Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.reich nicht zugleich gegen Rußland und Oestreich zu kämpfen habe und Der Gang der Russen über die Donan hat den deutschen Großmächten den Hier im Lande ist mit Ausnahme der stets schwieriger werdenden finanziellen Grenzbotcn. II- >86i.. 8
reich nicht zugleich gegen Rußland und Oestreich zu kämpfen habe und Der Gang der Russen über die Donan hat den deutschen Großmächten den Hier im Lande ist mit Ausnahme der stets schwieriger werdenden finanziellen Grenzbotcn. II- >86i.. 8
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0065" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97845"/> <p xml:id="ID_171" prev="#ID_170"> reich nicht zugleich gegen Rußland und Oestreich zu kämpfen habe und<lb/> was später sich entwickeln mag, das soll später erst erwogen und bekämpft<lb/> oder ausgebeutet werden. ' Diese Versuche, Oestreich gegenüber, haben<lb/> aber auch in anderer Beziehung allzurasche Truppensendungen verhindert,<lb/> weil die Eventualität einer nach dem Rheine zu sendenden Armee auch<lb/> Haushalte» der vorhandenen Kräfte gebot. Dies um so mehr als wir nicht<lb/> genug wiederholen können, wie es Frankreich anch keinen Augenblick in den Sinn<lb/> kommt, bewußt und absichtlich einen revolutionären Krieg, aufkommen zu lassen,<lb/> selbst wenn Oestreich sich Rußland anschlösse. Es ist selbstverständlich, daß wir<lb/> hier nicht unsere Ansicht entwickeln, wir haben oft genng ausgesprochen, daß un¬<lb/> srer Meinung nach Oestreich kein dauernder Bundesgenosse Frankreichs in einem<lb/> Kriege gegen Rußland sein könne. Wir können aber bei voller Evidenz von<lb/> Thatsachen nur diese constatiren, und daß sich in diesem Augenblicke alle Bestre¬<lb/> bungen der Negierung dahin vereinigen, Oestreich zum Beitritte zu bewegen und<lb/> daß man dieses durchzusetzen noch hoffe, dies glauben wir als genau verbürgen<lb/> zu dürfe». Die Zukunft wird lehren, ob diese Hvffiuuige» überhaupt gerechtfer¬<lb/> tigt sind. Unserer Meinung nach beweist alles, was jetzt vorgeht, diese langsame<lb/> Entwicklung eines Krieges, gegen dessen Ausbruch sich die Regierungen so lange<lb/> gestemmt haben, blos, daß es ein langwieriger wird, der endlich doch in einen<lb/> allgemeinen auswachsen muß. Es werden Allianzen geknüpft und aufgelöst wer¬<lb/> den, man wird sich heute in diesem, morgen in jenem Lager befinden. Die In¬<lb/> teressen sind zu verschieden, die Gefahren von beiden Seiten zu groß, als daß<lb/> nicht im geringsten Anlasse eine Versuchung zum Abfalle gefunden werden sollte.<lb/> Wir sprechen von Verschiedenheit der Interessen und sehen hier nothgedrungen<lb/> von deu europäischen, selbst von den allgemein deutschen Interessen ab, weil<lb/> wir keinen Staat in der Lage sehen, sich in seiner Politik als mit den europäischen<lb/> Interessen oder in Deutschland mit den'deutschen identificirt geberden zu dürfen.<lb/> Das ist nichts Erfreuliches in Verhältnissen wie die gegenwärtigen, aber es ist ein<lb/> Factum und muß ausgesprochen werden, so hart es uns auch werden mag.</p><lb/> <p xml:id="ID_172"> Der Gang der Russen über die Donan hat den deutschen Großmächten den<lb/> letzten Termin zu deutlicher Erklärung gesetzt und die nächsten Tage müssen uns<lb/> in dieser Beziehung Aufschluß bringen. Ganz entscheidenden vielleicht doch nicht.<lb/> Zwar schmeichelt man sich hier, von Oestreich eine unerwartete Haltung zu er¬<lb/> fahren, allein wir glauben immer »och, daß über einen diplomatischen Act<lb/> anch jetzt nicht viel geschehen wird. Das Drängen wird also neuerdings an dem<lb/> Westen sein und er kann es nicht sparen, auch für den Fall nicht, daß Oestreich,<lb/> um seinerseits Zeit zum Athemholen zu gewinnen, einige versöhnende Zusagen zu<lb/> machen gesonnen wäre.</p><lb/> <p xml:id="ID_173" next="#ID_174"> Hier im Lande ist mit Ausnahme der stets schwieriger werdenden finanziellen<lb/> Situation nur wenig verändert. Der Handel und die Geldwelt überhaupt fan-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzbotcn. II- >86i.. 8</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0065]
