Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.zwei Divisionen Grenadiere. Genaues ist über diesen Umstand nicht bekannt, indeß Die letzten Tage haben wiederum die Muthmaßung befestigt, daß es den Russen Aus den Nachrichten der deutschen Blätter, welche diese von Wien Andere, weniger zu gewagten Behauptungen geneigte wiener Berichterstatter zwei Divisionen Grenadiere. Genaues ist über diesen Umstand nicht bekannt, indeß Die letzten Tage haben wiederum die Muthmaßung befestigt, daß es den Russen Aus den Nachrichten der deutschen Blätter, welche diese von Wien Andere, weniger zu gewagten Behauptungen geneigte wiener Berichterstatter <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0246" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100166"/> <p xml:id="ID_709" prev="#ID_708"> zwei Divisionen Grenadiere. Genaues ist über diesen Umstand nicht bekannt, indeß<lb/> schätzt man den Feind auf gegen -180,000 Mann.</p><lb/> <p xml:id="ID_710"> Die letzten Tage haben wiederum die Muthmaßung befestigt, daß es den Russen<lb/> nicht um einen entscheidenden Schlag zu thun ist, wie man jüngst noch meinte; auch<lb/> hätte derselbe den gut angelegten Verschanzungen gegenüber, durch welche die Ver¬<lb/> bündeten sich nach allen Seiten hin gesichert haben, wol nur einige Aussicht auf<lb/> Erfolg. Aber worauf man in Petersburg alle Hoffnung zu stützen scheint, das ist<lb/> ein zweiter Winter. Möglich, daß man sich in dieser Hinsicht täuscht. Die Ver¬<lb/> bündeten sind auf keine Eventualität vielleicht besser vorbereitet, als auf den Wieder¬<lb/> eintritt der schlechten Jahreszeit. Man darf in dieser Hinsicht nicht vergessen, daß<lb/> Kamiesch und Balaklava inzwischen zu militärischen Handelsstädten herangewachsen<lb/> sind, daß man an Material aller Art zu Baracken und Buden keinen Mangel mehr<lb/> leiden, Brennmaterial in Fülle vorhanden sein wird, und Chausseen, Eisenbahnen,<lb/> Packpferde und Wagen nicht fehlen. Neulich erst sah ich eine Menge hier am Orte<lb/> neu gefertigter, die nach Kamiesch eingeschifft werden sollten, an meinem Hause<lb/> vorbeifahren. Sie waren sehr leicht und zweckmäßig. — Die Russen ihrerseits haben<lb/> eine Chaussee zwischen den Nordfvrts über Baktschi-Serai nach Simpheropol in Arbeit<lb/> und nahezu beendet; demnächst, heißt es, würden sie eine sera e durch die Steppen,<lb/> von dem letzteren Orte auf Perekop in Angriff nehmen, und alsdann, nachdem sie<lb/> vollendet, eine Chaussceverbinduug zwischen Odessa und der taurischen Festung exi-<lb/> stiren. An eine Eisenbahn auf dieser Strecke sei früher gedacht worden, der Plan<lb/> indeß nachher wieder ausgegeben worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_711"> Aus den Nachrichten der deutschen Blätter, welche diese von Wien<lb/> her bringen, muthmaße ich, daß man dort anfängt, den Entschluß in Betreff der<lb/> Armeereduction allen Ernstes zu erneuen. Dafür scheint mir am meisten das Be¬<lb/> mühen der meisten betreffenden Korrespondenten zu sprechen, die Reduction nicht als<lb/> eine Entwaffnung Oestreichs und als einen Act, der auf seine demnächstige Politik<lb/> Einfluß gewinnen konnte, gelten zu lassen, sondern der Welt glauben zu machen,<lb/> diese Verminderung der Streitmacht verändere in nichts die Lage des Reiches<lb/> Nußland wie der Pforte und den Westmächten gegenüber; sie, habe nichts mit<lb/> einer Annäherung nach der einen Seite hin und einer Lossagung von der anderen<lb/> her gemein und dürft nnr als eine rein finanzielle Maßregel angesehen werden.<lb/> Wie Sie wissen werden, ist man soweit gegangen zu behaupten: die Wehrmacht<lb/> des Kaiserstaats sei durch die Entlassung von -180,000, Mann durchaus nicht<lb/> vermindert worden, indem man nur die Ausgedienten hätte nach Hause ziehen<lb/> lassen, während für die Ausscheidenden eine neue Altersclasse in demselben Betrage<lb/> eingetreten sei. Wie man weiß beläuft sich die Dienstzeit in Oestreich auf acht<lb/> Jahre. Angenommen die Armee wäre 640,000 Mann stark, wiewol jedermann<lb/> sich darüber unterrichten kann, daß sie diesen Stand nicht erreichte, würde eine Al¬<lb/> tersklasse sich im Maximum auf gegen 80,000 Mann belaufen; die Reduction um¬<lb/> saßt aber nicht 80,000, sondern -180,000 Mann.</p><lb/> <p xml:id="ID_712" next="#ID_713"> Andere, weniger zu gewagten Behauptungen geneigte wiener Berichterstatter<lb/> räumen die Entlassung einer aus die Stärke der jetzt erwähnten Ziffer sich belaufenden<lb/> Heeresreduction zwar ein, wollen aber nicht zugeben, daß Oestreich dadurch wesentlich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0246]
zwei Divisionen Grenadiere. Genaues ist über diesen Umstand nicht bekannt, indeß
schätzt man den Feind auf gegen -180,000 Mann.
