Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.Säcularisationen anerkannte. Preußen erschien ihm mehr und mehr nur als Am 17. October -1797 wurde endlich der Friede von Campo Formio Wenden wir uns von der äußern zu der innern Politik dieser Zeiten. Säcularisationen anerkannte. Preußen erschien ihm mehr und mehr nur als Am 17. October -1797 wurde endlich der Friede von Campo Formio Wenden wir uns von der äußern zu der innern Politik dieser Zeiten. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0418" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100338"/> <p xml:id="ID_1201" prev="#ID_1200"> Säcularisationen anerkannte. Preußen erschien ihm mehr und mehr nur als<lb/> brauchbar, nicht als furchtbar und Talleyrand, der im Sommer -1797 die Lei¬<lb/> tung der auswärtigen Politik Frankreichs übernahm, sah in Preußen ein<lb/> gutes Mittel, um Oestreichs Macht und Einfluß im Schach zu halten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1202"> Am 17. October -1797 wurde endlich der Friede von Campo Formio<lb/> geschlossen. Oestreich erlangte für Belgien das Herzogthum Mailand, ent¬<lb/> legene und schwer zu behauptende Provinzen, eine vortreffliche Arrondirung<lb/> durch den Besitz Venedigs und die Zusage von Salzburg und einem Theil<lb/> von Baiern. Für seine italienischen Abtretungen , die man auf 580 Quadrat-<lb/> meilen und -1,200,000 Einwohner anschlug, erhielt es über 700 Quadratmeilen<lb/> mit mehr als 2 Millionen Einwohner. Dieser Erfolg sür die Haus macht<lb/> wurde von dem deutschen Reiche bezahlt; greller noch als zuvor Preußen und<lb/> die Neutralen sagte Oestreich sich jetzt vom Reiche los. Es ließ die Abtretung<lb/> des linken Rheinufers zu; nur Eleve, Geldern und Meurs verblieben Preu¬<lb/> ßen, damit dieser Staat nicht als zur Entschädigung berechtigt auftreten könne.<lb/> Es ließ zu, daß Deutschland als die große Entschädigungsmasse sür Europa<lb/> angesehen und fremde Dynastien, wie die oranische, auf Deutschland angewiesen<lb/> wurden. Es gab den Grundsatz der Säcularisationen zu. In den Verträgen<lb/> von Basel und Berlin hatte Preußen den Einfluß Oestreichs im Reiche zu<lb/> beeinträchtigen gesucht; jetzt vergalt ihm Oestreich mit reichen Zinsen, es ließ<lb/> sich von dem Erbfeinde Deutschlands versprechen, Preußen solle keine Gebiets¬<lb/> erweiterung erhalten. Der Erbfeind seinerseits verfolgte die Taktik, Preußen<lb/> auf Oestreich, Oestreich auf Preußen zu Hetzen und durch die Rivalität beider<lb/> nacheinander beide zu erniedrigen. Er sah in dem Frieden eins der Funda¬<lb/> mente seiner Weltherrschaft. Oestreich schien ihm nun nicht mehr gefährlich,<lb/> nur noch England. „ Vereinigen wir unsre ganze Thätigkeit auf die Meere",<lb/> rief er aus, ,,zerstören wir England, dann liegt Europa zu unsern Füßen!"<lb/> Deutschland begrüßte den Frieden mit stupiden Jubel; es fragte nicht nach dem<lb/> Preis, um den er erkauft war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1203" next="#ID_1204"> Wenden wir uns von der äußern zu der innern Politik dieser Zeiten.<lb/> Obgleich Oestreich im Frieden von Campo Formio gewonnen hatte, herrschte<lb/> dort Rückschritt und Verfall. Kaiser Franz II. war ein Mann von gewöhn¬<lb/> lichem Geist und engem, selbstsüchtigen Herzen. Unter ihm setzte sich die<lb/> ertödtende Mandarinenwirthschaft, wie sie vor 4740 gewaltet, von neuem<lb/> fest. Italienische Polizeikünste, ein Netz von Spionen, dem selbst die<lb/> Brüder des Kaisers nicht entgingen, eine erbarmungslose Härte gegen alles,<lb/> was als politisch gefährlich oder feindselig galt, kennzeichneten die Re¬<lb/> gierung. In der Armee wurden selbstständige Talente unterdrückt; es herrschte<lb/> eine unfähige militärische Camarilla. In der Civilverwaltung blieb Josephs II.<lb/> bureaukratisches und mechanisches Administrationswesen; aber die Anregung,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0418]
Säcularisationen anerkannte. Preußen erschien ihm mehr und mehr nur als
brauchbar, nicht als furchtbar und Talleyrand, der im Sommer -1797 die Lei¬
tung der auswärtigen Politik Frankreichs übernahm, sah in Preußen ein
gutes Mittel, um Oestreichs Macht und Einfluß im Schach zu halten.
