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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.

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Wie Sebastopol von den dunkeln Fluten des Pontus bespült ist, so brechen
sich die Fluten des schönen Mittelmeers am Fuße der schroffen Marmorbank,
auf welcher Tarragona erbaut ist. Gleiche Terrainschwierigkeiten, wie jetzt bei
Sebastopol, hatten die Belagerer von Tarragona zu überwinden. Außerdem
hatten sie fortwährende Angriffe der in ihrem Rücken operirenden spanischen
Armeen zu bekämpfen und sich der Ueberfälle zahlreicher Gnerillahaufen zu er¬
wehren, die nicht müde wurden, die Zufuhren von Lebensmitteln-- welche aus
fernen Provinzen, sogar aus Frankreich selbst herbeigeschafft werden mußten --
abzuschneiden und die Bedeckung rückwärts zu werfen. Endlich aber hatten sie
es noch mit der englischen Flotte zu thun, die der Festung je nach Bedürf¬
niß Proviant, Munition und Ergänzungstruppen zuführte und keine Gelegen¬
heit versäumte, die Arbeiten der Belagerer in der Nähe des Meeres zu hindern
oder zu zerstören.

Sowie es den Franzosen unmöglich war, die Festung von ihrer Verbindung
auf dem Seewege abzuschneiden, so konnte deren Berennung von der Landseite,
nordöstlich bei Altafulla beginnend, über die Straße von Valls und die große
nach Madrid führende Heerstraße, auf einer Strecke mehrer Meilen bis zum
Francoli fortlaufend, unter Berücksichtigung des höchst schwierigen Terrains
nur unter Anstrengungen bewerkstelligt werden, wie deren die Kriegsgeschichte
nicht häusig Erwähnung thut.

Während Sebastopol in eine enge langgestreckte Felsenbucht hineingebaut
ist, deren vorspringende Grate mit Festungswerken sehr solider Art gekrönt
sind, steigen die Felsen, auf denen die Werke von Tarragona aufgeführt, theil¬
weise eingehauen sind, überall steil auf, um in südöstlicher Richtung schroff
wie der Felsen von Gibraltar, nur in geringerer Höhe, zum Meere abzuschießen.
Nur die Außenwerke der untern Stadt und des Forts Royal neigen westlich
feinster zum Meere und zu den Ufern des Francoli ins flache Land hinab.
Hier gewährten indeß die Kanonen der englischen Flotte den Belagerten eine
bedeutende Hilfe.

Um das Feuer gegen Sebastopol zu eröffnen, hatten die verbündeten
Heere allerdings mit unsäglicher Mühe ihre Riesengeschütze nebst Schießbe¬
darf u. s. w. die Felsenkamme, einen nach dem andern, hinaufzuschleppen,
von denen die Feste von Westen nach Osten, wo die Belagerer ihre Arbeiten
zuerst begannen, eingeschlossen ist. Die Franzosen vor Tarragona mußten zur
Errichtung ihrer Batterien die nordwestlich von der Festung gelegenen Marmor--
danke erklimmen und sich in diese an einzelnen Stellen buchstäblich hinein-
bohren, was häufig durch Sprengen geschah, ehe es ihnen möglich wurde,
ihre Geschütze, die oft von hundert Menschen hinaufgezogen wurden, in Position
zu 'bringen. Zum Schutz mancher Batterie mußte die Erde stundenweit herbei¬
geholt, meist getragen werden.


31'

Wie Sebastopol von den dunkeln Fluten des Pontus bespült ist, so brechen
sich die Fluten des schönen Mittelmeers am Fuße der schroffen Marmorbank,
auf welcher Tarragona erbaut ist. Gleiche Terrainschwierigkeiten, wie jetzt bei
Sebastopol, hatten die Belagerer von Tarragona zu überwinden. Außerdem
hatten sie fortwährende Angriffe der in ihrem Rücken operirenden spanischen
Armeen zu bekämpfen und sich der Ueberfälle zahlreicher Gnerillahaufen zu er¬
wehren, die nicht müde wurden, die Zufuhren von Lebensmitteln— welche aus
fernen Provinzen, sogar aus Frankreich selbst herbeigeschafft werden mußten —
abzuschneiden und die Bedeckung rückwärts zu werfen. Endlich aber hatten sie
es noch mit der englischen Flotte zu thun, die der Festung je nach Bedürf¬
niß Proviant, Munition und Ergänzungstruppen zuführte und keine Gelegen¬
heit versäumte, die Arbeiten der Belagerer in der Nähe des Meeres zu hindern
oder zu zerstören.

Sowie es den Franzosen unmöglich war, die Festung von ihrer Verbindung
auf dem Seewege abzuschneiden, so konnte deren Berennung von der Landseite,
nordöstlich bei Altafulla beginnend, über die Straße von Valls und die große
nach Madrid führende Heerstraße, auf einer Strecke mehrer Meilen bis zum
Francoli fortlaufend, unter Berücksichtigung des höchst schwierigen Terrains
nur unter Anstrengungen bewerkstelligt werden, wie deren die Kriegsgeschichte
nicht häusig Erwähnung thut.

