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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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diesem Blick zwar, aber nicht Haltung und Festigkeit, ja, wenn der plötzlich
von ihm Angesehene nicht erschrickt, so ist er ein muthvoller Mann. Seine
Gesichtszüge zusammengenommen sind harmonisch, imponirend -- sein Auge ist
in ewiger Bewegung und spricht die immer rege glühende Thätigkeit seines
eigentlichen Ichs aus. Nur selten wird der Ernst seines Gesichts von einem
Lächeln verwischt, aber es ist ein eignes, höchst seltsames, wunderbares Lächeln,
das dem Nächststehenden untersagt, ein Gleiches zu thun. Dies Lächeln ist
wie der Blitz -- man kann sich des Strahles nicht erfreuen."

Am brandenburger Thor wurde der Kaiser von einer Deputation em¬
pfangen, die aus den wenigen zurückgebliebenen Ministern, dem Bürgermeister
und dem Magistrate, aus einer Anzahl der vornehmsten Einwohner, sowie aus
einer Ehrengarde zu Pferde bestand, welche letztere meist aus jungen Referen¬
daren zusammengesetzt war. Spalier bildeten die Truppen bis zum Schlosse,
wo sich bereits von neuem die vorerwähnte Deputation aufgestellt hatte, durch
deren Reihen Napoleon mit einem leichten Kopfnicken schweigend schritt, um
sich in die sür ihn bereit gehaltenen Gemächer^ zu begeben. Erst am folgenden
Tage war große Cour, wobei dem Kaiser durch die betreffenden Minister die
Geistlichkeit und die höheren Justizbeamten vorgestellt wurden, mit denen er
sich etwa eine halbe Stunde unterhielt und in wohlwollenden Worten sie seines
Schutzes versicherte. An demselben Tage fiel auch die Verhaftung des Fürsten
von Hatzfeld vor, welcher angeblich mit dem Prinzen von Hohenlohe in ge¬
heimer Correspondenz gestanden und demselben über die Stellung und die Be¬
wegungen der ftanzöstschen Armee Nachricht gegeben haben sollte. Die Ge¬
mahlin des Fürsten von Hatzfeld, !eine muthige Frau, eilte auf das Schloß,
warf sich dem Kaiser zu Füßen und erlangte die Begnadigung ihres Mannes.

- Wir haben schon erwähnt, daß ein großer Theil von Waffen, Munition
und Montirungsgegenständen in die Hände der Feinde fiel, welche man bei
einiger Thätigkeit und Umsicht noch rechtzeitig hätte retten können. Zwar waren
die militärischen Kleiderkammern nicht jedermann bekannt, allein auch jetzt fehlte
es an ehrlosen Verräthern nicht, die, um den ausgesetzten Lohn, bestehend in
dem vierten Theile des Fundwerlhes, zu verdienen, die Orte den Franzosen
anzeigten, wo diese Gegenstände verborgen lagen. Daß selbst der Feind ein
solches schimpfliches Benehmen tief verachtete und ihm den verdienten Stempel
der Brandmarkung aufdrückte, geht unter anderem aus der bekannten Aeußerung
eines ftanzöstschen Oberbeamten hervor, welcher einem solchen Denuncianten,
als er ihm einen Ort bezeichnete, wo königliches Holz lag, kurz und lako¬
nisch antwortete:

"Gut -- aber der König von Preußen muß doch auch noch Holz be¬
halten, um alle die undankbaren Schurken, welche ihn verrathen, hängen zu
lassen!" --


diesem Blick zwar, aber nicht Haltung und Festigkeit, ja, wenn der plötzlich
von ihm Angesehene nicht erschrickt, so ist er ein muthvoller Mann. Seine
Gesichtszüge zusammengenommen sind harmonisch, imponirend — sein Auge ist
in ewiger Bewegung und spricht die immer rege glühende Thätigkeit seines
eigentlichen Ichs aus. Nur selten wird der Ernst seines Gesichts von einem
Lächeln verwischt, aber es ist ein eignes, höchst seltsames, wunderbares Lächeln,
das dem Nächststehenden untersagt, ein Gleiches zu thun. Dies Lächeln ist
wie der Blitz — man kann sich des Strahles nicht erfreuen."

Am brandenburger Thor wurde der Kaiser von einer Deputation em¬
pfangen, die aus den wenigen zurückgebliebenen Ministern, dem Bürgermeister
und dem Magistrate, aus einer Anzahl der vornehmsten Einwohner, sowie aus
einer Ehrengarde zu Pferde bestand, welche letztere meist aus jungen Referen¬
daren zusammengesetzt war. Spalier bildeten die Truppen bis zum Schlosse,
wo sich bereits von neuem die vorerwähnte Deputation aufgestellt hatte, durch
deren Reihen Napoleon mit einem leichten Kopfnicken schweigend schritt, um
sich in die sür ihn bereit gehaltenen Gemächer^ zu begeben. Erst am folgenden
Tage war große Cour, wobei dem Kaiser durch die betreffenden Minister die
Geistlichkeit und die höheren Justizbeamten vorgestellt wurden, mit denen er
sich etwa eine halbe Stunde unterhielt und in wohlwollenden Worten sie seines
Schutzes versicherte. An demselben Tage fiel auch die Verhaftung des Fürsten
von Hatzfeld vor, welcher angeblich mit dem Prinzen von Hohenlohe in ge¬
heimer Correspondenz gestanden und demselben über die Stellung und die Be¬
wegungen der ftanzöstschen Armee Nachricht gegeben haben sollte. Die Ge¬
mahlin des Fürsten von Hatzfeld, !eine muthige Frau, eilte auf das Schloß,
warf sich dem Kaiser zu Füßen und erlangte die Begnadigung ihres Mannes.

- Wir haben schon erwähnt, daß ein großer Theil von Waffen, Munition
und Montirungsgegenständen in die Hände der Feinde fiel, welche man bei
einiger Thätigkeit und Umsicht noch rechtzeitig hätte retten können. Zwar waren
die militärischen Kleiderkammern nicht jedermann bekannt, allein auch jetzt fehlte
es an ehrlosen Verräthern nicht, die, um den ausgesetzten Lohn, bestehend in
dem vierten Theile des Fundwerlhes, zu verdienen, die Orte den Franzosen
anzeigten, wo diese Gegenstände verborgen lagen. Daß selbst der Feind ein
solches schimpfliches Benehmen tief verachtete und ihm den verdienten Stempel
der Brandmarkung aufdrückte, geht unter anderem aus der bekannten Aeußerung
eines ftanzöstschen Oberbeamten hervor, welcher einem solchen Denuncianten,
als er ihm einen Ort bezeichnete, wo königliches Holz lag, kurz und lako¬
nisch antwortete:

„Gut — aber der König von Preußen muß doch auch noch Holz be¬
halten, um alle die undankbaren Schurken, welche ihn verrathen, hängen zu
lassen!" —


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/269>, abgerufen am 04.11.2024.