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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.

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ginnend, ein Jahrhundert umfassend: also derselbe, den Eusebius dem "Bischof
Hippolyt, ich weiß nicht wo" zugeschrieben hat. Die Inschrift an der
Rückwand führt eine Reihe von Büchertiteln aus, die den Gefeierten kenn¬
zeichnen : eine Auseinandersetzung über den Osterkanon (von der Eusebius
gleichzeitig redet) die "Chronik" (die Eusebius, Hieronymus und die ganze
Folgezeit demselben Hippolyt zuschreibt), ein Trostschreiben an Severina (und
Theodoret führt speciell von seinem "heiligen Bischof" Hippolyt ein solches
Schreiben an eine Kaiserin auf), eine Schrift zur Vertheidigung des "Evan¬
gelium nach Johannes und der Apokalypse" (von der Ebed, Jesu redete), eine
Reihe Eregetica zu den Psalmen, wie es scheint auch zu den Proverbien (bei
Eusebius und Hieronymus berührt).

Ist es also keine Frage, daß durch diese Statue ein berühmter Kirchen¬
schriftsteller Hippolyt gefeiert werden soll, so trägt die Inschrift, soweit sie er¬
halten ist, dazu bei, dessen schriftstellerische Thätigkeit noch näher kennen zu
lernen, indem einige sonst nicht nachweisbare Schriften "über das All, über
das Gute, über Auferstehung" aufgeführt sind. Aber weiter hilft auch die
Statue nicht. Ja sie selbst ist ein neues Räthsel, das sich an den räthsel¬
haften Namen knüpft, -- im Uebrigen eine Freude für jeden Besucher der vati¬
kanischen Bibliothek, in der sie jetzt ausgestellt ist.

> Denn sie steht in jener, Zeit als eine völlige Ausnahme da. Es ist da¬
mals noch unerhört, daß einem Heiligen eine Statue errichtet sei. Da sie
aber einmal dem Kunststile nach, wie Winckelmann urtheilte, wirklich in die
Mitte des dritten Jahrhunderts gehört, so hat man vermuthet, sie möchte erst
in späterer Zeit grade aus den heiligen Hippolyt gedeutet und zur Kennzeich¬
nung wie zur Feier mit diesen Inschriften bedeckt sein.

Es ist daher auch so über den Hippolyt der frühern Kirchenkunde nicht
licht geworden, außer daß für den Fall ihrer Echtheit das Wahrschein¬
lichste wird, Hippolyt habe wirklich in Rom selbst gelebt und gewirkt. Woher
nun aber der Titel Bischof, da doch kein Hippolyt in den Verzeichnissen der
römischen Bischöfe vorkommt und diese doch etwa seit dem zweiten^Jahrhundert
sicher stehen? Woher serner der Anspruch von Portus, Ostia, Antiochia,
Bostra? Woher die Verdächtigung als eines ganzen oder halben Ketzers?

Bei diesem vollen Dunkel, dem halb mythischen Wesen des Heiligen und
Kirchenlehrers ist es bis in die jüngste Zeit geblieben. Da brachte der Moni-
teur Universel vom 3. Januar ->8ii die Kunde, daß unter andern Manuskrip¬
ten auch folgendes für die Bibliothöque Royale gewonnen sei: Nanuseript su
pgpier 6s ooton, ecmtimant uns refuwticm <Ze touws les dvrvsiö". Ol, (invraAk>.
et'un ÄUt<zur anonyme est "Zivisv en ckix livres, mais of trois Premiers man-
<zueilt ainsi Are la den.

Abel. Villemain war als Minister Louis Philipps durch einen besreun-


ginnend, ein Jahrhundert umfassend: also derselbe, den Eusebius dem „Bischof
Hippolyt, ich weiß nicht wo" zugeschrieben hat. Die Inschrift an der
Rückwand führt eine Reihe von Büchertiteln aus, die den Gefeierten kenn¬
zeichnen : eine Auseinandersetzung über den Osterkanon (von der Eusebius
gleichzeitig redet) die „Chronik" (die Eusebius, Hieronymus und die ganze
Folgezeit demselben Hippolyt zuschreibt), ein Trostschreiben an Severina (und
Theodoret führt speciell von seinem „heiligen Bischof" Hippolyt ein solches
Schreiben an eine Kaiserin auf), eine Schrift zur Vertheidigung des „Evan¬
gelium nach Johannes und der Apokalypse" (von der Ebed, Jesu redete), eine
Reihe Eregetica zu den Psalmen, wie es scheint auch zu den Proverbien (bei
Eusebius und Hieronymus berührt).

Ist es also keine Frage, daß durch diese Statue ein berühmter Kirchen¬
schriftsteller Hippolyt gefeiert werden soll, so trägt die Inschrift, soweit sie er¬
halten ist, dazu bei, dessen schriftstellerische Thätigkeit noch näher kennen zu
lernen, indem einige sonst nicht nachweisbare Schriften „über das All, über
das Gute, über Auferstehung" aufgeführt sind. Aber weiter hilft auch die
Statue nicht. Ja sie selbst ist ein neues Räthsel, das sich an den räthsel¬
haften Namen knüpft, — im Uebrigen eine Freude für jeden Besucher der vati¬
kanischen Bibliothek, in der sie jetzt ausgestellt ist.

> Denn sie steht in jener, Zeit als eine völlige Ausnahme da. Es ist da¬
mals noch unerhört, daß einem Heiligen eine Statue errichtet sei. Da sie
aber einmal dem Kunststile nach, wie Winckelmann urtheilte, wirklich in die
Mitte des dritten Jahrhunderts gehört, so hat man vermuthet, sie möchte erst
in späterer Zeit grade aus den heiligen Hippolyt gedeutet und zur Kennzeich¬
nung wie zur Feier mit diesen Inschriften bedeckt sein.

Es ist daher auch so über den Hippolyt der frühern Kirchenkunde nicht
licht geworden, außer daß für den Fall ihrer Echtheit das Wahrschein¬
lichste wird, Hippolyt habe wirklich in Rom selbst gelebt und gewirkt. Woher
nun aber der Titel Bischof, da doch kein Hippolyt in den Verzeichnissen der
römischen Bischöfe vorkommt und diese doch etwa seit dem zweiten^Jahrhundert
sicher stehen? Woher serner der Anspruch von Portus, Ostia, Antiochia,
Bostra? Woher die Verdächtigung als eines ganzen oder halben Ketzers?

Bei diesem vollen Dunkel, dem halb mythischen Wesen des Heiligen und
Kirchenlehrers ist es bis in die jüngste Zeit geblieben. Da brachte der Moni-
teur Universel vom 3. Januar ->8ii die Kunde, daß unter andern Manuskrip¬
ten auch folgendes für die Bibliothöque Royale gewonnen sei: Nanuseript su
pgpier 6s ooton, ecmtimant uns refuwticm <Ze touws les dvrvsiö». Ol, (invraAk>.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99919/254>, abgerufen am 22.07.2024.