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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Moskau nach Odessa beginnen und die andere, schon angefangene, von der nörd¬
lichen Hauptstadt nach Warschau beendigen werde. Die Frage dabei ist nur,
ob man die benöthigte Masse Eisen und zumal die Locomotiven im Inlande'
wird beschaffen können. , Jedenfalls hat Rußland Maßregeln zu ergreifen, um
den Transport von Truppen und Kriegsmaterial aus dem Innern des Reiches
nach den angegriffenen oder bedrohten Grenzen, namentlich nach den Knsten-
gouvernements des Euxin und nach den Dvnanfürstcnthümern zu erleichtern^

Soweit wir wissen fehlt es in Hinsicht auf das Nachrichtenwesen noch an
einem Telegraphennetz, welches im Stande wäre, die beiden Kriegstheater mit
dem Centrum und jene untereinander in schnelle Communication zu setzen. Es
bestehen bis gegenwärtig mir erst einzelne Linien. Ohne Zweifel wird man nun¬
mehr dieselben schnell vervollständigen und, abgesehen von den landeinwärts diri-
girten, auch solche etabliren, welche im besonderen die verschiedenen Küstenpunkte
untereinander in schnellste Verbindung setzen. , Es bedarf keiner weiteren Erör¬
terung darüber, von welcher hohen Bedeutung letztere Maßregel in Hinsicht anf
einen von der See her zu gewärtigenden Angriff sein wurde.

Die Vervollständigung des telegraphischen Netzes oder vielmehr die schö-'
Pfung eines solchen ist als die erste Grundbedingung für eine centrale Lei¬
tung des Krieges hinzustellen. Der Kaiser Nikolaus selbst scheint sich dieselbe
vorbehalten zu haben; er würde, falls Rücksichten ihn nicht abhalten, sich
anders zu entschließen, behufs dessen seinen Sitz in Moskau zu nehmen haben,
von welchem Punkte aus b,cite Kriegsschauplatze gleichzeitig sich übersehen und die
Ressourcen" des Reiches behufs der Nährung des Kampfes sich am besten organi-
siren lassen. Hier auch haben die neuen Formationen für die Feldarmeen ihr
Hauptquartier. Für den Fall einer drohenden, nach innen hin wirkenden Gefahr,
wie sie aus einem Bruch mit Preußen und Oestreich leicht hervorgehen möchte,
ist zugleich hier der Ort, wo eine große Reservearmee am passendste" aufgestellt
werden könnte.

Bei dem allen neigt sich die Centralität Moskaus mehr gegen die nördliche
Fronte wie gegen die südliche hiu, und dies nicht blos wegen der Eisenbahn,
welche die ältere mittlere Capitale mit der neuen im Norden verbindet. Der
Kaiser hat dies vortrefflich herausgefühlt, indem er den Fürsten Paskewitsch zum
Höchstcommandirenden im Süden ernannte. Im Norden bedurfte es keines/sol¬
chen, mindestens vorerst nicht, indem er selbst, sogar von Moskau aus, der oberen
Leitung der Defensive auf , diesem Kriegstheater vorzustehen im Staude sein
würde.

In Hinsicht auf die Aufgabe, welche sich der Vertheidigung stellt, ist es noth-
wendig, die beiden großen Angriffsfronten, die nördliche nud südliche, getrennt
voneinander zu betrachten. Ich spreche von der letzteren zuerst, indem die Ope¬
rationen hier, aller Wahrscheinlichkeit nach, am ehesten beginnen werden. Es


Grenzboten, II. I8si. ' 29

Moskau nach Odessa beginnen und die andere, schon angefangene, von der nörd¬
lichen Hauptstadt nach Warschau beendigen werde. Die Frage dabei ist nur,
ob man die benöthigte Masse Eisen und zumal die Locomotiven im Inlande'
wird beschaffen können. , Jedenfalls hat Rußland Maßregeln zu ergreifen, um
den Transport von Truppen und Kriegsmaterial aus dem Innern des Reiches
nach den angegriffenen oder bedrohten Grenzen, namentlich nach den Knsten-
gouvernements des Euxin und nach den Dvnanfürstcnthümern zu erleichtern^

Soweit wir wissen fehlt es in Hinsicht auf das Nachrichtenwesen noch an
einem Telegraphennetz, welches im Stande wäre, die beiden Kriegstheater mit
dem Centrum und jene untereinander in schnelle Communication zu setzen. Es
bestehen bis gegenwärtig mir erst einzelne Linien. Ohne Zweifel wird man nun¬
mehr dieselben schnell vervollständigen und, abgesehen von den landeinwärts diri-
girten, auch solche etabliren, welche im besonderen die verschiedenen Küstenpunkte
untereinander in schnellste Verbindung setzen. , Es bedarf keiner weiteren Erör¬
terung darüber, von welcher hohen Bedeutung letztere Maßregel in Hinsicht anf
einen von der See her zu gewärtigenden Angriff sein wurde.

