Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.ein beinahe komischer Schwärmer für Deutschland und deutsches Wesen, drehte -186.6 wurde ihm von einem jetzt vertriebenen Beamten ein Verweis er¬ Ferner sagte er in einer Katechese vor der Erhebung: "Schleswig-Holstein " Die Möglichkeit solcher abgeschmackten Färbertheologie scheint ebenso un¬ "Wir haben aufgeschlagen das Buch der Geschichte. Lasset uns zu diesem ein beinahe komischer Schwärmer für Deutschland und deutsches Wesen, drehte -186.6 wurde ihm von einem jetzt vertriebenen Beamten ein Verweis er¬ Ferner sagte er in einer Katechese vor der Erhebung: „Schleswig-Holstein " Die Möglichkeit solcher abgeschmackten Färbertheologie scheint ebenso un¬ „Wir haben aufgeschlagen das Buch der Geschichte. Lasset uns zu diesem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0390" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100844"/> <p xml:id="ID_1154" prev="#ID_1153"> ein beinahe komischer Schwärmer für Deutschland und deutsches Wesen, drehte<lb/> er schon beim Beginn der Erhebung den Spieß um und geberdete sich so<lb/> rennend gegen die Verfügungen der provisorischen Regierung, daß seine Ab¬<lb/> setzung verfügt werden mußte. Als die Dänen Oberwasser bekamen, zog er<lb/> wieder in seine Pfarre ein und von jetzt ab floß er als Prediger wie als<lb/> Seelsorger von Begeisterung für das Königthum n, ig, Moltke und das von<lb/> diesem octrovirre dänische Wesen über, wie wenn es keine Vergangenheit gäbe.<lb/> Man meint, er habe dies um so mehr gethan, als er Aussicht hatte, mit dahin<lb/> zielenden Kundgebungen sich der Negierung zum Pröpste zu empfehlen. Als<lb/> Prediger ist er nicht ohne Geist, namentlich nicht ohne Phantasie, die ihn in¬<lb/> deß häufig zu Ueberschwcnglichkeiten und bisweilen zum Auftischen blühenden<lb/> Unsinns verleitet.. Wie seine geistlichen Reden einst lauteten, und wie sie<lb/> jetzt klingen, mögen nachstehende Blüten seines oratorischen Talents an¬<lb/> deuten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1155"> -186.6 wurde ihm von einem jetzt vertriebenen Beamten ein Verweis er¬<lb/> theilt^ weil er zu eifrig Schleswig-holsteinisch im Kirchengebete gesagt hatte:<lb/> „Gib unserm Herzog und aller Obrigkeit Frieden und -gut Regiment." -I8ö0<lb/> dagegen ließ er sich vernehmen: „Preiset Gott, ehret den König. Darum<lb/> ehren wir den König, weil in seiner Krone glänzt das heilige Juwel: Von<lb/> Gottes Gnaden! Treue und Gehorsam ihm und seiner Negierung bis in den<lb/> Tod!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1156"> Ferner sagte er in einer Katechese vor der Erhebung: „Schleswig-Holstein "<lb/> ist unser Vaterland, Deutschlands Nordmark," woran er die frevelhafte Spielerei<lb/> knüpfte: „Wenn ihr nicht durch das unschuldig vergossene rothe Blut Christi<lb/> weiß und rein werdet von euren Sünden, so kommt ihr nicht in den schönen<lb/> blauen Himmel." Dagegen hieß es in einer Katechese nach der Bekehrung<lb/> des deutschen Saulus in einen dänischen Paulus: „Wenn eure,Sünden<lb/> gleich blutroth sind (wie der „blodrode Danebrog") so sollen sie doch schnee¬<lb/> weiß werden (wie das Kreuz in der dänischen Fahne) und wenn sie gleich sind<lb/> wie Rosinfarbe, sollen sie doch wie Wolle werden. Lasset uns anbeten<lb/> diese Farben, die ^Zeichen des Heils!