Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.deuten Zustand, in dem seine Gesundheit seit längerer Zeit ist, nur gelitten haben. Aus Berlin, In Bezug auf Angelegenheiten, die in zweiter Als viel schwieriger hat sich die'Herbeiführung eines Einverständnisses in Be¬ 63*
deuten Zustand, in dem seine Gesundheit seit längerer Zeit ist, nur gelitten haben. Aus Berlin, In Bezug auf Angelegenheiten, die in zweiter Als viel schwieriger hat sich die'Herbeiführung eines Einverständnisses in Be¬ 63*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0523" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98303"/> <p xml:id="ID_1678" prev="#ID_1677"> deuten Zustand, in dem seine Gesundheit seit längerer Zeit ist, nur gelitten haben.<lb/> Befremdend ist es, daß Lord Russell diese Gelegenheit benutzt hat, um den Vorsitz<lb/> im Geheimen Rath zu übernehmen, und Lord Granville aus dem Amte verdrängt,<lb/> das letzterer mit besonderer Fähigkeit verwaltet hat. Lord Russell ist Dissenter,<lb/> und die bischöfliche Kirche wird die Leitung des gesammten Erziehungswesens nicht<lb/> gern in der Hand eines Staatsmannes sehen, der Vorsitzender des vornehmsten und<lb/> thätigsten Misfionsvcreins der Dissenter ist. Lord Granville behält zwar seinen Sitz<lb/> im Cabinet^ muß sich aber mit dem fast nur nomineller Amte des Kanzlers sür das<lb/> Herzogthum Lancaster begnügen, wo ihm wieder eine der jungen Kräfte des Mi¬<lb/> nisteriums, Strude, Platz machen wird, um ganz ins Privatleben zurückzutreten.<lb/> Diese Veränderungen sind nicht geeignet, dem Cabinet mehr Kraft und Ansehen zu<lb/> verleihen, und sind Symptome, daß der alte ausschließliche whiggistische Parteigeist,<lb/> den man durch die Koalition mit den Pcelitcn begraben glaubte, wieder im Ausleben<lb/> begriffen ist. Die Whigs aber siud abgenutzt in den Augen des Volks, da sie ihre<lb/> Aufmerksamkeit und Thätigkeit zu ausschließM der Frage um die Verkeilung der<lb/> Politischen Gewalt unter die verschiedenen Volksclassen zuwende», und darüber Zeit<lb/> und Geschick zu der Lösung der wichtigen Fragen praktischer Politik verlieren, in denen<lb/> Peel und seine .Nachfolger und Schüler sich so ausgezeichnet, bewährt haben. Das<lb/> Theoretisiren um die Einrichtung der Versassuugsmaschineric erachtet ein großer<lb/> Theil des englischen Volkes für unnütz, wünscht aber, daß die Leitung derselben in<lb/> kräftigen und einsichtigen Händen sei, während es jetzt steht, wie die jüngeren und<lb/> frischeren Kräfte verdrängt werden, um Männern Platz zu machen-, deren frühere<lb/> große Verdienste unleugbar siud, die aber der bereits erlangte Ruhm, wie die Er¬<lb/> fahrung lehrt, nur zu sehr geneigt- macht, aus ihren Lorbeeren zu ruhen.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Aus Berlin, </head> <p xml:id="ID_1679"> In Bezug auf Angelegenheiten, die in zweiter<lb/> Linie stehen, ist auf dem Congreß zu Tetschen eine Einigung Preußens und Oest¬<lb/> reichs herbeigeführt worden. Dahingehört die Bamberger Couscreiiz, deren Beschlüsse<lb/> in Wien sehr übel vermerkt worden sind. Oestreich hat zwar früher mit dieser Koali¬<lb/> tion coopcrirt, sie aber stets nur als Werkzeug für seine Pläne betrachtet und be¬<lb/> nutzt, und ist nun höchlich indignirt, da das Instrument gegen den Willen des Mei¬<lb/> sters eine eigne Rolle spielen will. Das Urtheil der preußischen Regierung über<lb/> den Sonderbund ist uicht so schroff, da zwischen den Grundsätzen unsrer officiellen<lb/> Politik und den Tendenzen der Bamberger nur ein scheinbarer Gegensatz extstirt,<lb/> während steh unsre wirkliche Politik, wie ans dem Auftreten der Kreuzzeitung er¬<lb/> hellt, mit dem Geiste der Conferenzbeschlüsse in der schönsten. Harmonie befindet.<lb/> Dennoch ist in Tetschen ein Actenstück redigirt worden, welches die Bedingungen<lb/> der Bamberger zurückweist und ihre Tendenzen mißbilligt. Dieses Circular soll den<lb/> betreffenden Regierungen mitgetheilt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1680" next="#ID_1681"> Als viel schwieriger hat sich die'Herbeiführung eines Einverständnisses in Be¬<lb/> zug auf die russische Frage gezeigt. Hier hielt Preuße», noch immer an seinen<lb/> Friedenshoffnungcn fest, die natürlich' durch ein actives Auftreten Oestreichs in der<lb/> verhängnißvollsten Weise durchkreuzt werden müßte». Preußen ist der Meinung,<lb/> daß idie Fricdcnsaussichtcn ohne Frage einen festen Boden gewinne» werden, sobald<lb/> es gelingt, während -des Sommers eine weitere Ausdehnung des Conflicts zu ver-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 63*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0523]
deuten Zustand, in dem seine Gesundheit seit längerer Zeit ist, nur gelitten haben.
