Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.des Angreifers als die des Angegriffenen sind durch den langen, hin- und Solange sich in solcher Weise die Reserven der beiden Gegner balanciren, des Angreifers als die des Angegriffenen sind durch den langen, hin- und Solange sich in solcher Weise die Reserven der beiden Gegner balanciren, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0524" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99910"/> <p xml:id="ID_1774" prev="#ID_1773"> des Angreifers als die des Angegriffenen sind durch den langen, hin- und<lb/> herschwankenden Kampf geschwächt und gelockert. Die energische Verwendung<lb/> frischer Kraft wird die Hauptbedingung der setzt eintretenden Krisis. Der An¬<lb/> greifende führt die schwere Reserveartillerie und Cavalerie gegen den Feind, der<lb/> Angegriffene sucht durch dieselben Massen die stark bedrohten Punkte zu ver¬<lb/> theidigen, und wenn es ihm gelingt, mit ihr die heftigen Anfälle des Gegners<lb/> zurückzuschlagen, so benutzt er diese Momente, um aus der Vertheidigung selbst<lb/> in den Angriff vorzugehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_1775" next="#ID_1776"> Solange sich in solcher Weise die Reserven der beiden Gegner balanciren,<lb/> ist ein entscheidender Erfolg nicht möglich, erst wenn die Reserven des einen<lb/> Theils in Gefahr sind, verzehrt zu werden, tritt die Entscheidung ein. Sie ist<lb/> bei einem methodischen Gefecht der Jetztzeit gewöhnlich das Ergebniß eines Calcüls<lb/> des Feldherrn. Dieser veranschlagt die entstandenen Verluste, Verlornen Ge¬<lb/> schütze, geschmolzenen Batterien, erfolglosen Angriffe, vom Feind stegreich er¬<lb/> fochtenen Terrainvortheile, die Bedrohung des Rückzuges; er wägt seine Kräfte<lb/> gegen die Kräfte des Gegners ab, und kommt zu dem Resultat, das Gefecht<lb/> aufzugeben, da die Wahrscheinlichkeit, dasselbe siegreich durchzuführen, ver¬<lb/> schwunden ist. Dies Resultat ist also die ^Folge nach und nach eintretender<lb/> Ereignisse, von denen endlich eines das entscheidende wird, welches außer dem<lb/> Zusammenhange betrachtet vielleicht höchst unbedeutend erscheint. Freilich nimmt<lb/> das Gefecht bei schlechter Führung, mangelhafter Ausbildung der Truppen,<lb/> oder durch einen großen strategischen Fehler, wie ihn selbst militärische Genies<lb/> -begehn, zuweilen einen so unglücklichen Verlauf, daß dem Schwächer« die An¬<lb/> stellung jedes Calcüls erspart wird. In der Regel aber ist bei unsren Schlach¬<lb/> ten das Aufgeben des Gefechts durch den Schwächern ein systematiiches Ab¬<lb/> brechen, welches mit Bewußtsein und regelmäßig, in Ordnung geschieht. Es<lb/> setzt voraus, daß ein Theil der Truppen noch disponibel und gefcchtöfähig sei.<lb/> Es wird viel schwieriger bei einer großen Schlacht, weil da die vergrößerte<lb/> Schwierigkeit eines gleichmäßigen Handels bei den verschiedenen Corps, welche<lb/> auf weitem Terrain auseinandergezogen sind, sehr hervortritt. Dies Abbrechen<lb/> des Gefechts kann nur mit dem größten Verlust ausgeführt werden, wenn die<lb/> fechtenden Truppen sich grade im Nahgefecht befinden. Die Pause nach einem<lb/> zurückgeschlagenen Angriff ist dazu am besten. Der Moment des Abbrechens<lb/> ist für den Gegner der Augenblick erneuter Anstrengung, vorzugsweise durch<lb/> Reiterei. Das Abbrechen des Gefechts ist in den meisten Fällen das Signal<lb/> für das massenhafte Hervorbrechen der feindlichen Cavalerie'. Diese abzuhalten<lb/> dient die eigne Reiterei; unter ihrem Schutz geht die Lösung aus dem Kampfe<lb/> vor sich. Je. zahlreicher und überlegener sie ist, desto leichter und weniger ge¬<lb/> fahrdrohend ist das Abbrechen. Während sie eine drohende Stellung einnimmt,<lb/> oder den Gegner beschäftigt, wird zuerst die Artillerie zurückgenommen und in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0524]
des Angreifers als die des Angegriffenen sind durch den langen, hin- und
herschwankenden Kampf geschwächt und gelockert. Die energische Verwendung
frischer Kraft wird die Hauptbedingung der setzt eintretenden Krisis. Der An¬
greifende führt die schwere Reserveartillerie und Cavalerie gegen den Feind, der
Angegriffene sucht durch dieselben Massen die stark bedrohten Punkte zu ver¬
theidigen, und wenn es ihm gelingt, mit ihr die heftigen Anfälle des Gegners
zurückzuschlagen, so benutzt er diese Momente, um aus der Vertheidigung selbst
in den Angriff vorzugehn.
