Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.Würde und Maß zu verlieren, zu düsterer, tragischer Leidenschaft wächtig Deutsche Einflüsse in Amerika. Theodor Parlers sämmtliche Werke. Deutsch von Johannes Ziethen. Nach den Brutalitäten, welche neuerdings in Louisville und andern Theodor Parker ist von der Sekte der Congregationisten ausgegangen, Würde und Maß zu verlieren, zu düsterer, tragischer Leidenschaft wächtig Deutsche Einflüsse in Amerika. Theodor Parlers sämmtliche Werke. Deutsch von Johannes Ziethen. Nach den Brutalitäten, welche neuerdings in Louisville und andern Theodor Parker ist von der Sekte der Congregationisten ausgegangen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0039" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100493"/> <p xml:id="ID_93" prev="#ID_92"> Würde und Maß zu verlieren, zu düsterer, tragischer Leidenschaft wächtig<lb/> emporhebt. Beide Composttionen wurden mit Beifall ausgenommen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Deutsche Einflüsse in Amerika.</head><lb/> <p xml:id="ID_94"> Theodor Parlers sämmtliche Werke. Deutsch von Johannes Ziethen.<lb/> Band 1. 3 und i. Leipzig, Voigt K Günther. —</p><lb/> <p xml:id="ID_95"> Nach den Brutalitäten, welche neuerdings in Louisville und andern<lb/> amerikanischen Orten gegen die deutschen Einwanderer ausgeübt sind, ist eS<lb/> eine erfreuliche Wahrnehmung, daß unter den gebildeten Classen Amerikas die<lb/> Kenntniß der deutschen Literatur und das Interesse für dieselbe immer mehr<lb/> Boden gewinnt. Zwar sind es immer nur noch vereinzelte Bestrebungen,<lb/> welche die Resultate der deutschen Philosophie dem widerstrebenden Geist der<lb/> Amerikaner einzuprägen suchen und sie leiden selbst zum Theil an dem allge¬<lb/> meinen Uebelstand einer Reaction gegen den herrschenden Nationalgeist, sie<lb/> sind sich nämlich noch nicht ganz klar: aber sie erweitern sich doch zusehends<lb/> und gewinnen an Verständniß wie an Ausdehnung.</p><lb/> <p xml:id="ID_96" next="#ID_97"> Theodor Parker ist von der Sekte der Congregationisten ausgegangen,<lb/> welche sich gegen das Ende des 16. Jahrhunderts der Herrschaft der angli¬<lb/> kanischen Kirche entzogen und im Anfang des folgenden Jahrhunderts nach<lb/> Amerika auswanderten. Sie gehörten niemals zu jenen wilden, fanatischen<lb/> Sekten, die in das religiöse Leben Neuenglands eine so wunderliche Färbung<lb/> einführen, sie waren praktisch in ihrer Kirchenzucht und in ihren gesellschaft¬<lb/> lichen Zuständen und gemäßigt, wenn auch rechtgläubig in ihren theologischen<lb/> Ueberzeugungen. Von dieser Sekte wurde Parker kurz nach seinem Abgang<lb/> von der Universität zum Prediger einer Gemeinde in Boston berufen, erregte<lb/> durch seine Beredtsamkeit eine allgemeine Theilnahme, sah sich aber doch zuletzt<lb/> genöthigt, den Anfechtungen seiner Kollegen von strengerer Richtung zu weichen<lb/> und begab sich, da er mittlerweile durch Heirath ein wohlhabender Mann ge¬<lb/> worden war, zur weitern Ausbildung nach Europa, wo er im Lauf von zwei<lb/> Jahren England, Frankreich, Italien und Deutschland bereiste und sich mit<lb/> der Literatur dieser Länder völlig vertraut machte. Nach seiner Rückkehr er¬<lb/> hielt er I8i5 einen neuen Ruf und hat seitdem in Boston acht Jahre lang<lb/> vor einem Publicum von 3000 Zuhörern religiöse Vorträge gehalten, die auf<lb/> die Stimmung seiner Mitbürger einen großen Einfluß ausüben werden,'<lb/> die aber auch hei uns bekannt zu werden verdienen. Es sind manche<lb/> Ansichten darin, die über die Grenze des Möglichen und Zweckmäßiger hin¬<lb/> ausgehen, z. B. die Idee der Frauenemancipation, aber das Wesentliche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
Würde und Maß zu verlieren, zu düsterer, tragischer Leidenschaft wächtig
emporhebt. Beide Composttionen wurden mit Beifall ausgenommen.
Deutsche Einflüsse in Amerika.
Theodor Parlers sämmtliche Werke. Deutsch von Johannes Ziethen.
Band 1. 3 und i. Leipzig, Voigt K Günther. —
Nach den Brutalitäten, welche neuerdings in Louisville und andern
amerikanischen Orten gegen die deutschen Einwanderer ausgeübt sind, ist eS
eine erfreuliche Wahrnehmung, daß unter den gebildeten Classen Amerikas die
Kenntniß der deutschen Literatur und das Interesse für dieselbe immer mehr
Boden gewinnt. Zwar sind es immer nur noch vereinzelte Bestrebungen,
welche die Resultate der deutschen Philosophie dem widerstrebenden Geist der
Amerikaner einzuprägen suchen und sie leiden selbst zum Theil an dem allge¬
meinen Uebelstand einer Reaction gegen den herrschenden Nationalgeist, sie
sind sich nämlich noch nicht ganz klar: aber sie erweitern sich doch zusehends
und gewinnen an Verständniß wie an Ausdehnung.
Theodor Parker ist von der Sekte der Congregationisten ausgegangen,
welche sich gegen das Ende des 16. Jahrhunderts der Herrschaft der angli¬
kanischen Kirche entzogen und im Anfang des folgenden Jahrhunderts nach
Amerika auswanderten. Sie gehörten niemals zu jenen wilden, fanatischen
Sekten, die in das religiöse Leben Neuenglands eine so wunderliche Färbung
einführen, sie waren praktisch in ihrer Kirchenzucht und in ihren gesellschaft¬
lichen Zuständen und gemäßigt, wenn auch rechtgläubig in ihren theologischen
Ueberzeugungen. Von dieser Sekte wurde Parker kurz nach seinem Abgang
von der Universität zum Prediger einer Gemeinde in Boston berufen, erregte
durch seine Beredtsamkeit eine allgemeine Theilnahme, sah sich aber doch zuletzt
genöthigt, den Anfechtungen seiner Kollegen von strengerer Richtung zu weichen
und begab sich, da er mittlerweile durch Heirath ein wohlhabender Mann ge¬
worden war, zur weitern Ausbildung nach Europa, wo er im Lauf von zwei
Jahren England, Frankreich, Italien und Deutschland bereiste und sich mit
der Literatur dieser Länder völlig vertraut machte. Nach seiner Rückkehr er¬
hielt er I8i5 einen neuen Ruf und hat seitdem in Boston acht Jahre lang
vor einem Publicum von 3000 Zuhörern religiöse Vorträge gehalten, die auf
die Stimmung seiner Mitbürger einen großen Einfluß ausüben werden,'
die aber auch hei uns bekannt zu werden verdienen. Es sind manche
Ansichten darin, die über die Grenze des Möglichen und Zweckmäßiger hin¬
ausgehen, z. B. die Idee der Frauenemancipation, aber das Wesentliche
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |