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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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es nicht. DaS Beispiel von Piemont und von Spanien sagt uns eindringlich
genug, welcher Sorte von Mildthätigkeit sich die Mönche ergeben, wenn sie
über Reichthümer verfügen.

Als der belgische Nationalcongreß 1830 die Grundzüge der neuen politi¬
schen und socialen Organisation des Landes verhandelte, war eine vollständige
Gesetzgebung über die religiösen Associationen vorhanden. Das einfache Recht
der Association war sehr beschränkt; nur den barmherzigen Schwestern, welche
den Dienst in den Civilwohlthätigkeitsanstalten versahen, war es durch das
Decret von 1809 erlaubt, zu erwerben und zu erben. Drei Meinungen machten
sich im constituirenden Kongresse geltend. Eine gewisse Anzahl von Deputirten
verlangte die Erhaltung der Gesetzgebung, welche das Associationsrecht be¬
schränkte. Die katholische Partei begehrte zugleich die ausgedehnteste Associations¬
freiheit und die Fähigkeit, unter dem Titel von Civilpersonen zu erwerben.
Die,Deputirten der dritten Kcttegeorie waren der Ansicht, es gebühre sich, die
Associationsfreiheit zu proclamiren, aber weiter nichts. Diese letztere Meinung
drang durch: die Freiheit der Association wurde decretirt und zu gleicher Zeit
verwarf der Congreß alle Propositionen der katholischen Partei, die dahin
Zielten, den Congregationen als Gesammtheit das Recht bürgerlicher Personen
ZU gewähren. Nach diesem System, klar von den Rednern der Majorität
des Congresses entwickelt, können alle Bürger sich beliebig associiren, unter
welcher Firma sie wollen, als Kapuziner, Jesuiten, Barfüßler, Trappisten:c.
sie können persönlich Güter besitzen, wie jeder andre Bürger; aber bei dem
Tode eines jeden von ihnen müssen die Güter das allgemeine Loos des Eigen¬
thums erleiden, der allgemeinen Bewegung der Vererbung folgen. Die klerikalen
oder gemischten Verwaltungen, die sich bis 1847 folgten, verfälschten den Geist
der vorher eristirenden Gesetze über die Materie, welche der Nationalcongreß
hatte bestehen lassen. Die todte Hand wurde auf dem Verwaltungswege und
ungesetzlich zum Vortheil einiger Congregationen und Bisthümer retablirt. Als
das liberale Ministerium Regier zur Macht gelangte, kam es auf die Tra¬
ditionen des Congresses zurück und setzte die Gesetze, welche seine Vorgänger
verletzt hatten, wieder in Kraft. Von da an datirt das famose Argument von
der Mildthätigkeit. Die Wiederherstellung der todten Hand im Namen der
bedauerlichen Vergangenheit der Congregationen verlangen, das wäre zu un¬
geschickt gewesen, das wäre eine zu verwegene Herausforderung dem gesunden
Sinne des belgischen Volks gemacht, gewesen. Die glänzende Niederlage,
welche der der Kammer gemachte Vorschlag, der katholischen Universität zu
Löwen die bürgerliche Personification beizumessen, erfahren, hatte die Kleri¬
kalen belehrt, daß sie einen neuen Vorwand erfinden müßten. Und sie erfan¬
den die Mildthätigkeit. Das Wort machteGlück. Keine dem Müßiggange
mehr offene Klöster! die Klöster werden sich in Hospitäler, in Hospizen, in


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es nicht. DaS Beispiel von Piemont und von Spanien sagt uns eindringlich
genug, welcher Sorte von Mildthätigkeit sich die Mönche ergeben, wenn sie
über Reichthümer verfügen.

Als der belgische Nationalcongreß 1830 die Grundzüge der neuen politi¬
schen und socialen Organisation des Landes verhandelte, war eine vollständige
Gesetzgebung über die religiösen Associationen vorhanden. Das einfache Recht
der Association war sehr beschränkt; nur den barmherzigen Schwestern, welche
den Dienst in den Civilwohlthätigkeitsanstalten versahen, war es durch das
Decret von 1809 erlaubt, zu erwerben und zu erben. Drei Meinungen machten
sich im constituirenden Kongresse geltend. Eine gewisse Anzahl von Deputirten
verlangte die Erhaltung der Gesetzgebung, welche das Associationsrecht be¬
schränkte. Die katholische Partei begehrte zugleich die ausgedehnteste Associations¬
freiheit und die Fähigkeit, unter dem Titel von Civilpersonen zu erwerben.
Die,Deputirten der dritten Kcttegeorie waren der Ansicht, es gebühre sich, die
Associationsfreiheit zu proclamiren, aber weiter nichts. Diese letztere Meinung
drang durch: die Freiheit der Association wurde decretirt und zu gleicher Zeit
verwarf der Congreß alle Propositionen der katholischen Partei, die dahin
Zielten, den Congregationen als Gesammtheit das Recht bürgerlicher Personen
ZU gewähren. Nach diesem System, klar von den Rednern der Majorität
des Congresses entwickelt, können alle Bürger sich beliebig associiren, unter
welcher Firma sie wollen, als Kapuziner, Jesuiten, Barfüßler, Trappisten:c.
sie können persönlich Güter besitzen, wie jeder andre Bürger; aber bei dem
Tode eines jeden von ihnen müssen die Güter das allgemeine Loos des Eigen¬
thums erleiden, der allgemeinen Bewegung der Vererbung folgen. Die klerikalen
oder gemischten Verwaltungen, die sich bis 1847 folgten, verfälschten den Geist
der vorher eristirenden Gesetze über die Materie, welche der Nationalcongreß
hatte bestehen lassen. Die todte Hand wurde auf dem Verwaltungswege und
ungesetzlich zum Vortheil einiger Congregationen und Bisthümer retablirt. Als
das liberale Ministerium Regier zur Macht gelangte, kam es auf die Tra¬
ditionen des Congresses zurück und setzte die Gesetze, welche seine Vorgänger
verletzt hatten, wieder in Kraft. Von da an datirt das famose Argument von
der Mildthätigkeit. Die Wiederherstellung der todten Hand im Namen der
bedauerlichen Vergangenheit der Congregationen verlangen, das wäre zu un¬
geschickt gewesen, das wäre eine zu verwegene Herausforderung dem gesunden
Sinne des belgischen Volks gemacht, gewesen. Die glänzende Niederlage,
welche der der Kammer gemachte Vorschlag, der katholischen Universität zu
Löwen die bürgerliche Personification beizumessen, erfahren, hatte die Kleri¬
kalen belehrt, daß sie einen neuen Vorwand erfinden müßten. Und sie erfan¬
den die Mildthätigkeit. Das Wort machteGlück. Keine dem Müßiggange
mehr offene Klöster! die Klöster werden sich in Hospitäler, in Hospizen, in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/307>, abgerufen am 22.12.2024.