Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. II. Band.welche er herbeibeschwört, und die er auf die Basis jener berühmten historischen' welche er herbeibeschwört, und die er auf die Basis jener berühmten historischen' <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0223" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99609"/> <p xml:id="ID_752" prev="#ID_751" next="#ID_753"> welche er herbeibeschwört, und die er auf die Basis jener berühmten historischen'<lb/> Majorität von 1830 errichten will. Und nach einem so langen Traume, nachdem<lb/> der Moment gekommen, um dieses schöne Ideal zu verwirklichen, erwacht der hoch¬<lb/> achtbare Deputirte von Termonde, und findet sich in einem Parteiministerium<lb/> wieder, das ans Männern der Rechten gebildet ist, zwischen Herrn Vilain XIV.<lb/> und Herrn Mercier. So constatirt Herr Dedecker selbst in aufdringlicher Weise<lb/> die Hinfälligkeit der Ideen, die er seit fünfzehn Jahren in Prosa gepredigt und<lb/> in Versen besungen hat; er kann keinen Augenblick aus den nebelichten Sphären<lb/> der Theorien auf die positive Erde der Praxis herabsteigen, ohne zu entdecken,<lb/> daß er heute ist, was er eigentlich immer gewesen, ein Parteimann. Im<lb/> Jahre -I8S0 war er mit seinem jetzigen Collegen Vilain und Mercier, einer<lb/> der heftigsten Gegner der Organisation des Unterrichts durch den Staat. Die<lb/> Ideen dieser Herren und ihres Gleichen in Beziehung ans den Unterricht sind<lb/> bekannt; sie lassen sich mit den Worten: die Vernunft am Gängelbande des<lb/> Klerus, ausdrücken. Was aus dem Staatsnnterricht unter ihren Händen<lb/> werden wird, wenn sie die Macht lange genug behalten, um ihre philanthro¬<lb/> pischen Ideen von Frieden lind Vereinigung i-us Werk zu setzen, läßt sich er¬<lb/> warten. Später, bei dem Gesetzvorschlag über die öffentliche Wohlthätigkeit,<lb/> erhob sich Herr Dedecker gegen das liberale System, gegen ,,diese servile Nach¬<lb/> ahmung des alten französischen Systems", wie er es nannte, die freilich der<lb/> Wiederherstellung des Rechts der todten Hand unter dem Borwande der christ¬<lb/> lichen Liebe den Damm einer heilsamen Gesetzgebung entgegenstellt, die sich<lb/> gegen die Anhäufung des Eigenthums in den Händen der geistlichen Corpora-<lb/> tionen, gegen die Verschleuderung und Unterschlagung des Erbtheils der<lb/> Armen erklärt. Das sind seine Präcedcntien in den zwei Hauptfragen, in<lb/> den brennendsten Fragen, welche die Parteien geschieden hatten. Was die<lb/> gouvernementale und administrative Befähigung des Herrn Dedecker betrifft,<lb/> so haben ihm die frommen Organe ein glänzendes Certistcat von Talent, Er¬<lb/> fahrung und Fähigkeiten ausgestellt. Aber welches Pfand hat er für seine<lb/> administrative Befähigung gegeben? welche Probe hat er in der gouvernemen-<lb/> talen Praris bestanden? Er hat seine ganze Laufbahn dazu verwendet, die<lb/> Gestirne des idealen Firmaments, welches er sich geschaffen, zu betrachten, zu<lb/> träumen und seine Träume in Phrasen ebenso nebelicht, wie seine phantastischen<lb/> Visionen zu übersetzen. Er ist wirklich der am wenigsten positive, am wenig¬<lb/> sten praktische Mensch des belgischen Parlaments. Und bescheiden hat er sich<lb/> das Ministerium des Innern zugelegt, das complicirteste Departement, von<lb/> dem die verschiedensten und zahlreichsten Geschäfte resfortiren. Aber der Himmel<lb/> gibt es den Seinigen zuweilen im Schlafe und zählt man zu seinen Für¬<lb/> sprechern erst jene Leibga-rde, deren Mitglieder alle, vom rothen Cardinalshut</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0223]
welche er herbeibeschwört, und die er auf die Basis jener berühmten historischen'
Majorität von 1830 errichten will. Und nach einem so langen Traume, nachdem
der Moment gekommen, um dieses schöne Ideal zu verwirklichen, erwacht der hoch¬
achtbare Deputirte von Termonde, und findet sich in einem Parteiministerium
wieder, das ans Männern der Rechten gebildet ist, zwischen Herrn Vilain XIV.
und Herrn Mercier. So constatirt Herr Dedecker selbst in aufdringlicher Weise
die Hinfälligkeit der Ideen, die er seit fünfzehn Jahren in Prosa gepredigt und
in Versen besungen hat; er kann keinen Augenblick aus den nebelichten Sphären
der Theorien auf die positive Erde der Praxis herabsteigen, ohne zu entdecken,
daß er heute ist, was er eigentlich immer gewesen, ein Parteimann. Im
Jahre -I8S0 war er mit seinem jetzigen Collegen Vilain und Mercier, einer
der heftigsten Gegner der Organisation des Unterrichts durch den Staat. Die
Ideen dieser Herren und ihres Gleichen in Beziehung ans den Unterricht sind
bekannt; sie lassen sich mit den Worten: die Vernunft am Gängelbande des
Klerus, ausdrücken. Was aus dem Staatsnnterricht unter ihren Händen
werden wird, wenn sie die Macht lange genug behalten, um ihre philanthro¬
pischen Ideen von Frieden lind Vereinigung i-us Werk zu setzen, läßt sich er¬
warten. Später, bei dem Gesetzvorschlag über die öffentliche Wohlthätigkeit,
erhob sich Herr Dedecker gegen das liberale System, gegen ,,diese servile Nach¬
ahmung des alten französischen Systems", wie er es nannte, die freilich der
Wiederherstellung des Rechts der todten Hand unter dem Borwande der christ¬
lichen Liebe den Damm einer heilsamen Gesetzgebung entgegenstellt, die sich
gegen die Anhäufung des Eigenthums in den Händen der geistlichen Corpora-
tionen, gegen die Verschleuderung und Unterschlagung des Erbtheils der
Armen erklärt. Das sind seine Präcedcntien in den zwei Hauptfragen, in
den brennendsten Fragen, welche die Parteien geschieden hatten. Was die
gouvernementale und administrative Befähigung des Herrn Dedecker betrifft,
so haben ihm die frommen Organe ein glänzendes Certistcat von Talent, Er¬
fahrung und Fähigkeiten ausgestellt. Aber welches Pfand hat er für seine
administrative Befähigung gegeben? welche Probe hat er in der gouvernemen-
talen Praris bestanden? Er hat seine ganze Laufbahn dazu verwendet, die
Gestirne des idealen Firmaments, welches er sich geschaffen, zu betrachten, zu
träumen und seine Träume in Phrasen ebenso nebelicht, wie seine phantastischen
Visionen zu übersetzen. Er ist wirklich der am wenigsten positive, am wenig¬
sten praktische Mensch des belgischen Parlaments. Und bescheiden hat er sich
das Ministerium des Innern zugelegt, das complicirteste Departement, von
dem die verschiedensten und zahlreichsten Geschäfte resfortiren. Aber der Himmel
gibt es den Seinigen zuweilen im Schlafe und zählt man zu seinen Für¬
sprechern erst jene Leibga-rde, deren Mitglieder alle, vom rothen Cardinalshut
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