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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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Häuser weggeschwemmt, ihr Vieh ersäuft; sie sind auf ein Jahr ruinirt und
-- sie tanzen dennoch! Eine Seuche tödtet ihre Sklaven, ja dann werden sie
traurig. Was bedauern sie? die Menschen oder ihr Geld?--Die Sklaverei
herrscht hier; Sklaverei, das große Laster des Lebens in Amerika. Die Creolen
Flut reich und diese Schwarzen müssen ohne Lohn für sie blutigen Schweiß ver¬
gießen; sie haben sich zu Tyrannen über ihr Leben gemacht. Aber die
Peitschenhiebe, -- und die Halseisen.....!

Ich weiß auf diese Anschuldigungen nur das eine zu erwidern, daß die
Sklaverei ein so alt eingewurzeltes Uebel, daß die jetzige Generation nicht
mehr verantwortlich dafür ist. Ich vertheidige sie nicht, aber ich achte die
Creolen, welche Mitgefühl für ihre Sklaven haben, und das ist die größere
Zahl. Gibt es gleich noch solche Ungeheuer, wie ich manche der Rache der
Völker bezeichnen könnte, so bin ich doch glücklich in dem Gedanken, ein halbes
Jahr in einer Pflanzung gelebt, ohne einen Seufzer gehört zu haben.

Wir stehen an dem Fluß, welcher Arkansas und Louisiana scheidet. Links
ist noch der blühende fruchtbare Staat Missisippi, der zum Theil aus den vor,
maligen spanischen Floridas entstand, welches, vom Meschacb" beginnend, am
Ufer des Atlantischen Oceans in unermeßlichen Savannen sich verlor. Tiefer
hinab sahen wir den Uazoofluß, von welchem die zahlreichen im Westen der
Gebirge wohnenden Indianer ihren Namen erhielten, die der Beschreiber der
Natchez zu den verschworenen Nationen rechnet.

Auf beiden Ufern des Flusses zeigen sich beträchtliche Anstedlungen; täglich
verliert der Missisippi mehr von seiner Stille, Einsamkeit und eigenthümlichen
Erhabenheit. Mir, der ich kein Amerikaner bin, war, ich gestehe es, der An¬
blick dieser Niederlassungen doch oft peinlich. In der That, wenn solch eine
ins Großartige getriebene Ansiedlung mit ihren Hütten, Gärten und unge¬
heuren Länderstrecken sich weiter und weiter ausbreitet, so liegt in dieser Macht
menschlicher Industrie etwas Ernstes / Schönes, das wol Bewunderung er¬
zwingt. Aber der Amerikaner übertreibt seinen Haß gegen die Bäume; blind
wüthet er mit Feuer und Art gegen seine prachtvollen Wälder, verbrannte
Baumstämme, verkohlte Stümpfe sind die ersten Zeichen der beginnenden Cultur.
Ich will versuchen, hier in leichten Umrissen eine Skizze davon zu entwerfen,
wie man in Louisiana den Urwald bezwingt.

Hat ein Ansiedler den Ort gefunden, wo er sich niederzulassen gedenkt,
so muß er zuerst die Gewächse abmähen, von welchen die Erde bedeckt ist,
dann tausendfach verschlungene, von Busch zu Busch ziehende, und selbst dicht
verwachsene, Platanen und Eichen umschlingende Lianen mit der Wurzel aus¬
rotten; .gewöhnlich hat das Feuer dies erste Geschäft zu besorgen, weil dann
die Schlangen, Scorpione, Chamäleons, Eidechsen, Tiger und Bären er¬
schrocken davonfliehcn, welche seit Jahren die ungestörten Besitzer dieser


Häuser weggeschwemmt, ihr Vieh ersäuft; sie sind auf ein Jahr ruinirt und
— sie tanzen dennoch! Eine Seuche tödtet ihre Sklaven, ja dann werden sie
traurig. Was bedauern sie? die Menschen oder ihr Geld?--Die Sklaverei
herrscht hier; Sklaverei, das große Laster des Lebens in Amerika. Die Creolen
Flut reich und diese Schwarzen müssen ohne Lohn für sie blutigen Schweiß ver¬
gießen; sie haben sich zu Tyrannen über ihr Leben gemacht. Aber die
Peitschenhiebe, — und die Halseisen.....!

Ich weiß auf diese Anschuldigungen nur das eine zu erwidern, daß die
Sklaverei ein so alt eingewurzeltes Uebel, daß die jetzige Generation nicht
mehr verantwortlich dafür ist. Ich vertheidige sie nicht, aber ich achte die
Creolen, welche Mitgefühl für ihre Sklaven haben, und das ist die größere
Zahl. Gibt es gleich noch solche Ungeheuer, wie ich manche der Rache der
Völker bezeichnen könnte, so bin ich doch glücklich in dem Gedanken, ein halbes
Jahr in einer Pflanzung gelebt, ohne einen Seufzer gehört zu haben.

Wir stehen an dem Fluß, welcher Arkansas und Louisiana scheidet. Links
ist noch der blühende fruchtbare Staat Missisippi, der zum Theil aus den vor,
maligen spanischen Floridas entstand, welches, vom Meschacb« beginnend, am
Ufer des Atlantischen Oceans in unermeßlichen Savannen sich verlor. Tiefer
hinab sahen wir den Uazoofluß, von welchem die zahlreichen im Westen der
Gebirge wohnenden Indianer ihren Namen erhielten, die der Beschreiber der
Natchez zu den verschworenen Nationen rechnet.

Auf beiden Ufern des Flusses zeigen sich beträchtliche Anstedlungen; täglich
verliert der Missisippi mehr von seiner Stille, Einsamkeit und eigenthümlichen
Erhabenheit. Mir, der ich kein Amerikaner bin, war, ich gestehe es, der An¬
blick dieser Niederlassungen doch oft peinlich. In der That, wenn solch eine
ins Großartige getriebene Ansiedlung mit ihren Hütten, Gärten und unge¬
heuren Länderstrecken sich weiter und weiter ausbreitet, so liegt in dieser Macht
menschlicher Industrie etwas Ernstes / Schönes, das wol Bewunderung er¬
zwingt. Aber der Amerikaner übertreibt seinen Haß gegen die Bäume; blind
wüthet er mit Feuer und Art gegen seine prachtvollen Wälder, verbrannte
Baumstämme, verkohlte Stümpfe sind die ersten Zeichen der beginnenden Cultur.
Ich will versuchen, hier in leichten Umrissen eine Skizze davon zu entwerfen,
wie man in Louisiana den Urwald bezwingt.

Hat ein Ansiedler den Ort gefunden, wo er sich niederzulassen gedenkt,
so muß er zuerst die Gewächse abmähen, von welchen die Erde bedeckt ist,
dann tausendfach verschlungene, von Busch zu Busch ziehende, und selbst dicht
verwachsene, Platanen und Eichen umschlingende Lianen mit der Wurzel aus¬
rotten; .gewöhnlich hat das Feuer dies erste Geschäft zu besorgen, weil dann
die Schlangen, Scorpione, Chamäleons, Eidechsen, Tiger und Bären er¬
schrocken davonfliehcn, welche seit Jahren die ungestörten Besitzer dieser


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/421>, abgerufen am 03.07.2024.