Die letzten Tage haben wiederum die Muthmaßung befestigt, daß es den Russen
nicht um einen entscheidenden Schlag zu thun ist, wie man jüngst noch meinte; auch
hätte derselbe den gut angelegten Verschanzungen gegenüber, durch welche die Ver¬
bündeten sich nach allen Seiten hin gesichert haben, wol nur einige Aussicht auf
Erfolg. Aber worauf man in Petersburg alle Hoffnung zu stützen scheint, das ist
ein zweiter Winter. Möglich, daß man sich in dieser Hinsicht täuscht. Die Ver¬
bündeten sind auf keine Eventualität vielleicht besser vorbereitet, als auf den Wieder¬
eintritt der schlechten Jahreszeit. Man darf in dieser Hinsicht nicht vergessen, daß
Kamiesch und Balaklava inzwischen zu militärischen Handelsstädten herangewachsen
sind, daß man an Material aller Art zu Baracken und Buden keinen Mangel mehr
leiden, Brennmaterial in Fülle vorhanden sein wird, und Chausseen, Eisenbahnen,
Packpferde und Wagen nicht fehlen. Neulich erst sah ich eine Menge hier am Orte
neu gefertigter, die nach Kamiesch eingeschifft werden sollten, an meinem Hause
vorbeifahren. Sie waren sehr leicht und zweckmäßig. — Die Russen ihrerseits haben
eine Chaussee zwischen den Nordfvrts über Baktschi-Serai nach Simpheropol in Arbeit
und nahezu beendet; demnächst, heißt es, würden sie eine sera e durch die Steppen,
von dem letzteren Orte auf Perekop in Angriff nehmen, und alsdann, nachdem sie
vollendet, eine Chaussceverbinduug zwischen Odessa und der taurischen Festung exi-
stiren. An eine Eisenbahn auf dieser Strecke sei früher gedacht worden, der Plan
indeß nachher wieder ausgegeben worden.
Aus den Nachrichten der deutschen Blätter, welche diese von Wien
her bringen, muthmaße ich, daß man dort anfängt, den Entschluß in Betreff der
Armeereduction allen Ernstes zu erneuen. Dafür scheint mir am meisten das Be¬
mühen der meisten betreffenden Korrespondenten zu sprechen, die Reduction nicht als
eine Entwaffnung Oestreichs und als einen Act, der auf seine demnächstige Politik
Einfluß gewinnen konnte, gelten zu lassen, sondern der Welt glauben zu machen,
diese Verminderung der Streitmacht verändere in nichts die Lage des Reiches
Nußland wie der Pforte und den Westmächten gegenüber; sie, habe nichts mit
einer Annäherung nach der einen Seite hin und einer Lossagung von der anderen
her gemein und dürft nnr als eine rein finanzielle Maßregel angesehen werden.
Wie Sie wissen werden, ist man soweit gegangen zu behaupten: die Wehrmacht
des Kaiserstaats sei durch die Entlassung von -180,000, Mann durchaus nicht
vermindert worden, indem man nur die Ausgedienten hätte nach Hause ziehen
lassen, während für die Ausscheidenden eine neue Altersclasse in demselben Betrage
eingetreten sei. Wie man weiß beläuft sich die Dienstzeit in Oestreich auf acht
Jahre. Angenommen die Armee wäre 640,000 Mann stark, wiewol jedermann
sich darüber unterrichten kann, daß sie diesen Stand nicht erreichte, würde eine Al¬
tersklasse sich im Maximum auf gegen 80,000 Mann belaufen; die Reduction um¬
saßt aber nicht 80,000, sondern -180,000 Mann.
Andere, weniger zu gewagten Behauptungen geneigte wiener Berichterstatter
räumen die Entlassung einer aus die Stärke der jetzt erwähnten Ziffer sich belaufenden
Heeresreduction zwar ein, wollen aber nicht zugeben, daß Oestreich dadurch wesentlich
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