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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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um sie als Keule brauchen zu können. Nutzlose Waffen einem Feind gegen¬
über, den drei Kugeln nicht todten! Ich rief zunächst nach meinem Spcchi
Hamiba, um mir das Gewehr geben zu lassen, das er geladen mir nachtragen
sollte. Er zitterte an allen Gliedern und brachte kaum heraus: "Abgeschossen!"
Mein zweites Gewehr war also nicht mehr geladen; der Unvorsichtige hatte
gleichzeitig mit den andern geschossen und wir waren somit in der Gewalt des
Löwen. Zum Glück für uns und alle fiel er in diesem Augenblicke zwischen
Amar und Rotenburg todt nieder."

Wir könnten noch mancherlei von dem Löwen berichten, Denn wir haben
nur eine flüchtige Blumenlese in dem Werkchen gehalten, müssen aber den
Leser auf dieses selbst verweisen, das auch noch manches Hübsche über Panther
und Hyänen, Wildschweine und Stachelschweine, Antilopen und Hirsche und
deren Jagd in dem französischen Nordafrika erzählt, und das wir als angenehme
Lectüre nochmals männiglich empfehlen.




Der Besuch der Königin von England in Paris.

Der große Krieg im Orient, der zu Anfang bis in seine kleinsten Wen¬
dungen mit der gespanntesten Aufmerksamkeit verfolgt wurde, hat im jetzigen
Augenblick etwas von seinem Interesse verloren; man hat sich allmälig daran
gewöhnt, man ist ziemlich sicher, daß im Lauf des gegenwärtigen Jahres an
eine unmittelbare Berheiligung Deutschlands nicht zu denken ist, es steht auch
für die nächste Zukunft keine Entscheidung in Aussicht, und so gehen die Ge¬
schäfte wieder ihren ruhigen Gang, und wenn man auch noch jeden Abend
eifrig nach den telegraphischen Depeschen sucht, um zu erfahren, wie da hinten
in der Türkei die Völker aufeinanberschlagen, so ist es doch nicht mehr die
fieberhafte Spannung, die eine unmittelbare Betheiligung voraussetzt. In der
Krim ist eine furchtbare, blutige Schlacht geschlagen, in der Ostsee haben die
verbündeten Flotten wenigstens gezeigt, daß sie den Russen noch andre Unbe¬
quemlichkeiten zufügen können, als die Wegnahme von kleinen Lastschiffen,
allein man ist von diesen Erfolgen wenigstens nicht soweit bewegt worden,
wie eS in den Tagen der Schlacht an der Alma geschah. Selbst die offizielle
Versicherung des Kaisers der Franzosen, daß Sebastopol vor Ablauf des
Winters fallen müsse, hat mehr Erstaunen als Aufregung hervorgebracht.

Noch vor einem Vierteljahr, als in London die Rocbucksche UntersuchungS-
commisston in voller Thätigkeit war, dachte man an nichts als an die Noth
der armen Soldaten, und das Murren der Unzufriedenheit, das sich in Eng¬
land gegen die Sorglosigkeit der herrschenden Classen erhob, verbreitete sich


um sie als Keule brauchen zu können. Nutzlose Waffen einem Feind gegen¬
über, den drei Kugeln nicht todten! Ich rief zunächst nach meinem Spcchi
Hamiba, um mir das Gewehr geben zu lassen, das er geladen mir nachtragen
sollte. Er zitterte an allen Gliedern und brachte kaum heraus: „Abgeschossen!"
Mein zweites Gewehr war also nicht mehr geladen; der Unvorsichtige hatte
gleichzeitig mit den andern geschossen und wir waren somit in der Gewalt des
Löwen. Zum Glück für uns und alle fiel er in diesem Augenblicke zwischen
Amar und Rotenburg todt nieder."

Wir könnten noch mancherlei von dem Löwen berichten, Denn wir haben
nur eine flüchtige Blumenlese in dem Werkchen gehalten, müssen aber den
Leser auf dieses selbst verweisen, das auch noch manches Hübsche über Panther
und Hyänen, Wildschweine und Stachelschweine, Antilopen und Hirsche und
deren Jagd in dem französischen Nordafrika erzählt, und das wir als angenehme
Lectüre nochmals männiglich empfehlen.




Der Besuch der Königin von England in Paris.

Der große Krieg im Orient, der zu Anfang bis in seine kleinsten Wen¬
dungen mit der gespanntesten Aufmerksamkeit verfolgt wurde, hat im jetzigen
Augenblick etwas von seinem Interesse verloren; man hat sich allmälig daran
gewöhnt, man ist ziemlich sicher, daß im Lauf des gegenwärtigen Jahres an
eine unmittelbare Berheiligung Deutschlands nicht zu denken ist, es steht auch
für die nächste Zukunft keine Entscheidung in Aussicht, und so gehen die Ge¬
schäfte wieder ihren ruhigen Gang, und wenn man auch noch jeden Abend
eifrig nach den telegraphischen Depeschen sucht, um zu erfahren, wie da hinten
in der Türkei die Völker aufeinanberschlagen, so ist es doch nicht mehr die
fieberhafte Spannung, die eine unmittelbare Betheiligung voraussetzt. In der
Krim ist eine furchtbare, blutige Schlacht geschlagen, in der Ostsee haben die
verbündeten Flotten wenigstens gezeigt, daß sie den Russen noch andre Unbe¬
quemlichkeiten zufügen können, als die Wegnahme von kleinen Lastschiffen,
allein man ist von diesen Erfolgen wenigstens nicht soweit bewegt worden,
wie eS in den Tagen der Schlacht an der Alma geschah. Selbst die offizielle
Versicherung des Kaisers der Franzosen, daß Sebastopol vor Ablauf des
Winters fallen müsse, hat mehr Erstaunen als Aufregung hervorgebracht.

Noch vor einem Vierteljahr, als in London die Rocbucksche UntersuchungS-
commisston in voller Thätigkeit war, dachte man an nichts als an die Noth
der armen Soldaten, und das Murren der Unzufriedenheit, das sich in Eng¬
land gegen die Sorglosigkeit der herrschenden Classen erhob, verbreitete sich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/432>, abgerufen am 22.12.2024.