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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

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der weite Umkreis der menschenerfüllten Stadtviertel vom Fall der zahlreichen
durch das Erdbeben umgestürzten schlanken Minarets und vom Einfallen der
Kuppeln vieler Moscheen. Kaum eine von mehr als hundertunddreißig blieb
unversehrt. Einzelne Straßen waren stellenweise nur noch Trümmerhaufen.
Mächtige massive Bauwerke, die zuvor Jahrhunderte lang allen Einwirkungen
der Zeit und der Vielfachen unterirdischen Erschütterungen getrotzt hatten,
waren aus ihren Fundamenten gelöst und niedergelegt worden. Aber der
Schrecken steigerte sich noch, als man erfuhr, wie hier und dort ganze Familien,
die frommen Beter unter den Moscheenkuppeln, und in einer Seidensabrik eine
Schar Spinnerinnen verschüttet worden seien.

Zuverlässigen Angaben nach soll die Zahl der eingestürzten Moscheen sich
auf fünfzig, die der rastrten Minarets sich auf achtzig belaufen. Das Retten
der Verschütteten wurde um so schwieriger, als die Erdstöße fortdauernd sich
von halber Stunde zu halber Stunde wiederholten und bis in die Nacht währten.
Dazu kam, daß am Abend Feuer ausbrach. Es hat über sechs Stunden lang
gewüthet, indem bei der veranlaßten Verwirrung die Spritzen nicht sofort zur
Hand waren und ein bedeutender Theil des unter dem Namen Batut Bazar
(Fischmarkt) bekannten Stadtviertels liegt nun in Asche. Gleich bei dem ersten
Erdstöße hatte dasselbe Quartier am meisten zu leiden, indem die Erschütterung
unförmlich große Quadersteine und Felsmassen von der hochgelegenen Feste
loslöste und auf die unten gelegenen Häuser fallen ließ, von denen in dieser
Weise dreizehn zertrümmert wurden.




Clirrespondenzeit.

-- El"? Frauenverein. Unter dem Titel: "Consesstonelle Be¬
strebungen der deutschen Gegenwart" brachten die Grenzboten neuerdings eine Be¬
sprechung aller der Vereine und Anstalten, die von der katholischen Kirche ins Leben
gerufen und befördert werden, theils um das kirchliche Leben an sich zu stärken,
theils um die zerstreut lebenden Glieder' der Kirche zu sammeln, sie vom Abfall
fernzuhalten theils missionarischer Zwecke halber, die nicht blos in fernen Welt¬
theilen geübt werden sollen.

Es ist dies gewiß ein sehr dankenswerthes Unternehmen, denn protestantischer-
seits werden die Streitkräfte und Werkzeuge der katholischen Geistlichkeit theils sehr



Dem geehrten Einsender bemerken wir, daß wir das, was er über das Treiben der
neuen katholischen Schale sagt, aus formellen Gründen zwar nicht abdrucken, aber seine An¬
D. N. sicht vollständig theilen.

der weite Umkreis der menschenerfüllten Stadtviertel vom Fall der zahlreichen
durch das Erdbeben umgestürzten schlanken Minarets und vom Einfallen der
Kuppeln vieler Moscheen. Kaum eine von mehr als hundertunddreißig blieb
unversehrt. Einzelne Straßen waren stellenweise nur noch Trümmerhaufen.
Mächtige massive Bauwerke, die zuvor Jahrhunderte lang allen Einwirkungen
der Zeit und der Vielfachen unterirdischen Erschütterungen getrotzt hatten,
waren aus ihren Fundamenten gelöst und niedergelegt worden. Aber der
Schrecken steigerte sich noch, als man erfuhr, wie hier und dort ganze Familien,
die frommen Beter unter den Moscheenkuppeln, und in einer Seidensabrik eine
Schar Spinnerinnen verschüttet worden seien.

Zuverlässigen Angaben nach soll die Zahl der eingestürzten Moscheen sich
auf fünfzig, die der rastrten Minarets sich auf achtzig belaufen. Das Retten
der Verschütteten wurde um so schwieriger, als die Erdstöße fortdauernd sich
von halber Stunde zu halber Stunde wiederholten und bis in die Nacht währten.
Dazu kam, daß am Abend Feuer ausbrach. Es hat über sechs Stunden lang
gewüthet, indem bei der veranlaßten Verwirrung die Spritzen nicht sofort zur
Hand waren und ein bedeutender Theil des unter dem Namen Batut Bazar
(Fischmarkt) bekannten Stadtviertels liegt nun in Asche. Gleich bei dem ersten
Erdstöße hatte dasselbe Quartier am meisten zu leiden, indem die Erschütterung
unförmlich große Quadersteine und Felsmassen von der hochgelegenen Feste
loslöste und auf die unten gelegenen Häuser fallen ließ, von denen in dieser
Weise dreizehn zertrümmert wurden.




Clirrespondenzeit.

— El»? Frauenverein. Unter dem Titel: „Consesstonelle Be¬
strebungen der deutschen Gegenwart" brachten die Grenzboten neuerdings eine Be¬
sprechung aller der Vereine und Anstalten, die von der katholischen Kirche ins Leben
gerufen und befördert werden, theils um das kirchliche Leben an sich zu stärken,
theils um die zerstreut lebenden Glieder' der Kirche zu sammeln, sie vom Abfall
fernzuhalten theils missionarischer Zwecke halber, die nicht blos in fernen Welt¬
theilen geübt werden sollen.

Es ist dies gewiß ein sehr dankenswerthes Unternehmen, denn protestantischer-
seits werden die Streitkräfte und Werkzeuge der katholischen Geistlichkeit theils sehr



Dem geehrten Einsender bemerken wir, daß wir das, was er über das Treiben der
neuen katholischen Schale sagt, aus formellen Gründen zwar nicht abdrucken, aber seine An¬
D. N. sicht vollständig theilen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/522>, abgerufen am 29.06.2024.