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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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Ich ermangle noch aller Detailnachrichten über diese letzten Kämpfe. Sicher ist,
daß der vom 18. dieses Monats als eine bedeutendere Action bezeichnet werden kann
und die Franzosen in derselben nicht unerheblich litten.

Das Wetter macht seit zwei Tagen eine freundliche Miene; indeß traut man
nur wenig auf seinen Bestand. Man heizt noch ein, und möglicherweise wird man
bis Ende April damit fortfahren müssen, wiewol die Fluren Bithynienö drüben in
Asien schon mit blauen Veilchen prangen und man allerwärts in Pera eine Fülle
von Goldlack und Nelken zum Verkauf aufbietet, die im Freien, im Grunde der
vielen windgcbvrgencn Thäler wuchsen.

Soeben sährt Raschid Pascha an meiner Wohnung oder vielmehr in deren
ferneren Umgebung vorüber. Der Grvßvezicr hat, wie es scheint, seine Partei in
dem eben geschilderten Conflict genommen, und keinem Zweifel mehr kann es unter¬
liegen, daß er auf Seite Frankreichs neigt. Die Ernennung Aali Paschas zum
Psvrteugesaudtcn in Wien ist ein feiner Schachzug. Er will damit seine Coterie
an der jetzt wichtigsten Stelle gehörig empfehlen. Wann der Minister abreisen
wird, kann man mit völliger Bestimmtheit noch nicht sagen, indeß ist es ziemlich
gewiß, daß es bis morgen geschehen wird.

Eben höre ich, daß Risa Pascha ernstlich erkrankt sei.


Militärische Broschüren.

Das Interesse des deutschen Publicums richtet
sich in der Literatur jetzt fast ausschließlich ans solche Erscheinungen, welche dazu'
helfen, die kriegerischen Begebenheiten dieses Jahres verständlich zu machen. Wäh¬
rend der ganze übrige Büchcrverkehr in auffallender Weise darniederliegt, erfreuen
sich die zahlreichen Hilfsmittel für Verständniß des Kriegstheaters eines ungewöhn¬
lichen Absatzes. Die vortrefflichen Karten der Krim z. B. welche in dem Perthesschen
Institut erschienen sind und ähnliche Unternehmungen von Weber in Leipzig und
Anderen, haben Erfolge, welche in friedlicher Zeit wahrhaft unerhört wären. So
werden sich auch die folgenden Broschüren:

Die militärischen Kräfte Deutschlands und ihre Fortschritt von Julius
vou Wickede. Stuttgart, Hallberger 1833. --
Die französische Armee im Jahre 183K-- 1833 von demselben. Leipzig,
Fr. Luden. Herbig, 1833. --

einer allgemeinen Theilnahme erfreuen. Der Verfasser, selbst Militär und bekannt
durch eine Anzahl populärer militärischer Schriften, hat durch eigne Anschauung fast
alle Armeen der europäischen Hauptmächte im Frieden und aus dem Kampfplatz kennen
gelernt, und erscheint deshalb wohlbefähigt, ein Urtheil abzugeben. Die zweite
Broschüre ist die Fortsetzung und Ergänzung eines früheren Werkes von demselben
Verfasser, auch für Militärs vou hohem Interesse. Die erstere, gibt eine Zusam¬
menstellung, welche, soviel wir wissen, in dieser Weise noch nicht versucht worden
ist. Zuerst eine Uebersicht der Organisation der östreichischen und preußischen Armee
und der übrigen deutschen Truppen, dann ein Nehmens über die Festungen Deutsch¬
lands, welche die Abwehr äußerer Feinde zu unterstützen bestimmt sind, nebst Rath¬
schlägen über das Viele, was darin noch zu thun ist. Endlich eine sehr interessante
Erörterung der Militärstraßcn, Eisenbahnen, Communications- und Transportmittel.


Ich ermangle noch aller Detailnachrichten über diese letzten Kämpfe. Sicher ist,
daß der vom 18. dieses Monats als eine bedeutendere Action bezeichnet werden kann
und die Franzosen in derselben nicht unerheblich litten.

Das Wetter macht seit zwei Tagen eine freundliche Miene; indeß traut man
nur wenig auf seinen Bestand. Man heizt noch ein, und möglicherweise wird man
bis Ende April damit fortfahren müssen, wiewol die Fluren Bithynienö drüben in
Asien schon mit blauen Veilchen prangen und man allerwärts in Pera eine Fülle
von Goldlack und Nelken zum Verkauf aufbietet, die im Freien, im Grunde der
vielen windgcbvrgencn Thäler wuchsen.

Soeben sährt Raschid Pascha an meiner Wohnung oder vielmehr in deren
ferneren Umgebung vorüber. Der Grvßvezicr hat, wie es scheint, seine Partei in
dem eben geschilderten Conflict genommen, und keinem Zweifel mehr kann es unter¬
liegen, daß er auf Seite Frankreichs neigt. Die Ernennung Aali Paschas zum
Psvrteugesaudtcn in Wien ist ein feiner Schachzug. Er will damit seine Coterie
an der jetzt wichtigsten Stelle gehörig empfehlen. Wann der Minister abreisen
wird, kann man mit völliger Bestimmtheit noch nicht sagen, indeß ist es ziemlich
gewiß, daß es bis morgen geschehen wird.

Eben höre ich, daß Risa Pascha ernstlich erkrankt sei.


Militärische Broschüren.

Das Interesse des deutschen Publicums richtet
sich in der Literatur jetzt fast ausschließlich ans solche Erscheinungen, welche dazu'
helfen, die kriegerischen Begebenheiten dieses Jahres verständlich zu machen. Wäh¬
rend der ganze übrige Büchcrverkehr in auffallender Weise darniederliegt, erfreuen
sich die zahlreichen Hilfsmittel für Verständniß des Kriegstheaters eines ungewöhn¬
lichen Absatzes. Die vortrefflichen Karten der Krim z. B. welche in dem Perthesschen
Institut erschienen sind und ähnliche Unternehmungen von Weber in Leipzig und
Anderen, haben Erfolge, welche in friedlicher Zeit wahrhaft unerhört wären. So
werden sich auch die folgenden Broschüren:

Die militärischen Kräfte Deutschlands und ihre Fortschritt von Julius
vou Wickede. Stuttgart, Hallberger 1833. —
Die französische Armee im Jahre 183K— 1833 von demselben. Leipzig,
Fr. Luden. Herbig, 1833. —

einer allgemeinen Theilnahme erfreuen. Der Verfasser, selbst Militär und bekannt
durch eine Anzahl populärer militärischer Schriften, hat durch eigne Anschauung fast
alle Armeen der europäischen Hauptmächte im Frieden und aus dem Kampfplatz kennen
gelernt, und erscheint deshalb wohlbefähigt, ein Urtheil abzugeben. Die zweite
Broschüre ist die Fortsetzung und Ergänzung eines früheren Werkes von demselben
Verfasser, auch für Militärs vou hohem Interesse. Die erstere, gibt eine Zusam¬
menstellung, welche, soviel wir wissen, in dieser Weise noch nicht versucht worden
ist. Zuerst eine Uebersicht der Organisation der östreichischen und preußischen Armee
und der übrigen deutschen Truppen, dann ein Nehmens über die Festungen Deutsch¬
lands, welche die Abwehr äußerer Feinde zu unterstützen bestimmt sind, nebst Rath¬
schlägen über das Viele, was darin noch zu thun ist. Endlich eine sehr interessante
Erörterung der Militärstraßcn, Eisenbahnen, Communications- und Transportmittel.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/86>, abgerufen am 26.06.2024.