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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Bei einem Blick.auf die vielfach sich verzweigenden Buchten überzeugt man
sich bald, daß die Natur die Vertheidigung Sebastopols ungemein erleichtert
hat. Durch Errichtung von Batterien, die den Eingang der Buchten beherr¬
schen, war es möglich, diesen Kriegshafen zur See phase unangreifbar zu machen;
und wenn Rußland dies Ziel nicht vollständig erreicht haben sollte, kann der
Grund nur in der Mangelhaftigkeit liegen, in welcher die Vertheidigungsarbeiten
ausgeführt sind.

Am Eingange der großen Bai erhebt sich zunächst auf der Nordküste das
Fort Konstantin, aus der Südküste zwischen der Quarantäne- und Artillerie-
bucht das Fort Alexander, jedes mit 260 bis 300 Feuerschlünden bewaffnet,
in drei Reihen übereinander. Sie bestreichen den Eingang in die Rhede, dessen
Fahrwasser überdies durch Ketten gesperrt ist.

Bastionen von gleicher Furchtbarkeit schirmen in zweiter Linie den Ein¬
gang in die Südbucht, westlich die Batterien der Admiralität, östlich auf dem
PaulScap das Fort Nikolas mit seinen 260 Geschützen. Sollte es möglich sein,
dem Feuer der Forts zu entrinnen, welche die Einfahrt in die Rhede bedecken,
so scheint doch jedem Versuch, in die Südbucht zu dringen, ein sicheres Ver¬
derben zu drohen.

Dennoch ist die Gefährlichkeit dieser Vertheidigungsmittel von sachkundiger
Seite aus Gründen bezweifelt worden, die theils aus ihrer Lage, theils aus
ihrer Bauart hergeleitet sind. Sämmtliche Forts liegen ziemlich hoch über dem
Wasserspiegel, und Hommaire de Hell bezweifelt, daß namentlich die höher
Placirten Geschützreihen den Rumpf der Schiffe, welche den Eingang forciren
wollen, verwunden können. Es ist jedoch kaum glaublich, daß man bei der
Anlage der Forts'einen so bösen Fehler begangen haben sollte. Bedenklicher
scheint uns der Umstand, daß die Forts aus dem oben erwähnten untauglichen
Kalkstein errichtet sind und daß die Stärke der Mauern und Gewölbe durchaus
keinen Ersatz für die Unsolidität des Materials liefert. Der berühmte Geolog
ist der Ansicht, daß diese stolzen Bauten, wenn alle ihre Geschütze spielen, vor
dem Donner der eignen Kanonen zusammenstürzen müssen, und er beruft sich
auf die im Fort Konstantin angestellten Versuche, wo allerdings die Mauern
schon nach den ersten Schüssen Risse bekamen. Die Geschütze stehen ferner in
einer Reihe von Kammern, die untereinander und durch eine Thür im Hinter¬
gründe mit einem Corridor zusammenhängen; aber damals ^8i-I) war so we-
"l'g sür Zugluft gesorgt worden, daß sich die Räume und Gänge, sobald einige
Kanonen gelöst waren, sogleich mit Pulverdampf anfüllten, und die Bedienung
der Geschütze ungemein erschwert wurde. Es ist uns nicht bekannt, inwieweit
man seitdem diesem Uebelstande abgeholfen hat. Aber bei der großen Gunst
der natürlichen Verhältnisse scheint es uns nicht schwer, die gewiß schon an
sich furchtbaren Befestigungen durch die Anlage neuer Küstenbatterien an ge-


Bei einem Blick.auf die vielfach sich verzweigenden Buchten überzeugt man
sich bald, daß die Natur die Vertheidigung Sebastopols ungemein erleichtert
hat. Durch Errichtung von Batterien, die den Eingang der Buchten beherr¬
schen, war es möglich, diesen Kriegshafen zur See phase unangreifbar zu machen;
und wenn Rußland dies Ziel nicht vollständig erreicht haben sollte, kann der
Grund nur in der Mangelhaftigkeit liegen, in welcher die Vertheidigungsarbeiten
ausgeführt sind.

Am Eingange der großen Bai erhebt sich zunächst auf der Nordküste das
Fort Konstantin, aus der Südküste zwischen der Quarantäne- und Artillerie-
bucht das Fort Alexander, jedes mit 260 bis 300 Feuerschlünden bewaffnet,
in drei Reihen übereinander. Sie bestreichen den Eingang in die Rhede, dessen
Fahrwasser überdies durch Ketten gesperrt ist.

Bastionen von gleicher Furchtbarkeit schirmen in zweiter Linie den Ein¬
gang in die Südbucht, westlich die Batterien der Admiralität, östlich auf dem
PaulScap das Fort Nikolas mit seinen 260 Geschützen. Sollte es möglich sein,
dem Feuer der Forts zu entrinnen, welche die Einfahrt in die Rhede bedecken,
so scheint doch jedem Versuch, in die Südbucht zu dringen, ein sicheres Ver¬
derben zu drohen.

