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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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der Schlacht bei Hemmingstedt werth gezeigt. In ihm klang es nach, was
damals gesungen wurde:


Darmncr willen wi wagen Hals und Gut
Unde willen dar all nenne sterven,
Erc dat de Koning van Dennemark
So scholde unse schone Laut verderven.

Fritz Reventlow hatte ein gutes Theil von dem Muthe unsres glorreichen
Hütten und von dem Marke unsers unvergeßlichen Reichssreiherrn von Stein
in sich. Er wagte die Verbannung und sie ward ihm. Aber die Liebe aller
Redlichen folgte dem Redlichen und das Vertrauen des gesammten schleswig¬
holsteinischen Volkes würde ihm wie keinem andern zuströmen, wenn eine bessere
Zeit ihm gestatten sollte, aufs neue den Ruf zu der blaurothweißen Fahne
ergehen zu lassen. Sein tadelloser Ruf, seine Verdienste, seine Opfer werden
einst, wenn die Geschichte den Werth des tranöalbingischen Adels zur Fest¬
stellung eines Urtheils über die Berechtigung seiner Existenz abwiegen und in
die linke Wagschale den Wahnsinn eines Moltke. den Schwachsinn eines Re-
Ventlow-Criminil, die widernatürliche Verblendung eines Reventlow-Farve und
die empörende Gleichgiltigkeit mancher andern werfen wird, die rechte Schale
wenigstens in gleicher 5>öde erhalten. Seine Verwandten, der Altenhöser und
der Jersbecker, sind sich gleichfalls ihrer Pflicht bewußt gewesen. Nicht minder
gilt dies von mehren Mitgliedern der zahlreichen Ahlefeldschen Familie, be¬
sonders von denen, die einst in der Stadt Schleswig wohnten, sowie von dem
Olpenitzer. Durchaus wacker und brav bewiesen sich die Rantzaus. Mit großer
Anhänglichkeit ferner sprechen die alten Soldaten des Nevolutionsheeres von
dem tapfern Baudissin -- " de Öhle", der ihrer Meinung nach die Schlacht
bei Jdstedt nicht verloren hätte. Mit Freude sucht man in den Verlustlisten
des dreijährigen Kriegs manchen adligen Namen, dessen Inhaber die Liebe
zum Vaterlande mit seinem Blute besiegelt hat. Mit Genugthuung endlich
hört man andre Namen nennen, deren Träger später entweder laut gegen die
Gewaltschritte der dänischen Sieger protestirten oder sich doch von der Befleckung
fern hielten, sie durch Reisen nach Kopenhagen und Umgang mit den Dänen
im Lande zu billigen.

Allein es gibt Ausnahmen, zwar nicht viele, aber doch mehr als die
schon genannten und es sollte gar keine Ausnahmen geben. Mancher schweigt,
welcher reden könnte. Mancher verkehrt mit dem Feinde, ohne darin ein Arges
zu sehen. Einige auch zürnen wol nur noch, weil ihre persönlichen Interessen
durch die dänische Demokratie gefährdet oder verletzt sind und mehr als genug
sind derer, die, wenn der erwartete Umschwung in Kopenhagen eingetreten sein
wird, die Theilnahme am Glänze des Hoflebens dem Schmollen in der Ein¬
samkeit ihrer Landsitze vorziehen werden.


der Schlacht bei Hemmingstedt werth gezeigt. In ihm klang es nach, was
damals gesungen wurde:


Darmncr willen wi wagen Hals und Gut
Unde willen dar all nenne sterven,
Erc dat de Koning van Dennemark
So scholde unse schone Laut verderven.

Fritz Reventlow hatte ein gutes Theil von dem Muthe unsres glorreichen
Hütten und von dem Marke unsers unvergeßlichen Reichssreiherrn von Stein
in sich. Er wagte die Verbannung und sie ward ihm. Aber die Liebe aller
Redlichen folgte dem Redlichen und das Vertrauen des gesammten schleswig¬
holsteinischen Volkes würde ihm wie keinem andern zuströmen, wenn eine bessere
Zeit ihm gestatten sollte, aufs neue den Ruf zu der blaurothweißen Fahne
ergehen zu lassen. Sein tadelloser Ruf, seine Verdienste, seine Opfer werden
einst, wenn die Geschichte den Werth des tranöalbingischen Adels zur Fest¬
stellung eines Urtheils über die Berechtigung seiner Existenz abwiegen und in
die linke Wagschale den Wahnsinn eines Moltke. den Schwachsinn eines Re-
Ventlow-Criminil, die widernatürliche Verblendung eines Reventlow-Farve und
die empörende Gleichgiltigkeit mancher andern werfen wird, die rechte Schale
wenigstens in gleicher 5>öde erhalten. Seine Verwandten, der Altenhöser und
der Jersbecker, sind sich gleichfalls ihrer Pflicht bewußt gewesen. Nicht minder
gilt dies von mehren Mitgliedern der zahlreichen Ahlefeldschen Familie, be¬
sonders von denen, die einst in der Stadt Schleswig wohnten, sowie von dem
Olpenitzer. Durchaus wacker und brav bewiesen sich die Rantzaus. Mit großer
Anhänglichkeit ferner sprechen die alten Soldaten des Nevolutionsheeres von
dem tapfern Baudissin — „ de Öhle", der ihrer Meinung nach die Schlacht
bei Jdstedt nicht verloren hätte. Mit Freude sucht man in den Verlustlisten
des dreijährigen Kriegs manchen adligen Namen, dessen Inhaber die Liebe
zum Vaterlande mit seinem Blute besiegelt hat. Mit Genugthuung endlich
hört man andre Namen nennen, deren Träger später entweder laut gegen die
Gewaltschritte der dänischen Sieger protestirten oder sich doch von der Befleckung
fern hielten, sie durch Reisen nach Kopenhagen und Umgang mit den Dänen
im Lande zu billigen.

Allein es gibt Ausnahmen, zwar nicht viele, aber doch mehr als die
schon genannten und es sollte gar keine Ausnahmen geben. Mancher schweigt,
welcher reden könnte. Mancher verkehrt mit dem Feinde, ohne darin ein Arges
zu sehen. Einige auch zürnen wol nur noch, weil ihre persönlichen Interessen
durch die dänische Demokratie gefährdet oder verletzt sind und mehr als genug
sind derer, die, wenn der erwartete Umschwung in Kopenhagen eingetreten sein
wird, die Theilnahme am Glänze des Hoflebens dem Schmollen in der Ein¬
samkeit ihrer Landsitze vorziehen werden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/53>, abgerufen am 25.08.2024.