Während Sebastopol in eine enge langgestreckte Felsenbucht hineingebaut
ist, deren vorspringende Grate mit Festungswerken sehr solider Art gekrönt
sind, steigen die Felsen, auf denen die Werke von Tarragona aufgeführt, theil¬
weise eingehauen sind, überall steil auf, um in südöstlicher Richtung schroff
wie der Felsen von Gibraltar, nur in geringerer Höhe, zum Meere abzuschießen.
Nur die Außenwerke der untern Stadt und des Forts Royal neigen westlich
feinster zum Meere und zu den Ufern des Francoli ins flache Land hinab.
Hier gewährten indeß die Kanonen der englischen Flotte den Belagerten eine
bedeutende Hilfe.

Um das Feuer gegen Sebastopol zu eröffnen, hatten die verbündeten
Heere allerdings mit unsäglicher Mühe ihre Riesengeschütze nebst Schießbe¬
darf u. s. w. die Felsenkamme, einen nach dem andern, hinaufzuschleppen,
von denen die Feste von Westen nach Osten, wo die Belagerer ihre Arbeiten
zuerst begannen, eingeschlossen ist. Die Franzosen vor Tarragona mußten zur
Errichtung ihrer Batterien die nordwestlich von der Festung gelegenen Marmor--
danke erklimmen und sich in diese an einzelnen Stellen buchstäblich hinein-
bohren, was häufig durch Sprengen geschah, ehe es ihnen möglich wurde,
ihre Geschütze, die oft von hundert Menschen hinaufgezogen wurden, in Position
zu 'bringen. Zum Schutz mancher Batterie mußte die Erde stundenweit herbei¬
geholt, meist getragen werden.


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[0411] Wie Sebastopol von den dunkeln Fluten des Pontus bespült ist, so brechen sich die Fluten des schönen Mittelmeers am Fuße der schroffen Marmorbank, auf welcher Tarragona erbaut ist. Gleiche Terrainschwierigkeiten, wie jetzt bei Sebastopol, hatten die Belagerer von Tarragona zu überwinden. Außerdem hatten sie fortwährende Angriffe der in ihrem Rücken operirenden spanischen Armeen zu bekämpfen und sich der Ueberfälle zahlreicher Gnerillahaufen zu er¬ wehren, die nicht müde wurden, die Zufuhren von Lebensmitteln— welche aus fernen Provinzen, sogar aus Frankreich selbst herbeigeschafft werden mußten — abzuschneiden und die Bedeckung rückwärts zu werfen. Endlich aber hatten sie es noch mit der englischen Flotte zu thun, die der Festung je nach Bedürf¬ niß Proviant, Munition und Ergänzungstruppen zuführte und keine Gelegen¬ heit versäumte, die Arbeiten der Belagerer in der Nähe des Meeres zu hindern oder zu zerstören. Sowie es den Franzosen unmöglich war, die Festung von ihrer Verbindung auf dem Seewege abzuschneiden, so konnte deren Berennung von der Landseite, nordöstlich bei Altafulla beginnend, über die Straße von Valls und die große nach Madrid führende Heerstraße, auf einer Strecke mehrer Meilen bis zum Francoli fortlaufend, unter Berücksichtigung des höchst schwierigen Terrains nur unter Anstrengungen bewerkstelligt werden, wie deren die Kriegsgeschichte nicht häusig Erwähnung thut. Während Sebastopol in eine enge langgestreckte Felsenbucht hineingebaut ist, deren vorspringende Grate mit Festungswerken sehr solider Art gekrönt sind, steigen die Felsen, auf denen die Werke von Tarragona aufgeführt, theil¬ weise eingehauen sind, überall steil auf, um in südöstlicher Richtung schroff wie der Felsen von Gibraltar, nur in geringerer Höhe, zum Meere abzuschießen. Nur die Außenwerke der untern Stadt und des Forts Royal neigen westlich feinster zum Meere und zu den Ufern des Francoli ins flache Land hinab. Hier gewährten indeß die Kanonen der englischen Flotte den Belagerten eine bedeutende Hilfe. Um das Feuer gegen Sebastopol zu eröffnen, hatten die verbündeten Heere allerdings mit unsäglicher Mühe ihre Riesengeschütze nebst Schießbe¬ darf u. s. w. die Felsenkamme, einen nach dem andern, hinaufzuschleppen, von denen die Feste von Westen nach Osten, wo die Belagerer ihre Arbeiten zuerst begannen, eingeschlossen ist. Die Franzosen vor Tarragona mußten zur Errichtung ihrer Batterien die nordwestlich von der Festung gelegenen Marmor-- danke erklimmen und sich in diese an einzelnen Stellen buchstäblich hinein- bohren, was häufig durch Sprengen geschah, ehe es ihnen möglich wurde, ihre Geschütze, die oft von hundert Menschen hinaufgezogen wurden, in Position zu 'bringen. Zum Schutz mancher Batterie mußte die Erde stundenweit herbei¬ geholt, meist getragen werden. 31'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_99385/411>, abgerufen am 22.07.2024.