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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Arrangements beschäftigten Engländern und Franzosen aus den Leib marschirte,
um sie, bevor sie sich strategisch entwickeln, d. l). eine feste und wohlgedeckte
Stellung einnehmen konnten, infolge einer mit Uebermacht zur Entscheidung
gebrachten Schlacht in den Eurin zu stürzen. -- -- Ich wiederhole: ein
Bonaparte wäre zu einem solchen Entschlüsse fähig gewesen; n i es r ein russi¬
scher Generalissimus.. Geschähe es aber dennoch, so dürfte die Verlegenheit
des französisch-britischen Armeecommandos unter Umständen allerdings nicht
gering sein. Das Beste wäre sodann, (und die ausgegebenen Dispositionen
scheine." bereits Rücksicht darauf genommen zu haben) Warna mit starker Macht
festzuhalten, und den Nest der Streitmacht hinter dem Dewnosee zu concentriren.
Wollten die Russen denselben umgehen, so debouchirte man aus Varna hervor,
und fiel auf der dem Nordufer des Sees entlang führenden Straße dem Feind
in den Rücken. Jedenfalls wäre man gewiß, ihn in halber Stärke zu treffen,
also unter verhältnißmäßig immerhin noch günstigen Umständen.

Wie gesagt: es ist meine Ansicht, daß die von den Verbündeten eingenom¬
mene Aufstellung, weit davon entfernt, die Bedeutung einer auf das Abwarten
des Feindes berechneten Defensivbasis zu haben, im Gegentheil dazu bestimmt
ist, dem diesseitigen Angriff einen auf das Terrain gestützten festen Rückhalt
zu verschaffen, und daß die Ankunft der Artillerie und Reiterei das Signal
werden wird, um aus der Vertheidigung oder dem Stadium des passiven Rubens,
als'welches man die nächsten Wochen bezeichnen kann, zur Offensive überzu¬
gehen. Dieselbe wird unter allen Umständen den Ersatz der Festung Silistria
sich zur Aufgabe stellen, sei es nun, daß man denselben direct, dadurch, daß
man im Rücken des' Belagerungscorps erscheint, oder indirect, durch einen
Marsch gegen die feindliche Basis zwischen Czernawoda und Kustendsche zu
erreichen sucht. Indem man den Fürsten Paökewitsch zum Aufheben der Be¬
lagerung zwingt, rettet man nicht nur die eingeschlossene Besatzung, sondern
-- und hierauf muß ein besondrer Accent gelegt werden! -- einen in russischen
Händen höchst gefährlich werden kommenden Punkt, der, wie er ganz trefflich
geeignet ist, um der diesseitige Brückenkopf für einen russischen Uebergang über
die Donau von Kalarasch aus zu werden, die russische Basis stromcinwävts
verlängern und eben dadurch ihre Nutzbarkeit steigern würde.

Es ist wichtig für das Verständniß der sich soeben vorbereitenden Kriegs¬
unternehmungen, daß Ihre Leser dieses gegenseitige Bastrungsverhältniß in
seiner ganzen Schärfe auffassen. Eine Basis ist, wie bekannt, im militärischen
Sinne eine Linie, zu der wir freien Zutritt haben, die aber dem Feinde als
wehrfähige Front sich entgegenstellt. Diese Definition setzt ein Hinderniß gleich¬
sam als Unterlage und Befestigungen M Vertheidigung seinerUebergänge voraus.
Um deswillen ist jedem Fluß das Grundelement einer Operationsbastö eingeboren
und er wird factisch zu einer solchen, wenn man seine Uebergänge, sei es nun durch


Arrangements beschäftigten Engländern und Franzosen aus den Leib marschirte,
um sie, bevor sie sich strategisch entwickeln, d. l). eine feste und wohlgedeckte
Stellung einnehmen konnten, infolge einer mit Uebermacht zur Entscheidung
gebrachten Schlacht in den Eurin zu stürzen. — — Ich wiederhole: ein
Bonaparte wäre zu einem solchen Entschlüsse fähig gewesen; n i es r ein russi¬
scher Generalissimus.. Geschähe es aber dennoch, so dürfte die Verlegenheit
des französisch-britischen Armeecommandos unter Umständen allerdings nicht
gering sein. Das Beste wäre sodann, (und die ausgegebenen Dispositionen
scheine.« bereits Rücksicht darauf genommen zu haben) Warna mit starker Macht
festzuhalten, und den Nest der Streitmacht hinter dem Dewnosee zu concentriren.
Wollten die Russen denselben umgehen, so debouchirte man aus Varna hervor,
und fiel auf der dem Nordufer des Sees entlang führenden Straße dem Feind
in den Rücken. Jedenfalls wäre man gewiß, ihn in halber Stärke zu treffen,
also unter verhältnißmäßig immerhin noch günstigen Umständen.

Wie gesagt: es ist meine Ansicht, daß die von den Verbündeten eingenom¬
mene Aufstellung, weit davon entfernt, die Bedeutung einer auf das Abwarten
des Feindes berechneten Defensivbasis zu haben, im Gegentheil dazu bestimmt
ist, dem diesseitigen Angriff einen auf das Terrain gestützten festen Rückhalt
zu verschaffen, und daß die Ankunft der Artillerie und Reiterei das Signal
werden wird, um aus der Vertheidigung oder dem Stadium des passiven Rubens,
als'welches man die nächsten Wochen bezeichnen kann, zur Offensive überzu¬
gehen. Dieselbe wird unter allen Umständen den Ersatz der Festung Silistria
sich zur Aufgabe stellen, sei es nun, daß man denselben direct, dadurch, daß
man im Rücken des' Belagerungscorps erscheint, oder indirect, durch einen
Marsch gegen die feindliche Basis zwischen Czernawoda und Kustendsche zu
erreichen sucht. Indem man den Fürsten Paökewitsch zum Aufheben der Be¬
lagerung zwingt, rettet man nicht nur die eingeschlossene Besatzung, sondern
— und hierauf muß ein besondrer Accent gelegt werden! — einen in russischen
Händen höchst gefährlich werden kommenden Punkt, der, wie er ganz trefflich
geeignet ist, um der diesseitige Brückenkopf für einen russischen Uebergang über
die Donau von Kalarasch aus zu werden, die russische Basis stromcinwävts
verlängern und eben dadurch ihre Nutzbarkeit steigern würde.

Es ist wichtig für das Verständniß der sich soeben vorbereitenden Kriegs¬
unternehmungen, daß Ihre Leser dieses gegenseitige Bastrungsverhältniß in
seiner ganzen Schärfe auffassen. Eine Basis ist, wie bekannt, im militärischen
Sinne eine Linie, zu der wir freien Zutritt haben, die aber dem Feinde als
wehrfähige Front sich entgegenstellt. Diese Definition setzt ein Hinderniß gleich¬
sam als Unterlage und Befestigungen M Vertheidigung seinerUebergänge voraus.
Um deswillen ist jedem Fluß das Grundelement einer Operationsbastö eingeboren
und er wird factisch zu einer solchen, wenn man seine Uebergänge, sei es nun durch


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/513>, abgerufen am 03.07.2024.