Die Vervollständigung des telegraphischen Netzes oder vielmehr die schö-'
Pfung eines solchen ist als die erste Grundbedingung für eine centrale Lei¬
tung des Krieges hinzustellen. Der Kaiser Nikolaus selbst scheint sich dieselbe
vorbehalten zu haben; er würde, falls Rücksichten ihn nicht abhalten, sich
anders zu entschließen, behufs dessen seinen Sitz in Moskau zu nehmen haben,
von welchem Punkte aus b,cite Kriegsschauplatze gleichzeitig sich übersehen und die
Ressourcen" des Reiches behufs der Nährung des Kampfes sich am besten organi-
siren lassen. Hier auch haben die neuen Formationen für die Feldarmeen ihr
Hauptquartier. Für den Fall einer drohenden, nach innen hin wirkenden Gefahr,
wie sie aus einem Bruch mit Preußen und Oestreich leicht hervorgehen möchte,
ist zugleich hier der Ort, wo eine große Reservearmee am passendste» aufgestellt
werden könnte.

Bei dem allen neigt sich die Centralität Moskaus mehr gegen die nördliche
Fronte wie gegen die südliche hiu, und dies nicht blos wegen der Eisenbahn,
welche die ältere mittlere Capitale mit der neuen im Norden verbindet. Der
Kaiser hat dies vortrefflich herausgefühlt, indem er den Fürsten Paskewitsch zum
Höchstcommandirenden im Süden ernannte. Im Norden bedurfte es keines/sol¬
chen, mindestens vorerst nicht, indem er selbst, sogar von Moskau aus, der oberen
Leitung der Defensive auf , diesem Kriegstheater vorzustehen im Staude sein
würde.

In Hinsicht auf die Aufgabe, welche sich der Vertheidigung stellt, ist es noth-
wendig, die beiden großen Angriffsfronten, die nördliche nud südliche, getrennt
voneinander zu betrachten. Ich spreche von der letzteren zuerst, indem die Ope¬
rationen hier, aller Wahrscheinlichkeit nach, am ehesten beginnen werden. Es


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[0233] Moskau nach Odessa beginnen und die andere, schon angefangene, von der nörd¬ lichen Hauptstadt nach Warschau beendigen werde. Die Frage dabei ist nur, ob man die benöthigte Masse Eisen und zumal die Locomotiven im Inlande' wird beschaffen können. , Jedenfalls hat Rußland Maßregeln zu ergreifen, um den Transport von Truppen und Kriegsmaterial aus dem Innern des Reiches nach den angegriffenen oder bedrohten Grenzen, namentlich nach den Knsten- gouvernements des Euxin und nach den Dvnanfürstcnthümern zu erleichtern^ Soweit wir wissen fehlt es in Hinsicht auf das Nachrichtenwesen noch an einem Telegraphennetz, welches im Stande wäre, die beiden Kriegstheater mit dem Centrum und jene untereinander in schnelle Communication zu setzen. Es bestehen bis gegenwärtig mir erst einzelne Linien. Ohne Zweifel wird man nun¬ mehr dieselben schnell vervollständigen und, abgesehen von den landeinwärts diri- girten, auch solche etabliren, welche im besonderen die verschiedenen Küstenpunkte untereinander in schnellste Verbindung setzen. , Es bedarf keiner weiteren Erör¬ terung darüber, von welcher hohen Bedeutung letztere Maßregel in Hinsicht anf einen von der See her zu gewärtigenden Angriff sein wurde. Die Vervollständigung des telegraphischen Netzes oder vielmehr die schö-' Pfung eines solchen ist als die erste Grundbedingung für eine centrale Lei¬ tung des Krieges hinzustellen. Der Kaiser Nikolaus selbst scheint sich dieselbe vorbehalten zu haben; er würde, falls Rücksichten ihn nicht abhalten, sich anders zu entschließen, behufs dessen seinen Sitz in Moskau zu nehmen haben, von welchem Punkte aus b,cite Kriegsschauplatze gleichzeitig sich übersehen und die Ressourcen" des Reiches behufs der Nährung des Kampfes sich am besten organi- siren lassen. Hier auch haben die neuen Formationen für die Feldarmeen ihr Hauptquartier. Für den Fall einer drohenden, nach innen hin wirkenden Gefahr, wie sie aus einem Bruch mit Preußen und Oestreich leicht hervorgehen möchte, ist zugleich hier der Ort, wo eine große Reservearmee am passendste» aufgestellt werden könnte. Bei dem allen neigt sich die Centralität Moskaus mehr gegen die nördliche Fronte wie gegen die südliche hiu, und dies nicht blos wegen der Eisenbahn, welche die ältere mittlere Capitale mit der neuen im Norden verbindet. Der Kaiser hat dies vortrefflich herausgefühlt, indem er den Fürsten Paskewitsch zum Höchstcommandirenden im Süden ernannte. Im Norden bedurfte es keines/sol¬ chen, mindestens vorerst nicht, indem er selbst, sogar von Moskau aus, der oberen Leitung der Defensive auf , diesem Kriegstheater vorzustehen im Staude sein würde. In Hinsicht auf die Aufgabe, welche sich der Vertheidigung stellt, ist es noth- wendig, die beiden großen Angriffsfronten, die nördliche nud südliche, getrennt voneinander zu betrachten. Ich spreche von der letzteren zuerst, indem die Ope¬ rationen hier, aller Wahrscheinlichkeit nach, am ehesten beginnen werden. Es Grenzboten, II. I8si. ' 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/232>, abgerufen am 22.12.2024.