reich nicht zugleich gegen Rußland und Oestreich zu kämpfen habe und
was später sich entwickeln mag, das soll später erst erwogen und bekämpft
oder ausgebeutet werden. ' Diese Versuche, Oestreich gegenüber, haben
aber auch in anderer Beziehung allzurasche Truppensendungen verhindert,
weil die Eventualität einer nach dem Rheine zu sendenden Armee auch
Haushalte» der vorhandenen Kräfte gebot. Dies um so mehr als wir nicht
genug wiederholen können, wie es Frankreich anch keinen Augenblick in den Sinn
kommt, bewußt und absichtlich einen revolutionären Krieg, aufkommen zu lassen,
selbst wenn Oestreich sich Rußland anschlösse. Es ist selbstverständlich, daß wir
hier nicht unsere Ansicht entwickeln, wir haben oft genng ausgesprochen, daß un¬
srer Meinung nach Oestreich kein dauernder Bundesgenosse Frankreichs in einem
Kriege gegen Rußland sein könne. Wir können aber bei voller Evidenz von
Thatsachen nur diese constatiren, und daß sich in diesem Augenblicke alle Bestre¬
bungen der Negierung dahin vereinigen, Oestreich zum Beitritte zu bewegen und
daß man dieses durchzusetzen noch hoffe, dies glauben wir als genau verbürgen
zu dürfe». Die Zukunft wird lehren, ob diese Hvffiuuige» überhaupt gerechtfer¬
tigt sind. Unserer Meinung nach beweist alles, was jetzt vorgeht, diese langsame
Entwicklung eines Krieges, gegen dessen Ausbruch sich die Regierungen so lange
gestemmt haben, blos, daß es ein langwieriger wird, der endlich doch in einen
allgemeinen auswachsen muß. Es werden Allianzen geknüpft und aufgelöst wer¬
den, man wird sich heute in diesem, morgen in jenem Lager befinden. Die In¬
teressen sind zu verschieden, die Gefahren von beiden Seiten zu groß, als daß
nicht im geringsten Anlasse eine Versuchung zum Abfalle gefunden werden sollte.
Wir sprechen von Verschiedenheit der Interessen und sehen hier nothgedrungen
von deu europäischen, selbst von den allgemein deutschen Interessen ab, weil
wir keinen Staat in der Lage sehen, sich in seiner Politik als mit den europäischen
Interessen oder in Deutschland mit den'deutschen identificirt geberden zu dürfen.
Das ist nichts Erfreuliches in Verhältnissen wie die gegenwärtigen, aber es ist ein
Factum und muß ausgesprochen werden, so hart es uns auch werden mag.
Der Gang der Russen über die Donan hat den deutschen Großmächten den
letzten Termin zu deutlicher Erklärung gesetzt und die nächsten Tage müssen uns
in dieser Beziehung Aufschluß bringen. Ganz entscheidenden vielleicht doch nicht.
Zwar schmeichelt man sich hier, von Oestreich eine unerwartete Haltung zu er¬
fahren, allein wir glauben immer »och, daß über einen diplomatischen Act
anch jetzt nicht viel geschehen wird. Das Drängen wird also neuerdings an dem
Westen sein und er kann es nicht sparen, auch für den Fall nicht, daß Oestreich,
um seinerseits Zeit zum Athemholen zu gewinnen, einige versöhnende Zusagen zu
machen gesonnen wäre.
Hier im Lande ist mit Ausnahme der stets schwieriger werdenden finanziellen
Situation nur wenig verändert. Der Handel und die Geldwelt überhaupt fan-
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