Solange sich in solcher Weise die Reserven der beiden Gegner balanciren,
ist ein entscheidender Erfolg nicht möglich, erst wenn die Reserven des einen
Theils in Gefahr sind, verzehrt zu werden, tritt die Entscheidung ein. Sie ist
bei einem methodischen Gefecht der Jetztzeit gewöhnlich das Ergebniß eines Calcüls
des Feldherrn. Dieser veranschlagt die entstandenen Verluste, Verlornen Ge¬
schütze, geschmolzenen Batterien, erfolglosen Angriffe, vom Feind stegreich er¬
fochtenen Terrainvortheile, die Bedrohung des Rückzuges; er wägt seine Kräfte
gegen die Kräfte des Gegners ab, und kommt zu dem Resultat, das Gefecht
aufzugeben, da die Wahrscheinlichkeit, dasselbe siegreich durchzuführen, ver¬
schwunden ist. Dies Resultat ist also die ^Folge nach und nach eintretender
Ereignisse, von denen endlich eines das entscheidende wird, welches außer dem
Zusammenhange betrachtet vielleicht höchst unbedeutend erscheint. Freilich nimmt
das Gefecht bei schlechter Führung, mangelhafter Ausbildung der Truppen,
oder durch einen großen strategischen Fehler, wie ihn selbst militärische Genies
-begehn, zuweilen einen so unglücklichen Verlauf, daß dem Schwächer« die An¬
stellung jedes Calcüls erspart wird. In der Regel aber ist bei unsren Schlach¬
ten das Aufgeben des Gefechts durch den Schwächern ein systematiiches Ab¬
brechen, welches mit Bewußtsein und regelmäßig, in Ordnung geschieht. Es
setzt voraus, daß ein Theil der Truppen noch disponibel und gefcchtöfähig sei.
Es wird viel schwieriger bei einer großen Schlacht, weil da die vergrößerte
Schwierigkeit eines gleichmäßigen Handels bei den verschiedenen Corps, welche
auf weitem Terrain auseinandergezogen sind, sehr hervortritt. Dies Abbrechen
des Gefechts kann nur mit dem größten Verlust ausgeführt werden, wenn die
fechtenden Truppen sich grade im Nahgefecht befinden. Die Pause nach einem
zurückgeschlagenen Angriff ist dazu am besten. Der Moment des Abbrechens
ist für den Gegner der Augenblick erneuter Anstrengung, vorzugsweise durch
Reiterei. Das Abbrechen des Gefechts ist in den meisten Fällen das Signal
für das massenhafte Hervorbrechen der feindlichen Cavalerie'. Diese abzuhalten
dient die eigne Reiterei; unter ihrem Schutz geht die Lösung aus dem Kampfe
vor sich. Je. zahlreicher und überlegener sie ist, desto leichter und weniger ge¬
fahrdrohend ist das Abbrechen. Während sie eine drohende Stellung einnimmt,
oder den Gegner beschäftigt, wird zuerst die Artillerie zurückgenommen und in
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