Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

aufmerksam gemacht; im gegenwärtigen Augenblick, wo dieselben vollständig
gesammelt uns vorliegen, kommen wir noch einmal darauf zurück. Es ist ein
stattliches Werk, es enthalt mehr als 2400 enggedruckte Seiten, und die Fülle
des Materials entspricht vollkommen diesem Umfang. Die Sammlung war
gerechtfertigt, denn Kuglers Abhandlungen über Gegenstände der bildenden
Kunst waren in den verschiedenartigsten Journalen und Flugschriften verstreut,
deren man nicht leicht habhaft werden konnte, und doch enthalten die meisten
derselben Gegenstände von bleibendem Interesse, die man beim Studium der
bildenden Kunst nicht umgehen darf. Zu Anfang konnten wir den Wunsch
nicht unterdrücken, der Versasser möchte seine frühern, leicht hingeworfenen
Schriften überarbeitet und ein größeres Ganze daraus gemacht haben, nach
näherer Einsicht in die Sachlage aber sind wir von dieser Vorstellung zurück¬
gekommen. Die Aufgabe wäre unmöglich gewesen. Ein Ganzes wäre doch
nicht daraus hervorgegangen, und abgesehen von einzelnen handgreiflichen
Irrthümern, die der Verfasser mit Recht entfernt hat, kann es nur von In¬
teresse sein, auch die Stimmung der Zeit, in der die Aufsätze entstanden, mit
in Rechnung zu ziehen. Denn die artistische Kritik hat namentlich in neuester
Zeit ebenso ihre Geschichte, wie die Kunst selbst; eine Geschichte, die, wie wir
nachher auseinandersetzen werben, sich in ziemlich schnellen Fortschritten bewegt
und die nicht unwichtig für die Einsicht in unsre Culturverhältnisse ist. Zudem
ist gegenwärtig durch ein sehr vollständiges Register, welches in dreifacher
Gliederung nach Orten, Personen und Sachen geordnet ist, für die Brauch
harten des Handbuchs zum Nachschlagen vollständig gesorgt.

Was die einzelnen Abhandlungen betrifft, so heben wir natürlich zunächst
die größeren hervor, die auch in der Darstellung einen selbstständigen Werth für
sich beanspruchen; es ist das zunächst die Abhandlung über die antike Polvchromie,
die Charakteristik Schinkels und die pommersche Kunstgeschichte. Die erste hat im
Laufe der Zeit durch mehrfache neue Entdeckungen ein etwas verändertes Ansehen
gewonnen, die beiden letztern sind erschöpfend und musterhaft. -- Den bedeutendsten
Werth in der ganzen Sammlung haben die Beschreibungen. Kugler hat überall nicht
blos mit der Feder, sondern auch mit dem Bleistift gearbeitet, und seine Abbil¬
dungen aus alten Pergamenthandschriften, aus kirchlichen Monumenten u. s. w.
haben einen um so größern Werth, da sie sehr sorgfältig ausgeführt sind uno
sich über einen außerordentlich weiten Raum ausdehnen. Kugler hat auf sei¬
nen zahlreichen Reisen mit warmer Liebe zu der Sache, welche die Haupt¬
aufgabe seines Lebens war, die entlegensten Orte durchstöbert'und mit seinem
seinen Verständniß für die Kunst das Wesentliche und Charakteristische aus¬
gefunden. -- Geringer ist für unsre Zeit die Bedeutung der Recensionen'und
Berichte, doch sind sie insofern von Interesse, als sie eine ziemlich vollständige
Literatur der modernen Kunstgeschichte geben. Die Kritiken über neue Bilder,


aufmerksam gemacht; im gegenwärtigen Augenblick, wo dieselben vollständig
gesammelt uns vorliegen, kommen wir noch einmal darauf zurück. Es ist ein
stattliches Werk, es enthalt mehr als 2400 enggedruckte Seiten, und die Fülle
des Materials entspricht vollkommen diesem Umfang. Die Sammlung war
gerechtfertigt, denn Kuglers Abhandlungen über Gegenstände der bildenden
Kunst waren in den verschiedenartigsten Journalen und Flugschriften verstreut,
deren man nicht leicht habhaft werden konnte, und doch enthalten die meisten
derselben Gegenstände von bleibendem Interesse, die man beim Studium der
bildenden Kunst nicht umgehen darf. Zu Anfang konnten wir den Wunsch
nicht unterdrücken, der Versasser möchte seine frühern, leicht hingeworfenen
Schriften überarbeitet und ein größeres Ganze daraus gemacht haben, nach
näherer Einsicht in die Sachlage aber sind wir von dieser Vorstellung zurück¬
gekommen. Die Aufgabe wäre unmöglich gewesen. Ein Ganzes wäre doch
nicht daraus hervorgegangen, und abgesehen von einzelnen handgreiflichen
Irrthümern, die der Verfasser mit Recht entfernt hat, kann es nur von In¬
teresse sein, auch die Stimmung der Zeit, in der die Aufsätze entstanden, mit
in Rechnung zu ziehen. Denn die artistische Kritik hat namentlich in neuester
Zeit ebenso ihre Geschichte, wie die Kunst selbst; eine Geschichte, die, wie wir
nachher auseinandersetzen werben, sich in ziemlich schnellen Fortschritten bewegt
und die nicht unwichtig für die Einsicht in unsre Culturverhältnisse ist. Zudem
ist gegenwärtig durch ein sehr vollständiges Register, welches in dreifacher
Gliederung nach Orten, Personen und Sachen geordnet ist, für die Brauch
harten des Handbuchs zum Nachschlagen vollständig gesorgt.

