Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.Weise, aber ohne knechtische Nachahmung. In dieser Nacht sieht nun der Ritter
Als der Ritter sie ergreifen will, entschwindet sie ihm. Er wird nun von
Grenzboten. II. -ISLi. 28
Weise, aber ohne knechtische Nachahmung. In dieser Nacht sieht nun der Ritter
Als der Ritter sie ergreifen will, entschwindet sie ihm. Er wird nun von
Grenzboten. II. -ISLi. 28
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Weise, aber ohne knechtische Nachahmung. In dieser Nacht sieht nun der Ritter
ein schönes Weib auf einem Felsen sitzen, die Ans in einer nicht unpoetischen,
"ber etwas zu breiten Beschreibung vorgeführt wird. Wir wollen nur eine kleine
Stelle daraus anführen:
Kühn, ja übermüthig schwingen "
Sich des Leibes schlanke Bogen,
Und in sichern Zauverringen,
Die das Ebenmaß gezogen,
Wirst, nicht minder freihcittrunken
Sprühend" tausend tolle Funken,
Kecke Anmuth sich und schießt
Gaukelnd über alle Glieder
Bis zum kleinen Fuße nieder,
Der die Reih' der Wunder schließt.
Als der Ritter sie ergreifen will, entschwindet sie ihm. Er wird nun von
einem tiefen Weh und einer unbegreiflichen Sehnsucht erfaßt, irrt wie ein Träu¬
mender umher und denkt nur des schönen Weibes. Soweit wäre alles in der
besten romantischen Ordnung^ Aber nun kommt die unnöthige und an sich nicht
sehr interessante Jugendgeschichte des Helden, ferner eine ganz ausführliche Be¬
schreibung der Hohenstaufenkriege in Italien und andern Ländern mit den un¬
vermeidlichen Lagerscenen, ferner die Ermahnungen verschiedener guten Freunde
an den Tannhäuser, er solle sich die Geschichte aus dem Sinn schlagen. Das
alles geht so in die Breite, daß wir beinahe die Geduld verlieren, bis endlich
Seite, 2i3 ein fremder Spielmann auftritt, der die Sage von der Frau
Holda im Hörselberg erzählt. Der Ritter weiß nun, wo er seine Schöne zu
suchen hat, er sprengt in fieberhafter Aufregung davon und kommt glücklich ans
dem Hörselberg an. Hier bricht der Dichter mit einer schreienden Dissonenz
ab und wendet sich zunächst wieder nach Italien, wo er die Hoheustaufeu-
geschichte weiter verfolgt, dann zu der kranken Mutter des Tannhäuser, die in
einer durchaus scheußlichen und unbegreiflichen Scene sich wie eine Tolle geberdet,
'und erst, nachdem er diese hat jämmerlich sterben lassen, wendet er sich wieder
zum Tannhäuser zurück, um zu berichte», was er im Hörselberge gesunde». Nach
der Stimmung, in die uns die Erzählung vo.in Tode der Mutter versetzt,
sind wir fest überzeugt, ihn in der leibhaftigen Hölle anzutreffen; aber nichts
weniger, er findet seine langvermißte Frau Holda, diese empfängt ihn mit
freudigem Willkommen, beide sind vergnügt und der Dichter mit ihnen. Er
schließt mit folgenden Worten: '
Die beste lebt er seiner Lebensstunden:
Die Stunde, eh' sein bester Wunsch erfüllt.
Ein Schweigen decket, ein durchsichtiger Schleier,
Was beide rührt. So schweig' auch du, o Lied!
Grenzboten. II. -ISLi. 28
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