen Einschnitt (Graben) so einrichten,
daß ein auf der Sohle desselben stehender Schütze sein Gewehr gegen den aus¬
wärts stehenden Feind noch zielend abzufeuern vermöchte, so dürfte derselbe
keine größere Tiefe, als etwa vier rheinländische Fuß erhalten. ES sind
dies die sogenannten Schützengräben, welche im neueren Be-
lagcrungskr lege eine so große Rolle zu spielen begonnen haben.
Desgleichen wird, wenn man den Schützen auf den Horizont stellt, ein Erd¬
aufwurf zu seiner Deckung nicht höher, als ebenfalls vier Fuß hoch angeschüttet
werden dürfen, falls er noch von seiner Feuerwaffe nach der feindlichen Seite
hin Gebrauch machen will. Endlich würden, wo Einschnitt und Anschüttung
zu dem Doppelzweck der Deckung und des Wasfengebrauchs verbunden sind, die
Erete des Auswurfs und die Sohle des Grabens leine größere Höhendifferenz
«is die von wiederum vier Fuß trennen dürfen. In Hinsicht auf die Geschütze,
Kanonen wie Haubitzen, würde dieses Maß sich aus drei Fuß oder auf die
sogenannte Kniehöhe reduciren.

Wiewol durch ein derartiges Arrangement bereits Bedeutendes gewonnen,
nämlich vom Schützen die größere Hälfte des Körpers und vom Kanon der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0064" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99984"/>
            <p xml:id="ID_156" prev="#ID_155"> Positionen ausfindig zu machen, in denen ein größrer oder geringerer Theil der<lb/>
eignen Streitlüste sich gegen die feindliche Einsicht und ebendeshalb gegen die<lb/>
Wirkung der Feuerwaffen des Gegners gedeckt findet. Einsenrungen und rück¬<lb/>
wärtige Abdachungen, Gebüsche und Waldstückchen bieten hierzu am häufigsten<lb/>
Gelegenheit dar. Wo sich keine natürliche Deckungen vorfinden, hat die Feld-<lb/>
befestignngökunft künstliche zu schaffen und zwar kann sie ihre Ausgabe ans<lb/>
dreierlei Weise lösen, indem sie Einschnitte macht, oder Anschüttungen herstellt,<lb/>
oder endlich beide miteinander combinirt. Es ist an sich klar, daß ein Mann,<lb/>
welcher in einen sechs Fuß tiefen Einschnitt gestellt wird, das feindliche Feuer<lb/>
nicht zu fürchten hat, mit Ausnahme desjenigen der Wurfgeschütze; daß ferner<lb/>
ein ebenso hoher Erdaufwurf, wenn er die ausreichende Stärke (Dicke) hat, um<lb/>
von der Vollkugel der schwersten Feldkanone nicht durchbohrt zu werden, ziem¬<lb/>
lich dieselben Dienste leisten wird und daß endlich nichts Bedenkliches in dem<lb/>
Sachverhalt sich ändert, wenn die Deckung zur Hälfte durch einen Einschnitt<lb/>
zur andern Hälfte durch einen Auswurf hergestellt wird. Truppen, welche<lb/>
man momentan zur Action nicht verwenden, aber in naher Bereitschaft haben<lb/>
will, wirb man unter den drei gestellten Bedingungen gegen das feindliche<lb/>
Feuer ziemlich sicher wissen &#x2014; aber damit sie mit ihren eignen Feuerwaffen<lb/>
von den betreffenden Positionen aus in den Kampf einzugreifen vermögen, wird<lb/>
es noch andrer Vorkehrungen bedürfen. Es ist dies die andre Aufgabe, welche<lb/>
unter den zweiten Gesichtspunkt gestellt werden muß.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_157"> Jeder, welcher ein Gewehr selbst gehandhabt oder handhaben gesehen hat,<lb/>
wird wissen, daß der ausgestreckte Arm, die Schulter und das Auge dabei noch<lb/>
freies Spiel haben müssen. Wollte mau einen Einschnitt (Graben) so einrichten,<lb/>
daß ein auf der Sohle desselben stehender Schütze sein Gewehr gegen den aus¬<lb/>
wärts stehenden Feind noch zielend abzufeuern vermöchte, so dürfte derselbe<lb/>
keine größere Tiefe, als etwa vier rheinländische Fuß erhalten. ES sind<lb/>
dies die sogenannten Schützengräben, welche im neueren Be-<lb/>
lagcrungskr lege eine so große Rolle zu spielen begonnen haben.<lb/>
Desgleichen wird, wenn man den Schützen auf den Horizont stellt, ein Erd¬<lb/>
aufwurf zu seiner Deckung nicht höher, als ebenfalls vier Fuß hoch angeschüttet<lb/>
