Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. III. Band.von Oestreich vorgeschlagene "deutsche Neutralität/' Aber im Februar -1854 von Oestreich vorgeschlagene „deutsche Neutralität/' Aber im Februar -1854 <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100068"/> <p xml:id="ID_449" prev="#ID_448"> von Oestreich vorgeschlagene „deutsche Neutralität/' Aber im Februar -1854<lb/> trat ein Umschlag ein: Preußen weigerte sich, die Executive gegen Rußland<lb/> zu ergreifen. Die kölner Zeitung war wieder in die Opposition geschleudert.<lb/> Es erfolgten bereits im März 1834 neue Verwarnungen und gehäufte Beschlag¬<lb/> nahmen, zuerst, weil die kölnische Zeitung die Dvminialpolizei als eine „halbe<lb/> Leibeigenschaft" bezeichnet hatte. Dann wurde ihr bedeutet, sie dürfe nicht<lb/> mehr von „Junkerpartei" sprechen: das sei Aufreizung der Angehörigen des<lb/> Staats zum Haß gegeneinander. Im Juni -1834 folgte eine Verwarnung<lb/> des Oberpräsidenten „im Auftrag des Staatsministeriums" mit Androhung<lb/> eventueller Concessionsentziehung und mit der Forderung genügender Garantie<lb/> durch einen Nedactionswechsel. Die kölnische Zeitung verstand sich dazu, jede<lb/> verlangte „Maßhaltung" zu beobachten. Herr Brüggemann wußte aber das<lb/> „zulässige Maß" nicht zu finden. Er schrieb einen Artikel „die Wiedergeburt<lb/> des Vaterlandes", in welchem er die Kreuzzeitungspartei mit der französischen<lb/> Partei in Preußen von -1808 in eine Kategorie stellte. Da theilte der Re¬<lb/> gierungspräsident in Köln dem Verleger der kölnischen Zeitung, am 10 März 1855,<lb/> den Beschluß der höhern Behörde mit, daß er nur noch zwischen einem Re¬<lb/> dactionswechsel und der gewerblichen Concessionsentziehung zu wählen habe,<lb/> und zwar „wegen Mangel an Maßhaltung." Herr Brüggemann behauptet,<lb/> das Motiv dieser Maßregel sei nicht Mangel an Maßhaltung, sondern seine<lb/> conseguente Stellung zum Artikel 42. der Verfassung und zur Dominialpolizei<lb/> gewesen. Am 3-1. Mai 1855 legte Herr Brüggemann die Redaction nieder.<lb/> Er hat den Umständen viel Rechnung getragen, von Schwankungen sich nicht<lb/> frei erhalten. Er gesteht selbst, in Bezug auf die Mittel zum Ziel manchmal<lb/> geirrt zu haben, aber die Festigkeit und Redlichkeit seiner patriotischen Ge¬<lb/> sinnung lasse sich nicht bestreikn. Er rühmt an der ihm feindlichen ritter¬<lb/> schaftlichen Partei die energische und opferwillige Vertretung ihrer Interessen<lb/> und klagt über die „stumpfe Gleichgiltigkeit des Bürgerthums." Das Bürger-<lb/> thum sorge nicht für gemäßigte, aber bürgerfreundliche Kreis- und Volksblätter,<lb/> nicht für Wahlcomitvs: die Angesehensten und Reichsten weigern sich ost, eine<lb/> Wahl in die Kammer anzunehmen, um sich nicht „nutzlos zu ärgern." Es<lb/> sei nicht genug, Diners und Bälle zu geben, die Künste zu beschützen und<lb/> seine Kinder ausbilden zu lassen, man müsse auch seine politischen Pflichten<lb/> mit mannhaften Charkter erfüllen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
von Oestreich vorgeschlagene „deutsche Neutralität/' Aber im Februar -1854
trat ein Umschlag ein: Preußen weigerte sich, die Executive gegen Rußland
zu ergreifen. Die kölner Zeitung war wieder in die Opposition geschleudert.
Es erfolgten bereits im März 1834 neue Verwarnungen und gehäufte Beschlag¬
nahmen, zuerst, weil die kölnische Zeitung die Dvminialpolizei als eine „halbe
Leibeigenschaft" bezeichnet hatte. Dann wurde ihr bedeutet, sie dürfe nicht
mehr von „Junkerpartei" sprechen: das sei Aufreizung der Angehörigen des
Staats zum Haß gegeneinander. Im Juni -1834 folgte eine Verwarnung
des Oberpräsidenten „im Auftrag des Staatsministeriums" mit Androhung
eventueller Concessionsentziehung und mit der Forderung genügender Garantie
durch einen Nedactionswechsel. Die kölnische Zeitung verstand sich dazu, jede
verlangte „Maßhaltung" zu beobachten. Herr Brüggemann wußte aber das
„zulässige Maß" nicht zu finden. Er schrieb einen Artikel „die Wiedergeburt
des Vaterlandes", in welchem er die Kreuzzeitungspartei mit der französischen
Partei in Preußen von -1808 in eine Kategorie stellte. Da theilte der Re¬
gierungspräsident in Köln dem Verleger der kölnischen Zeitung, am 10 März 1855,
den Beschluß der höhern Behörde mit, daß er nur noch zwischen einem Re¬
dactionswechsel und der gewerblichen Concessionsentziehung zu wählen habe,
und zwar „wegen Mangel an Maßhaltung." Herr Brüggemann behauptet,
das Motiv dieser Maßregel sei nicht Mangel an Maßhaltung, sondern seine
conseguente Stellung zum Artikel 42. der Verfassung und zur Dominialpolizei
gewesen. Am 3-1. Mai 1855 legte Herr Brüggemann die Redaction nieder.
Er hat den Umständen viel Rechnung getragen, von Schwankungen sich nicht
frei erhalten. Er gesteht selbst, in Bezug auf die Mittel zum Ziel manchmal
geirrt zu haben, aber die Festigkeit und Redlichkeit seiner patriotischen Ge¬
sinnung lasse sich nicht bestreikn. Er rühmt an der ihm feindlichen ritter¬
schaftlichen Partei die energische und opferwillige Vertretung ihrer Interessen
und klagt über die „stumpfe Gleichgiltigkeit des Bürgerthums." Das Bürger-
thum sorge nicht für gemäßigte, aber bürgerfreundliche Kreis- und Volksblätter,
nicht für Wahlcomitvs: die Angesehensten und Reichsten weigern sich ost, eine
Wahl in die Kammer anzunehmen, um sich nicht „nutzlos zu ärgern." Es
sei nicht genug, Diners und Bälle zu geben, die Künste zu beschützen und
seine Kinder ausbilden zu lassen, man müsse auch seine politischen Pflichten
mit mannhaften Charkter erfüllen.
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