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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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aus Konstantine im Juli 18S0. Man kann nichts Komischeres sehen als ihr
Spielen mit den Affen; diese nehmen in ihren Mähnen vertrauliche Besichti¬
gungen vor; wenn aber Juba diese Familiaritäten, die er sich gefallen läßt,
zu arg werden und er zu drohen und zu brummen anfängt, sind die Affen
mit zwei Sätzen auf der Spitze ihrer Säule und verhöhnen von dort den König
der Thiere." Es läßt sich nicht leugnen, daß Se. Arnaud eine glückliche und
seine Feder besitzt, die auch allerliebste Genrebilder skizziren kann. Doch wir
dürfen über Se. Arnaud den eleganten Briefsteller nicht Sr. Arnaud den po¬
litischen Charakter vergessen. Eine Anekdote, die von ihm erzählt wird, zeich¬
net ihn vortrefflich. Bei einem der früher erwähnten homerischen Gelage, die
Marschall Bugeaud und seinem Gefolge von Deputaten und Schriftstellern
zu Ehren gegeben wurden, sprach man von den Fortschritten der Colonie. Der
Marschall war stolz auf das, was er gethan hatte mit und vollem Rechte.
"Erzählen Sie doch diesen Herren, Oberst, was Sie alles hier gethan haben,
sagte er zu Se. Arnaud. Ist es nicht wahr, daß Sie ihre Colonisten vom
Civilstande sehr gut behandeln, und daß sie sehr zufrieden sind?" "Ganz
entzückt," entgegnete der Oberst, "sie müssen auch bei Gott zufrieden sein ! wenn
sie nicht zufrieden wären, würde ich sie kopfüber in ihre Silos werfen lassen!"
Das ganze NegierungSsvstem des Marschall Samt Arnaud zeigt sich in dieser
energischen Aeußerung seines Vertrauens in die Kraft des Säbels als Negie-
rungsmittel für das menschliche Geschlecht. In diesem Sinne hat er mehre
Provinzen Algeriens, Milianah, Orleansville, Mostaganem, Konstantine ver¬
waltet, nicht ohne glückliche Erfolge, aber stets mit der kräftigen und harten
Hand des Soldaten und mit der gebieterischen Sprache des Herrn. Jede selbst¬
ständige Regung war seinen Augen ein Greuel. "Ich regiere," schreibt er von
Milianah im August 18i2, "und ich regiere fast ohne Controle. Ich habe weder
Kammern, die mich controliren, noch Minister, die mir rathen und meinen
Willen durchkreuzen ... es ist die schönste Epoche meines Lebens, Bruder. ..
dann, ebendaher "ich bin hier eiserner Stab; nichts darf geschehen, was ich
nicht weiß, und was ich nicht befehle. . und meine Municipalcommission, welche
ich fast fortgeschickt hätte! . . . Um hier einen Kirchhof aufzufinden, haben sie
mir eine Verlegenheit bereitet, die zum Lachen wäre, wenn die Sache weniger
wichtig wäre. Ach, die Dummköpfe, die Dummköpfe, immer unverbesserlich
und immer in der Majorität!" In einem andern Briefe aus Orleansville
vom April 1847 findet sich ein ganzes Glaubensbekenntnis;. "Ich habe einen
Brief von unserm Bruder (sein Schwager Hrn. de Forcade) erhalten, der mich einen
alten Aristokraten nennt. Ich glaube, er hat recht; was ich von der Freiheit
gesehen habe, ist schuld daran. Wer als die Presse, die Kammer, eure unnützen Re¬
volutionen, haben die Menschen todtgeschlagen und die Mißbräuche leben lassen?
mit einem Worte, alles was ich alle Tage mit großem Ekel sehe." Endlich


aus Konstantine im Juli 18S0. Man kann nichts Komischeres sehen als ihr
Spielen mit den Affen; diese nehmen in ihren Mähnen vertrauliche Besichti¬
gungen vor; wenn aber Juba diese Familiaritäten, die er sich gefallen läßt,
zu arg werden und er zu drohen und zu brummen anfängt, sind die Affen
mit zwei Sätzen auf der Spitze ihrer Säule und verhöhnen von dort den König
der Thiere." Es läßt sich nicht leugnen, daß Se. Arnaud eine glückliche und
seine Feder besitzt, die auch allerliebste Genrebilder skizziren kann. Doch wir
dürfen über Se. Arnaud den eleganten Briefsteller nicht Sr. Arnaud den po¬
litischen Charakter vergessen. Eine Anekdote, die von ihm erzählt wird, zeich¬
net ihn vortrefflich. Bei einem der früher erwähnten homerischen Gelage, die
Marschall Bugeaud und seinem Gefolge von Deputaten und Schriftstellern
zu Ehren gegeben wurden, sprach man von den Fortschritten der Colonie. Der
Marschall war stolz auf das, was er gethan hatte mit und vollem Rechte.
„Erzählen Sie doch diesen Herren, Oberst, was Sie alles hier gethan haben,
sagte er zu Se. Arnaud. Ist es nicht wahr, daß Sie ihre Colonisten vom
Civilstande sehr gut behandeln, und daß sie sehr zufrieden sind?" „Ganz
entzückt," entgegnete der Oberst, „sie müssen auch bei Gott zufrieden sein ! wenn
sie nicht zufrieden wären, würde ich sie kopfüber in ihre Silos werfen lassen!"
Das ganze NegierungSsvstem des Marschall Samt Arnaud zeigt sich in dieser
energischen Aeußerung seines Vertrauens in die Kraft des Säbels als Negie-
rungsmittel für das menschliche Geschlecht. In diesem Sinne hat er mehre
Provinzen Algeriens, Milianah, Orleansville, Mostaganem, Konstantine ver¬
waltet, nicht ohne glückliche Erfolge, aber stets mit der kräftigen und harten
Hand des Soldaten und mit der gebieterischen Sprache des Herrn. Jede selbst¬
ständige Regung war seinen Augen ein Greuel. „Ich regiere," schreibt er von
Milianah im August 18i2, „und ich regiere fast ohne Controle. Ich habe weder
Kammern, die mich controliren, noch Minister, die mir rathen und meinen
Willen durchkreuzen ... es ist die schönste Epoche meines Lebens, Bruder. ..
dann, ebendaher „ich bin hier eiserner Stab; nichts darf geschehen, was ich
nicht weiß, und was ich nicht befehle. . und meine Municipalcommission, welche
ich fast fortgeschickt hätte! . . . Um hier einen Kirchhof aufzufinden, haben sie
mir eine Verlegenheit bereitet, die zum Lachen wäre, wenn die Sache weniger
wichtig wäre. Ach, die Dummköpfe, die Dummköpfe, immer unverbesserlich
und immer in der Majorität!" In einem andern Briefe aus Orleansville
vom April 1847 findet sich ein ganzes Glaubensbekenntnis;. „Ich habe einen
Brief von unserm Bruder (sein Schwager Hrn. de Forcade) erhalten, der mich einen
alten Aristokraten nennt. Ich glaube, er hat recht; was ich von der Freiheit
gesehen habe, ist schuld daran. Wer als die Presse, die Kammer, eure unnützen Re¬
volutionen, haben die Menschen todtgeschlagen und die Mißbräuche leben lassen?
mit einem Worte, alles was ich alle Tage mit großem Ekel sehe." Endlich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/391>, abgerufen am 22.07.2024.