werden dürfen, falls er noch von seiner Feuerwaffe nach der feindlichen Seite<lb/>
hin Gebrauch machen will. Endlich würden, wo Einschnitt und Anschüttung<lb/>
zu dem Doppelzweck der Deckung und des Wasfengebrauchs verbunden sind, die<lb/>
Erete des Auswurfs und die Sohle des Grabens leine größere Höhendifferenz<lb/>
«is die von wiederum vier Fuß trennen dürfen. In Hinsicht auf die Geschütze,<lb/>
Kanonen wie Haubitzen, würde dieses Maß sich aus drei Fuß oder auf die<lb/>
sogenannte Kniehöhe reduciren.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_158" next="#ID_159"> Wiewol durch ein derartiges Arrangement bereits Bedeutendes gewonnen,<lb/>
nämlich vom Schützen die größere Hälfte des Körpers und vom Kanon der</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0064] Positionen ausfindig zu machen, in denen ein größrer oder geringerer Theil der eignen Streitlüste sich gegen die feindliche Einsicht und ebendeshalb gegen die Wirkung der Feuerwaffen des Gegners gedeckt findet. Einsenrungen und rück¬ wärtige Abdachungen, Gebüsche und Waldstückchen bieten hierzu am häufigsten Gelegenheit dar. Wo sich keine natürliche Deckungen vorfinden, hat die Feld- befestignngökunft künstliche zu schaffen und zwar kann sie ihre Ausgabe ans dreierlei Weise lösen, indem sie Einschnitte macht, oder Anschüttungen herstellt, oder endlich beide miteinander combinirt. Es ist an sich klar, daß ein Mann, welcher in einen sechs Fuß tiefen Einschnitt gestellt wird, das feindliche Feuer nicht zu fürchten hat, mit Ausnahme desjenigen der Wurfgeschütze; daß ferner ein ebenso hoher Erdaufwurf, wenn er die ausreichende Stärke (Dicke) hat, um von der Vollkugel der schwersten Feldkanone nicht durchbohrt zu werden, ziem¬ lich dieselben Dienste leisten wird und daß endlich nichts Bedenkliches in dem Sachverhalt sich ändert, wenn die Deckung zur Hälfte durch einen Einschnitt zur andern Hälfte durch einen Auswurf hergestellt wird. Truppen, welche man momentan zur Action nicht verwenden, aber in naher Bereitschaft haben will, wirb man unter den drei gestellten Bedingungen gegen das feindliche Feuer ziemlich sicher wissen — aber damit sie mit ihren eignen Feuerwaffen von den betreffenden Positionen aus in den Kampf einzugreifen vermögen, wird es noch andrer Vorkehrungen bedürfen. Es ist dies die andre Aufgabe, welche unter den zweiten Gesichtspunkt gestellt werden muß. Jeder, welcher ein Gewehr selbst gehandhabt oder handhaben gesehen hat, wird wissen, daß der ausgestreckte Arm, die Schulter und das Auge dabei noch freies Spiel haben müssen. Wollte mau einen Einschnitt (Graben) so einrichten, daß ein auf der Sohle desselben stehender Schütze sein Gewehr gegen den aus¬ wärts stehenden Feind noch zielend abzufeuern vermöchte, so dürfte derselbe keine größere Tiefe, als etwa vier rheinländische Fuß erhalten. ES sind dies die sogenannten Schützengräben, welche im neueren Be- lagcrungskr lege eine so große Rolle zu spielen begonnen haben. Desgleichen wird, wenn man den Schützen auf den Horizont stellt, ein Erd¬ aufwurf zu seiner Deckung nicht höher, als ebenfalls vier Fuß hoch angeschüttet werden dürfen, falls er noch von seiner Feuerwaffe nach der feindlichen Seite hin Gebrauch machen will. Endlich würden, wo Einschnitt und Anschüttung zu dem Doppelzweck der Deckung und des Wasfengebrauchs verbunden sind, die Erete des Auswurfs und die Sohle des Grabens leine größere Höhendifferenz «is die von wiederum vier Fuß trennen dürfen. In Hinsicht auf die Geschütze, Kanonen wie Haubitzen, würde dieses Maß sich aus drei Fuß oder auf die sogenannte Kniehöhe reduciren. Wiewol durch ein derartiges Arrangement bereits Bedeutendes gewonnen, nämlich vom Schützen die größere Hälfte des Körpers und vom Kanon der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/64
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/64>, abgerufen am 22.07.2024.