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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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lauter, auch im bunten, dichten Menschengewimmel der großen Perastraße,
erkennt.

Nachdem ich über den Erercierplatz hinausgelangt war uni> einen freiern
Blick ins Thal werfen konnte, erkannte ich vier bis fünf gesonderte Zeltlager.
Das erste, welches ich erreichte, hatte zwei Gardebataillone zu Inhabern. Die
Soldaten waren sämmtlich von einem ausnehmend hohen Wuchs. Sie schie¬
nen Vorbereitungen zu dem morgenden Geburtstage der Königin und der zu
dieser Gelegenheit zu veranstaltenden Festparade zu treffen. Die bei weitem
wenigsten befanden sich in den Zelten; man sah viele in Gruppen gemeinsame
Arbeiten verrichten, wie eS schien lackiren und bürsten. Eine Beaufsichtigung
durch Offiziere" bemerkte ich nicht dabei.

Das zweite Lager, durch welches ich meinen Weg nahm, gehörte den
Bergschotten an. Diese Truppe ist aus erklärlichen Gründen diejenige, welche
die größte Aufmerksamkeit auf sich zieht. Lauter hochgewachsene Gestalten, rie¬
siger noch als die Garden. Die Tracht ist durchaus nicht indecent, wie man
wol im allgemeinen vermuthet, indem der kurzgeschürzte Rock ziemlich tief bis
zum Knie niederreicht, unten durch eingenähtes Schrot straff erhalten wird
und außerdem die vorn 'nicdcrhängende, mit mancherlei Quasten verzierte und
mit Messingbügeln versehene Patrontasche das Aufschlagen durch einen Wind¬
stoß verhütet. Die Fußbekleidung ist ebenfalls schottisch-national und in Art -
der Sandalen. Sie reicht ziemlich bis zum Knie hinauf, dergestalt, daß vom
Bein nur eigentlich dieses entblößt bleibt. Die sonstige Mvntirung ist roth
und den Kopf bedeckt beim kleinen Dienst eine allerliebste Kappe, beim Parade¬
anzug eine hohe Bärenmütze, die dem Manne ein nicht zu leugnendes impo¬
santes Aussehen verleiht. Außerdem sollen die Hochlandregimenter noch mit
einem federverzierten Barett versehen sein.

Auf der Wiese war man beschäftigt Rasen zu stechen. Ich zog aus den
Vorkehrungen die man traf den Schluß, daß man im Sinne habe Kochherde
zu bauen. Bis dahin hatten die Soldaten wol nur vor den Zelten, an klei¬
nen Feuern, ihre Mahlzeiten bereitet. Mir fiel jener Umstand nicht wenig auf, >
indem er Zeugniß dafür abzulegen scheint, daß man sich auf ein längeres In¬
nehalten des Lagers vorbereitet, mithin noch nicht ins Feld zu rücken gedenkt.

Hiernächst kam ich an einer Breterbude vorüber, aus der mir schon von
fern ein weithin tönendes, von den Musikbanden mehrer, Regimenter ausge¬
führtes Concert entgegenklang. Es schien ebenfalls eine Vorbereitung für
morgen zu sein. In andern ähnlichen Buden waren Cavalenepferde unter¬
gebracht. Dem Umfange der Ställe nach zu urtheilen konnten nicht über
hundert darin eingestallt sein. Artillerie kam mir nicht zu Gesicht. Dagegen
ist es Thatsache, daß sich vierundzwanzig Stück bespannte Geschütze hier be¬
finden; sie sind aber vor acht Tagen aus dem Lager ausgerückt und nach einem


lauter, auch im bunten, dichten Menschengewimmel der großen Perastraße,
erkennt.

Nachdem ich über den Erercierplatz hinausgelangt war uni> einen freiern
Blick ins Thal werfen konnte, erkannte ich vier bis fünf gesonderte Zeltlager.
Das erste, welches ich erreichte, hatte zwei Gardebataillone zu Inhabern. Die
Soldaten waren sämmtlich von einem ausnehmend hohen Wuchs. Sie schie¬
nen Vorbereitungen zu dem morgenden Geburtstage der Königin und der zu
dieser Gelegenheit zu veranstaltenden Festparade zu treffen. Die bei weitem
wenigsten befanden sich in den Zelten; man sah viele in Gruppen gemeinsame
Arbeiten verrichten, wie eS schien lackiren und bürsten. Eine Beaufsichtigung
durch Offiziere« bemerkte ich nicht dabei.

Das zweite Lager, durch welches ich meinen Weg nahm, gehörte den
Bergschotten an. Diese Truppe ist aus erklärlichen Gründen diejenige, welche
die größte Aufmerksamkeit auf sich zieht. Lauter hochgewachsene Gestalten, rie¬
siger noch als die Garden. Die Tracht ist durchaus nicht indecent, wie man
wol im allgemeinen vermuthet, indem der kurzgeschürzte Rock ziemlich tief bis
zum Knie niederreicht, unten durch eingenähtes Schrot straff erhalten wird
und außerdem die vorn 'nicdcrhängende, mit mancherlei Quasten verzierte und
mit Messingbügeln versehene Patrontasche das Aufschlagen durch einen Wind¬
stoß verhütet. Die Fußbekleidung ist ebenfalls schottisch-national und in Art -
der Sandalen. Sie reicht ziemlich bis zum Knie hinauf, dergestalt, daß vom
Bein nur eigentlich dieses entblößt bleibt. Die sonstige Mvntirung ist roth
und den Kopf bedeckt beim kleinen Dienst eine allerliebste Kappe, beim Parade¬
anzug eine hohe Bärenmütze, die dem Manne ein nicht zu leugnendes impo¬
santes Aussehen verleiht. Außerdem sollen die Hochlandregimenter noch mit
einem federverzierten Barett versehen sein.

Auf der Wiese war man beschäftigt Rasen zu stechen. Ich zog aus den
Vorkehrungen die man traf den Schluß, daß man im Sinne habe Kochherde
zu bauen. Bis dahin hatten die Soldaten wol nur vor den Zelten, an klei¬
nen Feuern, ihre Mahlzeiten bereitet. Mir fiel jener Umstand nicht wenig auf, >
indem er Zeugniß dafür abzulegen scheint, daß man sich auf ein längeres In¬
nehalten des Lagers vorbereitet, mithin noch nicht ins Feld zu rücken gedenkt.

Hiernächst kam ich an einer Breterbude vorüber, aus der mir schon von
fern ein weithin tönendes, von den Musikbanden mehrer, Regimenter ausge¬
führtes Concert entgegenklang. Es schien ebenfalls eine Vorbereitung für
morgen zu sein. In andern ähnlichen Buden waren Cavalenepferde unter¬
gebracht. Dem Umfange der Ställe nach zu urtheilen konnten nicht über
hundert darin eingestallt sein. Artillerie kam mir nicht zu Gesicht. Dagegen
ist es Thatsache, daß sich vierundzwanzig Stück bespannte Geschütze hier be¬
finden; sie sind aber vor acht Tagen aus dem Lager ausgerückt und nach einem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/433>, abgerufen am 03.07.2024.