Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.obwol ihr in einem wesentlichen Punkte, der Zusammensetzun g, alle ger¬ l'lui.ueoe - dient>ille, I,!Mi,s v l.!ni,i)rö! (So ganz klein, so klein, so groß und so ganz groß!) ist vollkommen unübersetzbar, Ueberhaupt steht hier nicht nur ein größerer
welches Goethe zwar mit Aufgebung des Reimes, aber ebenso dunkel als
obwol ihr in einem wesentlichen Punkte, der Zusammensetzun g, alle ger¬ l'lui.ueoe - dient>ille, I,!Mi,s v l.!ni,i)rö! (So ganz klein, so klein, so groß und so ganz groß!) ist vollkommen unübersetzbar, Ueberhaupt steht hier nicht nur ein größerer
welches Goethe zwar mit Aufgebung des Reimes, aber ebenso dunkel als
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0384" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100838"/> <p xml:id="ID_1133" prev="#ID_1132"> obwol ihr in einem wesentlichen Punkte, der Zusammensetzun g, alle ger¬<lb/> manischen Sprachen überlegen sind, doch eine diesen ähnliche, ja sie in einigen<lb/> Punkten übertreffende grammatische Bildsamkeit, namentlich in den lieb¬<lb/> kosenden Verkleinerungs- oder schmähenden Vergrößerungsformen, und die mit<lb/> sprechender Gesticulation begleitete Antwort der Neapolitanerin aus die Frage,<lb/> wie groß ihre Fische seien</p><lb/> <quote> l'lui.ueoe - dient>ille, I,!Mi,s v l.!ni,i)rö!</quote><lb/> <p xml:id="ID_1134" next="#ID_1135"> (So ganz klein, so klein, so groß und so ganz groß!)</p><lb/> <p xml:id="ID_1135" prev="#ID_1134" next="#ID_1136"> ist vollkommen unübersetzbar, Ueberhaupt steht hier nicht nur ein größerer<lb/> lexikalischer Reichthum, sondern auch eine größere Freiheit der Wortstellung<lb/> und wie im Griechischen eine größere sinnliche Gedrängtheit durch die Licenz<lb/> im Weglassen der Artikel und Fürwörter, durch Zusammenziehung der Artikel<lb/> mit den Präpositionen, durch Mannigfaltigkeit kürzerer Formen neben längeren,<lb/> z. B. pis neben pieeiv, man neben anno, g,eng,r neben amariz zu Gebote, so<lb/> daß sie einen eigenthümlich poetischen Stil entwickelt hat, welcher sie den alten<lb/> Sprachen von allen romanischen am meisten nähert. Bei aller Vielsilbigkeit<lb/> also kann sie einen Grad der Kürze erreichen, welcher, da sie auch in den Par-<lb/> ticipialconstructivnen der deutschen überlegen ist, den Uebersetzer dazu zwingt,<lb/> alle seine Mittel sinnlicher Energie zusammenzunehmen. Das stärkste Beispiel<lb/> davon möchte (außer Dante) Manzonis berühmte Ode auf Napoleons Todes¬<lb/> tag sein</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_16" type="poem"> <l> Li tu — sieoome immobile,<lb/> l>»w it morlnle sospiro,<lb/> 8l,tetl I» spoglii» immemors<lb/> l)roa du t.ilUo furo:<lb/> Lohi pereossa -Molen»</l> <l> lorra i>l nun^lo sia;<lb/> Aut», penssnäo »II' nit,ima<lb/> vru dell' uom tut»Je;<lb/> Vlo «A tjuiliiäo una simillz,<lb/> , vrwa all pis morwlo<lb/> I^a sun oruanl» polvore<lb/> ^ eiilpostur verr».</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1136" prev="#ID_1135" next="#ID_1137"> welches Goethe zwar mit Aufgebung des Reimes, aber ebenso dunkel als<lb/> meisterhaft so übersetzt hat:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_17" type="poem"> <l> Er war — und wie bewegungslos<lb/> Nach letztem Hauchesseufzer<lb/> Die Hülle lag, uneingedenk,<lb/> Verwaist von solchem Geiste;<lb/> So tief getroffen, starrerstaunt<lb/> Die.Erde.steht der Botschaft;</l> </lg> </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0384]
obwol ihr in einem wesentlichen Punkte, der Zusammensetzun g, alle ger¬
manischen Sprachen überlegen sind, doch eine diesen ähnliche, ja sie in einigen
Punkten übertreffende grammatische Bildsamkeit, namentlich in den lieb¬
kosenden Verkleinerungs- oder schmähenden Vergrößerungsformen, und die mit
sprechender Gesticulation begleitete Antwort der Neapolitanerin aus die Frage,
wie groß ihre Fische seien
l'lui.ueoe - dient>ille, I,!Mi,s v l.!ni,i)rö!
(So ganz klein, so klein, so groß und so ganz groß!)
ist vollkommen unübersetzbar, Ueberhaupt steht hier nicht nur ein größerer
lexikalischer Reichthum, sondern auch eine größere Freiheit der Wortstellung
und wie im Griechischen eine größere sinnliche Gedrängtheit durch die Licenz
im Weglassen der Artikel und Fürwörter, durch Zusammenziehung der Artikel
mit den Präpositionen, durch Mannigfaltigkeit kürzerer Formen neben längeren,
z. B. pis neben pieeiv, man neben anno, g,eng,r neben amariz zu Gebote, so
daß sie einen eigenthümlich poetischen Stil entwickelt hat, welcher sie den alten
Sprachen von allen romanischen am meisten nähert. Bei aller Vielsilbigkeit
also kann sie einen Grad der Kürze erreichen, welcher, da sie auch in den Par-
ticipialconstructivnen der deutschen überlegen ist, den Uebersetzer dazu zwingt,
alle seine Mittel sinnlicher Energie zusammenzunehmen. Das stärkste Beispiel
davon möchte (außer Dante) Manzonis berühmte Ode auf Napoleons Todes¬
tag sein
Li tu — sieoome immobile,
l>»w it morlnle sospiro,
8l,tetl I» spoglii» immemors
l)roa du t.ilUo furo:
Lohi pereossa -Molen» lorra i>l nun^lo sia;
Aut», penssnäo »II' nit,ima
vru dell' uom tut»Je;
Vlo «A tjuiliiäo una simillz,
, vrwa all pis morwlo
I^a sun oruanl» polvore
^ eiilpostur verr».
welches Goethe zwar mit Aufgebung des Reimes, aber ebenso dunkel als
meisterhaft so übersetzt hat:
Er war — und wie bewegungslos
Nach letztem Hauchesseufzer
Die Hülle lag, uneingedenk,
Verwaist von solchem Geiste;
So tief getroffen, starrerstaunt
Die.Erde.steht der Botschaft;
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