Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.Königsclub, dem Centrum der Regierungs- und Dänenfreunde, nehmen, wie Belgien und die englische Presse. Nicht allein Elihu Burrit und seine Genossen sind es, welche den Krieg Im Beginne des Orientkrieges zeigte England eines Tages Europa ein Königsclub, dem Centrum der Regierungs- und Dänenfreunde, nehmen, wie Belgien und die englische Presse. Nicht allein Elihu Burrit und seine Genossen sind es, welche den Krieg Im Beginne des Orientkrieges zeigte England eines Tages Europa ein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0314" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100768"/> <p xml:id="ID_893" prev="#ID_892"> Königsclub, dem Centrum der Regierungs- und Dänenfreunde, nehmen, wie<lb/> man mir sagt, außer den Beamten kein halbes Dutzend Stadtbewohner Theil.<lb/> Wenn man klagt, daß durch Entfernung der frühern Beamten die Stadt an<lb/> Intelligenz verloren habe, so liegt darin etwas Wahres; allein die Intelligenz<lb/> ist eine Pflanze, die unter dem deutschen Himmel nachwächst und auch hier<lb/> schon manchen neuen Sproß treibt. Die Zustände sind traurig genug, aber<lb/> sie sind, solange der Bürgersmann und die von ihm abhängige niedere Classe<lb/> mit der jetzt überall sich kundgebenden Treue zu der Fahne halten, zu der sie<lb/> vor 1848 getreten und für die sie von da abgestritten und gelitten haben, noch<lb/> lange nicht verzweifelt. Das möchte ich denjenigen von den zurückgebliebenen<lb/> „Intelligenten" ans Herz legen, welche unachtsam auf die allenthalben<lb/> um sie aufsprossenden, wenn auch noch kleinen Hoffnungskeime, in die Rolle<lb/> der trauernden Juden auf den Trümmern von Jerusalem gefallen und mit<lb/> ihrer welken Niedergeschlagenheit und ihrer krankhaften, Schwarzseherei auch<lb/> frischere.Gemüther anzustecken drohen. Mit dem Kopfhänger wird nichts ge¬<lb/> wonnen, nicht einmal das Mitleid energischer Seelen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Belgien und die englische Presse.</head><lb/> <p xml:id="ID_894"> Nicht allein Elihu Burrit und seine Genossen sind es, welche den Krieg<lb/> für ein gefährliches Uebel halten. Kanonen zerstören nicht allein die Werke<lb/> der öffentlichen Wohlfahrt, welche die Industrie der Menschen erblühen ließ;<lb/> ihre Tragweite ist viel größer. Die Atmosphäre des Pulvers ist betäubend;<lb/> sie macht die Ueberzeugungen, welche man für die festesten gehalten, schwindlig.<lb/> Wenn ein Krieg ausbricht, entstehen bei den Nationen, die sich an dem Kampfe<lb/> betheiligen, neue, zufällige Interessen, außer dem Kreise der normalen und<lb/> regelmäßigen Interessen. Diese Interessen absorbiren die Einsichten, das Ver¬<lb/> ständniß, alle Vorurtheile concentriren sich in ihnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_895" next="#ID_896"> Im Beginne des Orientkrieges zeigte England eines Tages Europa ein<lb/> bewundernswürdiges Schauspiel des Patriotismus. Gebildet an den großen<lb/> und hundertjährigen Ueberlieferungen der parlamentarischen Regierung, war<lb/> die englische Nation, repräsentirt in ihrem Parlament und in ihren Meetings,<lb/> von Opferfreudigkeit und Begeisterung durchdrungen, die sie aus den lebendigen<lb/> Quellen ihrer Institutionen schöpfte. England erschien groß und mächtig; es<lb/> stützte sich aus die moralische Kraft, wie sie die freien Institutionen mehrer<lb/> Jahrhunderte geben. Aber bevor der Sieg den Alliirten in der Krim leuchtete,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0314]
Königsclub, dem Centrum der Regierungs- und Dänenfreunde, nehmen, wie
man mir sagt, außer den Beamten kein halbes Dutzend Stadtbewohner Theil.
Wenn man klagt, daß durch Entfernung der frühern Beamten die Stadt an
Intelligenz verloren habe, so liegt darin etwas Wahres; allein die Intelligenz
ist eine Pflanze, die unter dem deutschen Himmel nachwächst und auch hier
schon manchen neuen Sproß treibt. Die Zustände sind traurig genug, aber
sie sind, solange der Bürgersmann und die von ihm abhängige niedere Classe
mit der jetzt überall sich kundgebenden Treue zu der Fahne halten, zu der sie
vor 1848 getreten und für die sie von da abgestritten und gelitten haben, noch
lange nicht verzweifelt. Das möchte ich denjenigen von den zurückgebliebenen
„Intelligenten" ans Herz legen, welche unachtsam auf die allenthalben
um sie aufsprossenden, wenn auch noch kleinen Hoffnungskeime, in die Rolle
der trauernden Juden auf den Trümmern von Jerusalem gefallen und mit
ihrer welken Niedergeschlagenheit und ihrer krankhaften, Schwarzseherei auch
frischere.Gemüther anzustecken drohen. Mit dem Kopfhänger wird nichts ge¬
wonnen, nicht einmal das Mitleid energischer Seelen.
Belgien und die englische Presse.
Nicht allein Elihu Burrit und seine Genossen sind es, welche den Krieg
für ein gefährliches Uebel halten. Kanonen zerstören nicht allein die Werke
der öffentlichen Wohlfahrt, welche die Industrie der Menschen erblühen ließ;
ihre Tragweite ist viel größer. Die Atmosphäre des Pulvers ist betäubend;
sie macht die Ueberzeugungen, welche man für die festesten gehalten, schwindlig.
Wenn ein Krieg ausbricht, entstehen bei den Nationen, die sich an dem Kampfe
betheiligen, neue, zufällige Interessen, außer dem Kreise der normalen und
regelmäßigen Interessen. Diese Interessen absorbiren die Einsichten, das Ver¬
ständniß, alle Vorurtheile concentriren sich in ihnen.
Im Beginne des Orientkrieges zeigte England eines Tages Europa ein
bewundernswürdiges Schauspiel des Patriotismus. Gebildet an den großen
und hundertjährigen Ueberlieferungen der parlamentarischen Regierung, war
die englische Nation, repräsentirt in ihrem Parlament und in ihren Meetings,
von Opferfreudigkeit und Begeisterung durchdrungen, die sie aus den lebendigen
Quellen ihrer Institutionen schöpfte. England erschien groß und mächtig; es
stützte sich aus die moralische Kraft, wie sie die freien Institutionen mehrer
Jahrhunderte geben. Aber bevor der Sieg den Alliirten in der Krim leuchtete,
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