Was die einzelnen Abhandlungen betrifft, so heben wir natürlich zunächst
die größeren hervor, die auch in der Darstellung einen selbstständigen Werth für
sich beanspruchen; es ist das zunächst die Abhandlung über die antike Polvchromie,
die Charakteristik Schinkels und die pommersche Kunstgeschichte. Die erste hat im
Laufe der Zeit durch mehrfache neue Entdeckungen ein etwas verändertes Ansehen
gewonnen, die beiden letztern sind erschöpfend und musterhaft. — Den bedeutendsten
Werth in der ganzen Sammlung haben die Beschreibungen. Kugler hat überall nicht
blos mit der Feder, sondern auch mit dem Bleistift gearbeitet, und seine Abbil¬
dungen aus alten Pergamenthandschriften, aus kirchlichen Monumenten u. s. w.
haben einen um so größern Werth, da sie sehr sorgfältig ausgeführt sind uno
sich über einen außerordentlich weiten Raum ausdehnen. Kugler hat auf sei¬
nen zahlreichen Reisen mit warmer Liebe zu der Sache, welche die Haupt¬
aufgabe seines Lebens war, die entlegensten Orte durchstöbert'und mit seinem
seinen Verständniß für die Kunst das Wesentliche und Charakteristische aus¬
gefunden. — Geringer ist für unsre Zeit die Bedeutung der Recensionen'und
Berichte, doch sind sie insofern von Interesse, als sie eine ziemlich vollständige
Literatur der modernen Kunstgeschichte geben. Die Kritiken über neue Bilder,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0296" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/99148"/>
          <p xml:id="ID_1039" prev="#ID_1038"> aufmerksam gemacht; im gegenwärtigen Augenblick, wo dieselben vollständig<lb/>
gesammelt uns vorliegen, kommen wir noch einmal darauf zurück. Es ist ein<lb/>
stattliches Werk, es enthalt mehr als 2400 enggedruckte Seiten, und die Fülle<lb/>
des Materials entspricht vollkommen diesem Umfang. Die Sammlung war<lb/>
gerechtfertigt, denn Kuglers Abhandlungen über Gegenstände der bildenden<lb/>
Kunst waren in den verschiedenartigsten Journalen und Flugschriften verstreut,<lb/>
deren man nicht leicht habhaft werden konnte, und doch enthalten die meisten<lb/>
derselben Gegenstände von bleibendem Interesse, die man beim Studium der<lb/>
bildenden Kunst nicht umgehen darf. Zu Anfang konnten wir den Wunsch<lb/>
nicht unterdrücken, der Versasser möchte seine frühern, leicht hingeworfenen<lb/>
Schriften überarbeitet und ein größeres Ganze daraus gemacht haben, nach<lb/>
näherer Einsicht in die Sachlage aber sind wir von dieser Vorstellung zurück¬<lb/>
gekommen. Die Aufgabe wäre unmöglich gewesen. Ein Ganzes wäre doch<lb/>
nicht daraus hervorgegangen, und abgesehen von einzelnen handgreiflichen<lb/>
Irrthümern, die der Verfasser mit Recht entfernt hat, kann es nur von In¬<lb/>
teresse sein, auch die Stimmung der Zeit, in der die Aufsätze entstanden, mit<lb/>
in Rechnung zu ziehen. Denn die artistische Kritik hat namentlich in neuester<lb/>
Zeit ebenso ihre Geschichte, wie die Kunst selbst; eine Geschichte, die, wie wir<lb/>
nachher auseinandersetzen werben, sich in ziemlich schnellen Fortschritten bewegt<lb/>
und die nicht unwichtig für die Einsicht in unsre Culturverhältnisse ist. Zudem<lb/>
ist gegenwärtig durch ein sehr vollständiges Register, welches in dreifacher<lb/>
Gliederung nach Orten, Personen und Sachen geordnet ist, für die Brauch<lb/>
harten des Handbuchs zum Nachschlagen vollständig gesorgt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1040" next="#ID_1041"> Was die einzelnen Abhandlungen betrifft, so heben wir natürlich zunächst<lb/>
die größeren hervor, die auch in der Darstellung einen selbstständigen Werth für<lb/>
sich beanspruchen; es ist das zunächst die Abhandlung über die antike Polvchromie,<lb/>
die Charakteristik Schinkels und die pommersche Kunstgeschichte. Die erste hat im<lb/>
Laufe der Zeit durch mehrfache neue Entdeckungen ein etwas verändertes Ansehen<lb/>
gewonnen, die beiden letztern sind erschöpfend und musterhaft. &#x2014; Den bedeutendsten<lb/>
Werth in der ganzen Sammlung haben die Beschreibungen. Kugler hat überall nicht<lb/>
blos mit der Feder, sondern auch mit dem Bleistift gearbeitet, und seine Abbil¬<lb/>
dungen aus alten Pergamenthandschriften, aus kirchlichen Monumenten u. s. w.<lb/>
haben einen um so größern Werth, da sie sehr sorgfältig ausgeführt sind uno<lb/>
sich über einen außerordentlich weiten Raum ausdehnen. Kugler hat auf sei¬<lb/>
nen zahlreichen Reisen mit warmer Liebe zu der Sache, welche die Haupt¬<lb/>
aufgabe seines Lebens war, die entlegensten Orte durchstöbert'und mit seinem<lb/>
seinen Verständniß für die Kunst das Wesentliche und Charakteristische aus¬<lb/>
gefunden. &#x2014; Geringer ist für unsre Zeit die Bedeutung der Recensionen'und<lb/>
Berichte, doch sind sie insofern von Interesse, als sie eine ziemlich vollständige<lb/>
Literatur der modernen Kunstgeschichte geben. Die Kritiken über neue Bilder,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0296] aufmerksam gemacht; im gegenwärtigen Augenblick, wo dieselben vollständig gesammelt uns vorliegen, kommen wir noch einmal darauf zurück. Es ist ein stattliches Werk, es enthalt mehr als 2400 enggedruckte Seiten, und die Fülle des Materials entspricht vollkommen diesem Umfang. Die Sammlung war gerechtfertigt, denn Kuglers Abhandlungen über Gegenstände der bildenden Kunst waren in den verschiedenartigsten Journalen und Flugschriften verstreut, deren man nicht leicht habhaft werden konnte, und doch enthalten die meisten derselben Gegenstände von bleibendem Interesse, die man beim Studium der bildenden Kunst nicht umgehen darf. Zu Anfang konnten wir den Wunsch nicht unterdrücken, der Versasser möchte seine frühern, leicht hingeworfenen Schriften überarbeitet und ein größeres Ganze daraus gemacht haben, nach näherer Einsicht in die Sachlage aber sind wir von dieser Vorstellung zurück¬ gekommen. Die Aufgabe wäre unmöglich gewesen. Ein Ganzes wäre doch nicht daraus hervorgegangen, und abgesehen von einzelnen handgreiflichen Irrthümern, die der Verfasser mit Recht entfernt hat, kann es nur von In¬ teresse sein, auch die Stimmung der Zeit, in der die Aufsätze entstanden, mit in Rechnung zu ziehen. Denn die artistische Kritik hat namentlich in neuester Zeit ebenso ihre Geschichte, wie die Kunst selbst; eine Geschichte, die, wie wir nachher auseinandersetzen werben, sich in ziemlich schnellen Fortschritten bewegt und die nicht unwichtig für die Einsicht in unsre Culturverhältnisse ist. Zudem ist gegenwärtig durch ein sehr vollständiges Register, welches in dreifacher Gliederung nach Orten, Personen und Sachen geordnet ist, für die Brauch harten des Handbuchs zum Nachschlagen vollständig gesorgt. Was die einzelnen Abhandlungen betrifft, so heben wir natürlich zunächst die größeren hervor, die auch in der Darstellung einen selbstständigen Werth für sich beanspruchen; es ist das zunächst die Abhandlung über die antike Polvchromie, die Charakteristik Schinkels und die pommersche Kunstgeschichte. Die erste hat im Laufe der Zeit durch mehrfache neue Entdeckungen ein etwas verändertes Ansehen gewonnen, die beiden letztern sind erschöpfend und musterhaft. — Den bedeutendsten Werth in der ganzen Sammlung haben die Beschreibungen. Kugler hat überall nicht blos mit der Feder, sondern auch mit dem Bleistift gearbeitet, und seine Abbil¬ dungen aus alten Pergamenthandschriften, aus kirchlichen Monumenten u. s. w. haben einen um so größern Werth, da sie sehr sorgfältig ausgeführt sind uno sich über einen außerordentlich weiten Raum ausdehnen. Kugler hat auf sei¬ nen zahlreichen Reisen mit warmer Liebe zu der Sache, welche die Haupt¬ aufgabe seines Lebens war, die entlegensten Orte durchstöbert'und mit seinem seinen Verständniß für die Kunst das Wesentliche und Charakteristische aus¬ gefunden. — Geringer ist für unsre Zeit die Bedeutung der Recensionen'und Berichte, doch sind sie insofern von Interesse, als sie eine ziemlich vollständige Literatur der modernen Kunstgeschichte geben. Die Kritiken über neue Bilder,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/296
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_98851/296>, abgerufen am 29.06.2024.