Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.Herzogthümern beschlossen, so kann dieselbe nur auf politische Rücksichten ge¬ Wir können uns gefallen lassen, daß Familienbrauch und Familienstatut Und während sie sorgsam bemüht sind, die wunderlichen Privilegien ihrer Herzogthümern beschlossen, so kann dieselbe nur auf politische Rücksichten ge¬ Wir können uns gefallen lassen, daß Familienbrauch und Familienstatut Und während sie sorgsam bemüht sind, die wunderlichen Privilegien ihrer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0381" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99233"/> <p xml:id="ID_1305" prev="#ID_1304"> Herzogthümern beschlossen, so kann dieselbe nur auf politische Rücksichten ge¬<lb/> stützt werden. Nimmermehr ist sie auf die Behauptung zu gründen, daß die<lb/> Abstammung der Augustenburger eine unstandesmäßige sei. Mag das genannte<lb/> Haus die Zurücksetzung als ein unbezwingbares Schicksal über sich ergehen<lb/> lassen, ihre Familienzllstandsrechte sind damit, nicht vernichtet. — Soweit Zöpfl.</p><lb/> <p xml:id="ID_1306"> Wir können uns gefallen lassen, daß Familienbrauch und Familienstatut<lb/> bei den regierenden Häusern den Kreis der zu wählenden Gatten aus eine be¬<lb/> stimmte Classe von Persönlichkeiten beschränkt, wir wollen uns bescheiden, daß<lb/> bei den gegenwärtigen deutschen Verhältnissen ein Landesfürst nicht weise han¬<lb/> deln würde, seine Gemahlin aus einer Sphäre zu nehmen, welche nach der<lb/> allgemeinen Ansicht unter der seinen steht. Aber die große Menge von<lb/> verschiedenen Adelsclassen mit verschiedenen Ansprüchen, welche sich wieder<lb/> untereinander gegenüberstehen und von denen die eine auf die andre mit dem<lb/> Stolz höherer Geburt und Stellung herabsieht, vermag das Volk nicht für ein<lb/> Glück zu halten. Und daß grade wir in Deutschland einen solchen Ueberfluß<lb/> an mediatisirten Familien haben, welche sich weder durch größeren Reichthum<lb/> und Grundbesitz, noch durch höhere Intelligenz, noch durch irgendetwas als durch<lb/> ihre Ansprüche von der modernen Aristokratie der einzelnen Staaten unterscheiden,<lb/> das wird auch ein streng conservativ.er Mann für ein Unglück halten können.<lb/> Denn viele dieser Familien haben ihr Angesicht hartnäckig der Vergangenheit<lb/> zugekehrt und fügen sich nur widerwillig den Lebensgesetzen der modernen Staa¬<lb/> ten, in deren Gebiet ihre Besitzungen liegen und deren Gedeihen ihre Ehre<lb/> und ihr Stolz sein soll. Auch in dieser Classe der Privilegirten gibt es sicher<lb/> nicht wenig brave und patriotische Männer, aber ihre Stellung ist nicht dazu<lb/> geeignet, die Hingebung an einen einzelnen Staat zu begünstigen; am wenig¬<lb/> sten dann, wenn ihre Besitzungen mehren Souveränetäten zugetheilt sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1307"> Und während sie sorgsam bemüht sind, die wunderlichen Privilegien ihrer<lb/> exceptionellen Stellung zu bewahren und verlorene wiederzugewinnen, hebt die<lb/> Zeit, die unwiderstehliche, ihre Hand gegen sie auf, und in dem neuen<lb/> Staatsleben werden sie als widerwillige und widerstrebende — im besten Falle all-<lb/> mälig und ohne Verletzung ihrer Eigenthumsrechte — der Privilegien, welche<lb/> sie für ihre theuersten Rechte halten, entkleidet werden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0381]
Herzogthümern beschlossen, so kann dieselbe nur auf politische Rücksichten ge¬
stützt werden. Nimmermehr ist sie auf die Behauptung zu gründen, daß die
Abstammung der Augustenburger eine unstandesmäßige sei. Mag das genannte
Haus die Zurücksetzung als ein unbezwingbares Schicksal über sich ergehen
lassen, ihre Familienzllstandsrechte sind damit, nicht vernichtet. — Soweit Zöpfl.
Wir können uns gefallen lassen, daß Familienbrauch und Familienstatut
bei den regierenden Häusern den Kreis der zu wählenden Gatten aus eine be¬
stimmte Classe von Persönlichkeiten beschränkt, wir wollen uns bescheiden, daß
bei den gegenwärtigen deutschen Verhältnissen ein Landesfürst nicht weise han¬
deln würde, seine Gemahlin aus einer Sphäre zu nehmen, welche nach der
allgemeinen Ansicht unter der seinen steht. Aber die große Menge von
verschiedenen Adelsclassen mit verschiedenen Ansprüchen, welche sich wieder
untereinander gegenüberstehen und von denen die eine auf die andre mit dem
Stolz höherer Geburt und Stellung herabsieht, vermag das Volk nicht für ein
Glück zu halten. Und daß grade wir in Deutschland einen solchen Ueberfluß
an mediatisirten Familien haben, welche sich weder durch größeren Reichthum
und Grundbesitz, noch durch höhere Intelligenz, noch durch irgendetwas als durch
ihre Ansprüche von der modernen Aristokratie der einzelnen Staaten unterscheiden,
das wird auch ein streng conservativ.er Mann für ein Unglück halten können.
Denn viele dieser Familien haben ihr Angesicht hartnäckig der Vergangenheit
zugekehrt und fügen sich nur widerwillig den Lebensgesetzen der modernen Staa¬
ten, in deren Gebiet ihre Besitzungen liegen und deren Gedeihen ihre Ehre
und ihr Stolz sein soll. Auch in dieser Classe der Privilegirten gibt es sicher
nicht wenig brave und patriotische Männer, aber ihre Stellung ist nicht dazu
geeignet, die Hingebung an einen einzelnen Staat zu begünstigen; am wenig¬
sten dann, wenn ihre Besitzungen mehren Souveränetäten zugetheilt sind.
Und während sie sorgsam bemüht sind, die wunderlichen Privilegien ihrer
exceptionellen Stellung zu bewahren und verlorene wiederzugewinnen, hebt die
Zeit, die unwiderstehliche, ihre Hand gegen sie auf, und in dem neuen
Staatsleben werden sie als widerwillige und widerstrebende — im besten Falle all-
mälig und ohne Verletzung ihrer Eigenthumsrechte — der Privilegien, welche
sie für ihre theuersten Rechte halten, entkleidet werden.
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