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1157"> Die Möglichkeit solcher abgeschmackten Färbertheologie scheint ebenso un¬<lb/> glaublich als die Möglichkeit der Sinneswandlung, welche durch sie an den<lb/> Tag gelegt wird. Daß sie Wirklichkeit und gutbezeugtes Factum ist, wird mir<lb/> von mehren Seiten versichert, und ich habe um so weniger Grund zum Mi߬<lb/> trauen, als ich in einer gedruckten Predigt des Pastors, welche einige Jahre<lb/> vor dem Kriege, am -18. Februar, als dem Sterbetage Luthers, gehalten wurde,<lb/> folgende Tirade fand: ></p><lb/> <p xml:id="ID_1158" next="#ID_1159"> „Wir haben aufgeschlagen das Buch der Geschichte. Lasset uns zu diesem<lb/> Buche die Landkarte nehmen. Europa liegt vor uns. Was wäre Europa,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0390]
ein beinahe komischer Schwärmer für Deutschland und deutsches Wesen, drehte
er schon beim Beginn der Erhebung den Spieß um und geberdete sich so
rennend gegen die Verfügungen der provisorischen Regierung, daß seine Ab¬
setzung verfügt werden mußte. Als die Dänen Oberwasser bekamen, zog er
wieder in seine Pfarre ein und von jetzt ab floß er als Prediger wie als
Seelsorger von Begeisterung für das Königthum n, ig, Moltke und das von
diesem octrovirre dänische Wesen über, wie wenn es keine Vergangenheit gäbe.
Man meint, er habe dies um so mehr gethan, als er Aussicht hatte, mit dahin
zielenden Kundgebungen sich der Negierung zum Pröpste zu empfehlen. Als
Prediger ist er nicht ohne Geist, namentlich nicht ohne Phantasie, die ihn in¬
deß häufig zu Ueberschwcnglichkeiten und bisweilen zum Auftischen blühenden
Unsinns verleitet.. Wie seine geistlichen Reden einst lauteten, und wie sie
jetzt klingen, mögen nachstehende Blüten seines oratorischen Talents an¬
deuten.
-186.6 wurde ihm von einem jetzt vertriebenen Beamten ein Verweis er¬
theilt^ weil er zu eifrig Schleswig-holsteinisch im Kirchengebete gesagt hatte:
„Gib unserm Herzog und aller Obrigkeit Frieden und -gut Regiment." -I8ö0
dagegen ließ er sich vernehmen: „Preiset Gott, ehret den König. Darum
ehren wir den König, weil in seiner Krone glänzt das heilige Juwel: Von
Gottes Gnaden! Treue und Gehorsam ihm und seiner Negierung bis in den
Tod!"
Ferner sagte er in einer Katechese vor der Erhebung: „Schleswig-Holstein "
ist unser Vaterland, Deutschlands Nordmark," woran er die frevelhafte Spielerei
knüpfte: „Wenn ihr nicht durch das unschuldig vergossene rothe Blut Christi
weiß und rein werdet von euren Sünden, so kommt ihr nicht in den schönen
blauen Himmel." Dagegen hieß es in einer Katechese nach der Bekehrung
des deutschen Saulus in einen dänischen Paulus: „Wenn eure,Sünden
gleich blutroth sind (wie der „blodrode Danebrog") so sollen sie doch schnee¬
weiß werden (wie das Kreuz in der dänischen Fahne) und wenn sie gleich sind
wie Rosinfarbe, sollen sie doch wie Wolle werden. Lasset uns anbeten
diese Farben, die ^Zeichen des Heils!"
Die Möglichkeit solcher abgeschmackten Färbertheologie scheint ebenso un¬
glaublich als die Möglichkeit der Sinneswandlung, welche durch sie an den
Tag gelegt wird. Daß sie Wirklichkeit und gutbezeugtes Factum ist, wird mir
von mehren Seiten versichert, und ich habe um so weniger Grund zum Mi߬
trauen, als ich in einer gedruckten Predigt des Pastors, welche einige Jahre
vor dem Kriege, am -18. Februar, als dem Sterbetage Luthers, gehalten wurde,
folgende Tirade fand: >
„Wir haben aufgeschlagen das Buch der Geschichte. Lasset uns zu diesem
Buche die Landkarte nehmen. Europa liegt vor uns. Was wäre Europa,
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