Am 17. October -1797 wurde endlich der Friede von Campo Formio
geschlossen. Oestreich erlangte für Belgien das Herzogthum Mailand, ent¬
legene und schwer zu behauptende Provinzen, eine vortreffliche Arrondirung
durch den Besitz Venedigs und die Zusage von Salzburg und einem Theil
von Baiern. Für seine italienischen Abtretungen , die man auf 580 Quadrat-
meilen und -1,200,000 Einwohner anschlug, erhielt es über 700 Quadratmeilen
mit mehr als 2 Millionen Einwohner. Dieser Erfolg sür die Haus macht
wurde von dem deutschen Reiche bezahlt; greller noch als zuvor Preußen und
die Neutralen sagte Oestreich sich jetzt vom Reiche los. Es ließ die Abtretung
des linken Rheinufers zu; nur Eleve, Geldern und Meurs verblieben Preu¬
ßen, damit dieser Staat nicht als zur Entschädigung berechtigt auftreten könne.
Es ließ zu, daß Deutschland als die große Entschädigungsmasse sür Europa
angesehen und fremde Dynastien, wie die oranische, auf Deutschland angewiesen
wurden. Es gab den Grundsatz der Säcularisationen zu. In den Verträgen
von Basel und Berlin hatte Preußen den Einfluß Oestreichs im Reiche zu
beeinträchtigen gesucht; jetzt vergalt ihm Oestreich mit reichen Zinsen, es ließ
sich von dem Erbfeinde Deutschlands versprechen, Preußen solle keine Gebiets¬
erweiterung erhalten. Der Erbfeind seinerseits verfolgte die Taktik, Preußen
auf Oestreich, Oestreich auf Preußen zu Hetzen und durch die Rivalität beider
nacheinander beide zu erniedrigen. Er sah in dem Frieden eins der Funda¬
mente seiner Weltherrschaft. Oestreich schien ihm nun nicht mehr gefährlich,
nur noch England. „ Vereinigen wir unsre ganze Thätigkeit auf die Meere",
rief er aus, ,,zerstören wir England, dann liegt Europa zu unsern Füßen!"
Deutschland begrüßte den Frieden mit stupiden Jubel; es fragte nicht nach dem
Preis, um den er erkauft war.
Wenden wir uns von der äußern zu der innern Politik dieser Zeiten.
Obgleich Oestreich im Frieden von Campo Formio gewonnen hatte, herrschte
dort Rückschritt und Verfall. Kaiser Franz II. war ein Mann von gewöhn¬
lichem Geist und engem, selbstsüchtigen Herzen. Unter ihm setzte sich die
ertödtende Mandarinenwirthschaft, wie sie vor 4740 gewaltet, von neuem
fest. Italienische Polizeikünste, ein Netz von Spionen, dem selbst die
Brüder des Kaisers nicht entgingen, eine erbarmungslose Härte gegen alles,
was als politisch gefährlich oder feindselig galt, kennzeichneten die Re¬
gierung. In der Armee wurden selbstständige Talente unterdrückt; es herrschte
eine unfähige militärische Camarilla. In der Civilverwaltung blieb Josephs II.
bureaukratisches und mechanisches Administrationswesen; aber die Anregung,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |