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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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nach meiner Schätzung in einer Länge von etwa sechshundert Schritt. Beide Lang-
seiten des Platzes waren von Gardetruppen eingefaßt, so daß in ihrer Mitte ein
Raum frei blieb, der einem Bataillon gestattet haben würde, in Front darüber
hin zu marschiren. Es war noch kein höherer Pascha zur Stelle. Endlich kam
eine Gruppe zu Fuß, vom anderen Ende des At-Meidan, meinem Aufstellungspunkt
näher. Es war Omer Pascha, der Serdar Ekräm mit seineu Adjutanten. Mir
fiel auf, daß er im Volke nicht gekannt wurde, und links, rechts und hinter mir
Türken und Araber, Armenier und Griechen sich in Vermuthungen darüber er¬
gingen, wer er sein möge. Er trug einen, da wo er nicht mit Goldstickerei bedeckt
war, ius Grüne schimmernden Rock. Sein Bart war noch viel weißer geworden,
als er mir im vergangenen Jahre an der Donau erschienen; außerdem schien es
mir, als sei der Generalissimus bedeutend abgemagert. Aus seinen Ruf wurde ihm
ein prächtig angeschirrtes Pferd gebracht, welches er bestieg, um in der Richtung
nach der Sophienmoschee unter der Menge der Arabas (Wagen) zu verschwinden.
Hiernach verging eine sehr einförmige Viertelstunde. Plötzlich ertönte ein türkisches
Commando; die Truppen nahmen das Gewehr aus -- kein Aufrichten fand statt'--
die Trommel schlug und es wurde das Gewehr präsentirt, während vom Serail
her einige Reiter erschienen. Es waren Herolde. Auf dem Kopfe trugen sie hohe
rothsammetne Fez, mit einer lang und stattlich hernicderhängenden goldenen Quaste.
Der übrige Anzug war ebenfalls roth. Dicht hinter den Herolden erschienen die
vornehmsten Paschen, einzeln zu Pferde und umgeben vou ihren Dienern. Sie
ähnelten in diesem Aufzuge den großen Vasallen, die, von Knappen und Knechten
umgeben, gekommen sind, einem Höheren die Huldigung darzubringen, wie denn
in dem Ganzen ein starker feudaler Zug ausgesprochen lag. Die Minister wurden,
außer von ihren Dienern, ein jeder auch von einer kleinen Schützenwachc, bestehend
aus zwei bis vier Manu, geleitet. Unter diesen Großen des Reiches trat Omer
Pascha immerhin ziemlich unscheinbar auf. Viel Glanz umgab die Paschen der alt-
türkischen-Partei, zumal Mehemmed Ali, den kaiserlichen Schwager. Dagegen erschien
der Großvczier Aali Pascha ziemlich einfach. Reschid Pascha ist mir durch nichts
Besonderes aufgefallen. Endlich rauschte es in der Menge und die Köpfe reckten
sich hörbar und sichtbar empor; fünfzehn bis zwanzig stattliche Pferde erschienen,
von Dienern geführt, sodann Musik, und gleich darauf der Kaiser, Sultan Abdul
Medschid selbst, umgeben von seinem ganzen männlichen Hofstaat, er, unter so-
vielen von Gold und Perlen strotzenden Würdenträgern der einzige Einfache, im
neuen Paletot, aber aus dem Haupt den Fez mit der Reiherfeder und mit su"-
kelnder Diamantagraffe. Brillanten funkelten auch in Ueberfülle auf dem Geschirr
und der Schabracke seines Rosses. Er sah, ich es kann nicht leugnen, ungeachtet sei¬
ner etwas gedrückten Haltung dennoch wie der vornehmste aus unter allen, und
die Leichenblässe seiner Züge schien dies Mal deren feinen Ausdruck noch zu
heben. Unmittelbar hinter dem Gefolge des Sultans schritt eine Trabantengarde
daher, im besonders auffallenden Costüm, deren Kopfputz ich möchte sagen an den
der Indianer in Amerika erinnerte. Bei aller Pracht, welche der Zug zur Schau
stellte, machte er dennoch nicht im mindesten den Eindruck von Eleganz. Mir
scheint, daß er in dieser Hinsicht von jeder berliner oder Potsdamer Parade über-
troffen wird. -- Ich konnte es nicht über mich gewinnen, die Rückkehr des Suk-


nach meiner Schätzung in einer Länge von etwa sechshundert Schritt. Beide Lang-
seiten des Platzes waren von Gardetruppen eingefaßt, so daß in ihrer Mitte ein
Raum frei blieb, der einem Bataillon gestattet haben würde, in Front darüber
hin zu marschiren. Es war noch kein höherer Pascha zur Stelle. Endlich kam
eine Gruppe zu Fuß, vom anderen Ende des At-Meidan, meinem Aufstellungspunkt
näher. Es war Omer Pascha, der Serdar Ekräm mit seineu Adjutanten. Mir
fiel auf, daß er im Volke nicht gekannt wurde, und links, rechts und hinter mir
Türken und Araber, Armenier und Griechen sich in Vermuthungen darüber er¬
gingen, wer er sein möge. Er trug einen, da wo er nicht mit Goldstickerei bedeckt
war, ius Grüne schimmernden Rock. Sein Bart war noch viel weißer geworden,
als er mir im vergangenen Jahre an der Donau erschienen; außerdem schien es
mir, als sei der Generalissimus bedeutend abgemagert. Aus seinen Ruf wurde ihm
ein prächtig angeschirrtes Pferd gebracht, welches er bestieg, um in der Richtung
nach der Sophienmoschee unter der Menge der Arabas (Wagen) zu verschwinden.
Hiernach verging eine sehr einförmige Viertelstunde. Plötzlich ertönte ein türkisches
Commando; die Truppen nahmen das Gewehr aus — kein Aufrichten fand statt'—
die Trommel schlug und es wurde das Gewehr präsentirt, während vom Serail
her einige Reiter erschienen. Es waren Herolde. Auf dem Kopfe trugen sie hohe
rothsammetne Fez, mit einer lang und stattlich hernicderhängenden goldenen Quaste.
Der übrige Anzug war ebenfalls roth. Dicht hinter den Herolden erschienen die
vornehmsten Paschen, einzeln zu Pferde und umgeben vou ihren Dienern. Sie
ähnelten in diesem Aufzuge den großen Vasallen, die, von Knappen und Knechten
umgeben, gekommen sind, einem Höheren die Huldigung darzubringen, wie denn
in dem Ganzen ein starker feudaler Zug ausgesprochen lag. Die Minister wurden,
außer von ihren Dienern, ein jeder auch von einer kleinen Schützenwachc, bestehend
aus zwei bis vier Manu, geleitet. Unter diesen Großen des Reiches trat Omer
Pascha immerhin ziemlich unscheinbar auf. Viel Glanz umgab die Paschen der alt-
türkischen-Partei, zumal Mehemmed Ali, den kaiserlichen Schwager. Dagegen erschien
der Großvczier Aali Pascha ziemlich einfach. Reschid Pascha ist mir durch nichts
Besonderes aufgefallen. Endlich rauschte es in der Menge und die Köpfe reckten
sich hörbar und sichtbar empor; fünfzehn bis zwanzig stattliche Pferde erschienen,
von Dienern geführt, sodann Musik, und gleich darauf der Kaiser, Sultan Abdul
Medschid selbst, umgeben von seinem ganzen männlichen Hofstaat, er, unter so-
vielen von Gold und Perlen strotzenden Würdenträgern der einzige Einfache, im
neuen Paletot, aber aus dem Haupt den Fez mit der Reiherfeder und mit su»-
kelnder Diamantagraffe. Brillanten funkelten auch in Ueberfülle auf dem Geschirr
und der Schabracke seines Rosses. Er sah, ich es kann nicht leugnen, ungeachtet sei¬
ner etwas gedrückten Haltung dennoch wie der vornehmste aus unter allen, und
die Leichenblässe seiner Züge schien dies Mal deren feinen Ausdruck noch zu
heben. Unmittelbar hinter dem Gefolge des Sultans schritt eine Trabantengarde
daher, im besonders auffallenden Costüm, deren Kopfputz ich möchte sagen an den
der Indianer in Amerika erinnerte. Bei aller Pracht, welche der Zug zur Schau
stellte, machte er dennoch nicht im mindesten den Eindruck von Eleganz. Mir
scheint, daß er in dieser Hinsicht von jeder berliner oder Potsdamer Parade über-
troffen wird. — Ich konnte es nicht über mich gewinnen, die Rückkehr des Suk-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/482>, abgerufen am 22.12.2024.