Befremdend ist es, daß Lord Russell diese Gelegenheit benutzt hat, um den Vorsitz
im Geheimen Rath zu übernehmen, und Lord Granville aus dem Amte verdrängt,
das letzterer mit besonderer Fähigkeit verwaltet hat. Lord Russell ist Dissenter,
und die bischöfliche Kirche wird die Leitung des gesammten Erziehungswesens nicht
gern in der Hand eines Staatsmannes sehen, der Vorsitzender des vornehmsten und
thätigsten Misfionsvcreins der Dissenter ist. Lord Granville behält zwar seinen Sitz
im Cabinet^ muß sich aber mit dem fast nur nomineller Amte des Kanzlers sür das
Herzogthum Lancaster begnügen, wo ihm wieder eine der jungen Kräfte des Mi¬
nisteriums, Strude, Platz machen wird, um ganz ins Privatleben zurückzutreten.
Diese Veränderungen sind nicht geeignet, dem Cabinet mehr Kraft und Ansehen zu
verleihen, und sind Symptome, daß der alte ausschließliche whiggistische Parteigeist,
den man durch die Koalition mit den Pcelitcn begraben glaubte, wieder im Ausleben
begriffen ist. Die Whigs aber siud abgenutzt in den Augen des Volks, da sie ihre
Aufmerksamkeit und Thätigkeit zu ausschließM der Frage um die Verkeilung der
Politischen Gewalt unter die verschiedenen Volksclassen zuwende», und darüber Zeit
und Geschick zu der Lösung der wichtigen Fragen praktischer Politik verlieren, in denen
Peel und seine .Nachfolger und Schüler sich so ausgezeichnet, bewährt haben. Das
Theoretisiren um die Einrichtung der Versassuugsmaschineric erachtet ein großer
Theil des englischen Volkes für unnütz, wünscht aber, daß die Leitung derselben in
kräftigen und einsichtigen Händen sei, während es jetzt steht, wie die jüngeren und
frischeren Kräfte verdrängt werden, um Männern Platz zu machen-, deren frühere
große Verdienste unleugbar siud, die aber der bereits erlangte Ruhm, wie die Er¬
fahrung lehrt, nur zu sehr geneigt- macht, aus ihren Lorbeeren zu ruhen.
Aus Berlin, In Bezug auf Angelegenheiten, die in zweiter
Linie stehen, ist auf dem Congreß zu Tetschen eine Einigung Preußens und Oest¬
reichs herbeigeführt worden. Dahingehört die Bamberger Couscreiiz, deren Beschlüsse
in Wien sehr übel vermerkt worden sind. Oestreich hat zwar früher mit dieser Koali¬
tion coopcrirt, sie aber stets nur als Werkzeug für seine Pläne betrachtet und be¬
nutzt, und ist nun höchlich indignirt, da das Instrument gegen den Willen des Mei¬
sters eine eigne Rolle spielen will. Das Urtheil der preußischen Regierung über
den Sonderbund ist uicht so schroff, da zwischen den Grundsätzen unsrer officiellen
Politik und den Tendenzen der Bamberger nur ein scheinbarer Gegensatz extstirt,
während steh unsre wirkliche Politik, wie ans dem Auftreten der Kreuzzeitung er¬
hellt, mit dem Geiste der Conferenzbeschlüsse in der schönsten. Harmonie befindet.
Dennoch ist in Tetschen ein Actenstück redigirt worden, welches die Bedingungen
der Bamberger zurückweist und ihre Tendenzen mißbilligt. Dieses Circular soll den
betreffenden Regierungen mitgetheilt werden.
Als viel schwieriger hat sich die'Herbeiführung eines Einverständnisses in Be¬
zug auf die russische Frage gezeigt. Hier hielt Preuße», noch immer an seinen
Friedenshoffnungcn fest, die natürlich' durch ein actives Auftreten Oestreichs in der
verhängnißvollsten Weise durchkreuzt werden müßte». Preußen ist der Meinung,
daß idie Fricdcnsaussichtcn ohne Frage einen festen Boden gewinne» werden, sobald
es gelingt, während -des Sommers eine weitere Ausdehnung des Conflicts zu ver-
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