Dennoch ist die Gefährlichkeit dieser Vertheidigungsmittel von sachkundiger
Seite aus Gründen bezweifelt worden, die theils aus ihrer Lage, theils aus
ihrer Bauart hergeleitet sind. Sämmtliche Forts liegen ziemlich hoch über dem
Wasserspiegel, und Hommaire de Hell bezweifelt, daß namentlich die höher
Placirten Geschützreihen den Rumpf der Schiffe, welche den Eingang forciren
wollen, verwunden können. Es ist jedoch kaum glaublich, daß man bei der
Anlage der Forts'einen so bösen Fehler begangen haben sollte. Bedenklicher
scheint uns der Umstand, daß die Forts aus dem oben erwähnten untauglichen
Kalkstein errichtet sind und daß die Stärke der Mauern und Gewölbe durchaus
keinen Ersatz für die Unsolidität des Materials liefert. Der berühmte Geolog
ist der Ansicht, daß diese stolzen Bauten, wenn alle ihre Geschütze spielen, vor
dem Donner der eignen Kanonen zusammenstürzen müssen, und er beruft sich
auf die im Fort Konstantin angestellten Versuche, wo allerdings die Mauern
schon nach den ersten Schüssen Risse bekamen. Die Geschütze stehen ferner in
einer Reihe von Kammern, die untereinander und durch eine Thür im Hinter¬
gründe mit einem Corridor zusammenhängen; aber damals ^8i-I) war so we-
"l'g sür Zugluft gesorgt worden, daß sich die Räume und Gänge, sobald einige
Kanonen gelöst waren, sogleich mit Pulverdampf anfüllten, und die Bedienung
der Geschütze ungemein erschwert wurde. Es ist uns nicht bekannt, inwieweit
man seitdem diesem Uebelstande abgeholfen hat. Aber bei der großen Gunst
der natürlichen Verhältnisse scheint es uns nicht schwer, die gewiß schon an
sich furchtbaren Befestigungen durch die Anlage neuer Küstenbatterien an ge-


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[0295] Bei einem Blick.auf die vielfach sich verzweigenden Buchten überzeugt man sich bald, daß die Natur die Vertheidigung Sebastopols ungemein erleichtert hat. Durch Errichtung von Batterien, die den Eingang der Buchten beherr¬ schen, war es möglich, diesen Kriegshafen zur See phase unangreifbar zu machen; und wenn Rußland dies Ziel nicht vollständig erreicht haben sollte, kann der Grund nur in der Mangelhaftigkeit liegen, in welcher die Vertheidigungsarbeiten ausgeführt sind. Am Eingange der großen Bai erhebt sich zunächst auf der Nordküste das Fort Konstantin, aus der Südküste zwischen der Quarantäne- und Artillerie- bucht das Fort Alexander, jedes mit 260 bis 300 Feuerschlünden bewaffnet, in drei Reihen übereinander. Sie bestreichen den Eingang in die Rhede, dessen Fahrwasser überdies durch Ketten gesperrt ist. Bastionen von gleicher Furchtbarkeit schirmen in zweiter Linie den Ein¬ gang in die Südbucht, westlich die Batterien der Admiralität, östlich auf dem PaulScap das Fort Nikolas mit seinen 260 Geschützen. Sollte es möglich sein, dem Feuer der Forts zu entrinnen, welche die Einfahrt in die Rhede bedecken, so scheint doch jedem Versuch, in die Südbucht zu dringen, ein sicheres Ver¬ derben zu drohen. Dennoch ist die Gefährlichkeit dieser Vertheidigungsmittel von sachkundiger Seite aus Gründen bezweifelt worden, die theils aus ihrer Lage, theils aus ihrer Bauart hergeleitet sind. Sämmtliche Forts liegen ziemlich hoch über dem Wasserspiegel, und Hommaire de Hell bezweifelt, daß namentlich die höher Placirten Geschützreihen den Rumpf der Schiffe, welche den Eingang forciren wollen, verwunden können. Es ist jedoch kaum glaublich, daß man bei der Anlage der Forts'einen so bösen Fehler begangen haben sollte. Bedenklicher scheint uns der Umstand, daß die Forts aus dem oben erwähnten untauglichen Kalkstein errichtet sind und daß die Stärke der Mauern und Gewölbe durchaus keinen Ersatz für die Unsolidität des Materials liefert. Der berühmte Geolog ist der Ansicht, daß diese stolzen Bauten, wenn alle ihre Geschütze spielen, vor dem Donner der eignen Kanonen zusammenstürzen müssen, und er beruft sich auf die im Fort Konstantin angestellten Versuche, wo allerdings die Mauern schon nach den ersten Schüssen Risse bekamen. Die Geschütze stehen ferner in einer Reihe von Kammern, die untereinander und durch eine Thür im Hinter¬ gründe mit einem Corridor zusammenhängen; aber damals ^8i-I) war so we- "l'g sür Zugluft gesorgt worden, daß sich die Räume und Gänge, sobald einige Kanonen gelöst waren, sogleich mit Pulverdampf anfüllten, und die Bedienung der Geschütze ungemein erschwert wurde. Es ist uns nicht bekannt, inwieweit man seitdem diesem Uebelstande abgeholfen hat. Aber bei der großen Gunst der natürlichen Verhältnisse scheint es uns nicht schwer, die gewiß schon an sich furchtbaren Befestigungen durch die Anlage neuer Küstenbatterien an ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/294>, abgerufen am 23.07.2024.